Zeitreise in die 1950er Jahre: So habt ihr Italien noch nicht gesehen

Italien in den 1950er Jahren – diese Vintage-Bilder zeigen italienische Städte so, wie ihr sie noch nicht gesehen habt!

„Il papa è morto“ – „Der Papst ist tot“
Ein Mann liest die Neuigkeit vom Ableben Papst Pius XII. auf einer Bank an der Piazza Nicola Demidoff in Florenz. Im Hintergrund die Biblioteca Nazionale und der Turm von Santa Croce.

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Vor einiger Zeit stieß ich in einer Reisegruppe auf Facebook auf Fotos aus Italien aus den 1950er Jahren. Carmen, so heiß die Frau, die sie teilte, erklärte, es handele sich um Fotos ihres Mannes Charles. Er war 21 Jahre älter als sie und lange bevor sie sich kennen gelernt haben, reiste er durch Italien. Und zwar genau in dem Jahr, als Papst Pius XII. starb: 1958.
Carmen fand seine Fotos in Zigarrenschachteln und begann, sie zu digitalisieren und mit anderen in dieser Facebook-Gruppe zu teilen.

Ich war begeistert von den Bildern. Sie zeigten Italien so, wie man es heute noch kennt, aber doch ganz anders.
Viele Bilder sind augenblicklich zuzuordnen, denn die Plätze und Gassen sehen noch genauso aus, wie damals. Doch was sofort ins Auge springt ist der Mangel an Menschen – und die große Anzahl an Autos an Orten, wo sie heute verboten sind.
Ein Bus, der über die Piazza del Campo in Siena fährt? Heute undenkbar. 1958 aber offensichtlich Realität. Die Piazza della Signoria in Florenz voll mit Autos? Die Uffizien zugeparkt? Eine geteerte Straße, die durch das Forum Romanum führt? Auch das ist heute nicht mehr vorstellbar. Dafür wird man die Arkaden der Uffizien oder die Riva degli Schiavoni in Venedig heute kaum so menschenleer zu Gesicht bekommen.

Kommt mit auf eine Zeitreise in die 1950er Jahre, in ein Italien, wie ihr es so noch nicht gesehen habt.

Bei einigem Bilder wissen weder Carmen noch ich genau, wo sie aufgenommen wurden. Wenn ihr eine Idee habt, dann lasst es uns wissen!

Einige der Bilder waren gespiegelt. Sofern es mir aufgefallen ist, habe ich sie gedreht. Sollten mir dennoch welche durchgerutscht sein, die noch immer spiegelverkehrt sind, sagt mir Bescheid!

Bilder aus Rom in den 1950er Jahren:

Rom – Altare della Patria.
Ach, wie stilvoll damals sogar noch die Autos waren!


Rom. Schulkinder in ihrer Schuluniform. Auch Jungs trugen damals offenbar kleid-ähnliche Uniformen.


Rom. Forum Romanum.
Hier musste ich etwas tüffteln, denn der Verlauf der Straße irritierte mich. Ich war erst sehr sicher, dass dies die Straße ist, die durch die Fori Imperiali (Kaiserforen) zur Piazza Venezia führt, bis ich doch stutzte:
Das war doch das Forum Romanum – der Tempel des Saturn rechts der Straße, dahinter der Triumphbogen des Septimus Severus – und dahinter die Kirche Luca e Martina. Tatsächlich! Ein Vergleich mit Google Streetview förderte es zu Tage. In den 1950ern führte durch das Forum Romanum noch eine asphaltierte Straße. Unglaublich, oder?


Rom.
Dies ist eindeutig der Tempel des Antoninus und der Faustina


Auf dem Petersplatz war auch 1958 schon ordentlich was los.


Eine Tram in Rom.
Das Bild zeigt außerdem eine Schwester der Genossenschaft der Töchter der christlichen Liebe vom Heiligen Vinzenz von Paul – kurz: Vinzentinerinnen, leicht zu erkennen an ihrer auffälligen, gestärkten Flügelhaube („Cornette“), die sie bis 1964 noch trugen.


Bilder aus Siena in den 1950er Jahren

Siena – Piazza del Campo.
Kann man das glauben? Auf der Piazza del Campo parkten einmal Autos!


Nicht nur, dass Autos auf der Piazza del Campo parkten. Nein, sogar ein Bus fuhr mitten darüber hinweg. Heute unvorstellbar.


Bilder aus Florenz in den 1950er Jahren

Manche Dinge ändern sich nicht. Der Dom von Florenz thront mit der Kuppel Brunelleschis nach wie vor über der Stadt.


Florenz. Piazza della Signoria
Dieses Bild zeigt den Blick auf die Piazza, die Loggia dei Lanzi und den Palazzo Vecchio mit der Kopie des berühmten David vom altehrwürdigen Café Rivoire aus. Heute präsentiert es sich etwas nobler.
Auch die Piazza della Signoria sieht zwar von den Baulichkeiten her noch immer ganz genauso aus, ist aber natürlich schon längst keine Durchfahrtstraße mehr. Bei den Massen an Touristen, die sich dort heute tummeln, wäre das auch kaum möglich.


Merkur von Benvenuto Cellini, eine Bronzestatue am Sockel des berühmten Perseus in der Loggia dei Lanzi an der Piazza della Signoria.
Der Platz im Hintergrund ist fast menschenleer.
Was mich sehr irritiert ist die Beleuchtung: Wie kann die Sonne den Sockel von dieser Seite so gut anstrahlen? In meiner Erinnerung ist es dort immer sehr schattig, da diese Seite der Säule in das Innere der Loggia dei Lanzi hineinzeigt.


Das Amphitheater im Giardino di Boboli in Florenz


Souvenirstand in den Arkaden der Uffizien.


Dieses Bild finde ich absolut unglaublich! Zwischen den beiden Flügeln der Uffizien parkt ein Auto neben dem anderen! Heute undenkbar!


Souvenirstand in den Arkaden der Uffizien?
Auch hier musste ich etwas tüffteln. Dass es in Florenz sein musste, war mir gleich klar. Mein erster Tipp – Piazza della Repubblica – erwies sich aber als falsch. Jetzt bin ich recht sicher, dass es sich hier um die Arkaden der Uffizien, vom Arno ausgesehen, handelt. Bekommt man die tagsüber heute noch jemals so leer zu Gesicht? Wohl kaum!
Mich irritiert aber immer noch, dass sich am Ende eine Wand mit Tür befindet. Zumindest der rechte Arkadengang (vom Arno gesehen) – um den es sich hier eigentlich handeln müsste – ist heute am Ende offen. Den linken habe ich tatsächlich noch nie ohne Großbaustelle gesehen.


Zeitungen verkünden den Tod Papst Pius XII. am 9. Oktober 1958.
Der Tod dieses Papstes war ein makaberes Medienspektakel. Der Vatikan reagierte auf das massive Interesse der Öffentlichkeit und die Anwesenheit unzähliger Journalisten vor dem Papstpalast in Castel Gandolfo mit der Einrichtung eines Radiostudios im Nebenraum des Sterbezimmers. Versehentlich veröffentlichten zwei Zeitungen bereits zwei Tage zu früh die Falschmeldung des Todes von Papst Pius XII. Die Queen, President Eisenhower und Kanzler Adenauer hatten bereits Beileidstelegramme geschickt, als der Vatikan die Todesnachricht dementierte.
Am 9. Oktober 1958 um 3.52 Uhr starb der aufgrund seines Verhaltens während des zweiten Weltkrieges höchst umstrittene Papst Pius XII.
Das Bild muss in Florenz aufgenommen worden sein, da ja auch das Bild des Zeitungslesers aus Florenz stammt.


Bilder aus Venedig aus den 1950er Jahren

Unverkennbar: Der Dogenpalast in Venedig. Im Vordergrund der heute noch existierenden Bar Gelateria Al Todaro Dal 1948.  Verändert hat sich hier lediglich die Menge an Leuten.


Venedig: San Giovanni e Paolo im Sestiere Castello mit dem Reiterstandbild des Bartolomeo Colleoni.
Links neben der Kirche würde sich die Scuola Grande di San Marco anschließen.
Ist es nicht herrlich, wie formell und schick die Leute früher gekleidet waren? Das verunstaltete die Fotos nicht, sondern gab ihnen zusätzlichen Reiz.


Die Kanäle von Venedig waren damals schon so fotogen wie heute!


Die beiden Fotos zeigen die Riva degli Schiavoni in Venedig, unmittelbar beim Markusplatz. Links sieht man den Dogenpalast. Die Riva ist fast menschenleer. So erlebt man sie heute höchstens nachts oder zu Sonnenaufgang, aber sicher nicht am hellen Tag.


Das Bild wurde natürlich in Venedig aufgenommen, am Canal Grande. Allerdings kann ich nicht genau sagen, wo. Auch die Aufschrift am Haus gegenüber – „Casa die Cur[…] Poliambulan[za]“ hilft mir nicht weiter.
Wer hat eine Idee?
Edit: Barbara von Reisepsycho.com lieferte den entscheidenden Hinweis: Das Bild ist aus dem Ca d’oro heraus fotografiert.


Zum Abschluss noch ein paar Bilder vom Markusplatz in Venedig. Taubenfüttern war damals noch erlaubt, aber Livemusik gab es in den schicken Cafés auch damals schon. Was man 1958 wohl für einen Cappuccino dort zahlte?


Bilder aus Italien in den 1950er Jahren – Ort der Aufnahme nicht geklärt.

Im Giardino di Boboli in Florenz? 
Ich kann dieses Bild leider trotz der Figuren nicht zuordnen, hätte spontan aber auf den Giardino di Boboli in Florenz getippt. Das gleiche gilt für das folgende Foto.


Ich tippe darauf, dass dieses Bild in Rom aufgenommen wurde. Aber genauer lokalisieren kann ich es leider nicht.


Auch das Bild dieses Minoritenbruders ist nicht zu lokalisieren.


Auch hier hätte ich spontan darauf getippt, dass es sich um Florenz handelt. Aber ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht hat jemand eine Idee?


Eine der Straßenszenen, die von Wrangell fotografiert hat. „Streetphotography“ würde man es heute nennen – eine Kunstform, an der ich mich bisher vergeblich versucht habe.
Ich vermute, dass dieses Bild unweit von Santa Croce in Florenz entstand. Das Haus mit dem Pfeilern im Hintergrund ruft Erinnerungen wach. Aber auch hier muss ich bei der genaueren Lokalisierung leider passen – genau wie bei den  folgenden und letzten Fotos.


Bei diesem Bild der spielenden Kinder hätte ich als erstes getippt, dass es in Venedig aufgenommen wurde. Sicher sagen kann ich es allerdings nicht. Vielleicht weiß einer meiner Leser mehr?


Der Fotograf:

Charles P.E. von Wrangell starb 2015 mit 88 Jahren. Er war ein Weltreisender seit er ein kleiner Junge war und sein ganzes Leben lang ein passionierter Fotograf mit einer bemerkenswerten Sammlung an Leicas.
Seine Abstammung war wie aus einem Film: Seine Mutter war eine amerikanische Erbin (mit deutschen Wurzeln), sein Vater ein russischer Adliger im Exil. Er selbst hatte eine Ivy-League-Ausbildung, war Ruder-Coach in Princeton und arbeitete als Ingenieur.
Er traf seine Frau Carmen als er 47 Jahre alt war. Sie war zu diesem Zeitpunkt 26. Trotz des Altersunterschiedes waren sie „absolut für einander gemacht“, wie Carmen betont. Sie reisten sowohl gemeinsam als auch jeder für sich.

Nach seinem Tod begann Carmen, seine Sachen durchzugehen und fand Zigarrenschachteln voller Dias von seinen Reisen – beginnend in den 1950er Jahren. Seither digitalisiert Carmen seine Photographien, wie es Zeit und Umstände erlauben.

Die Fotos seiner Reise nach Italien stammen aus dem Jahr 1958, Wrangell selbst war zu dieser Zeit um die 30.

Many thanks to Carmen who let me publish the amazing photography of her husband Charles!


Meine Italien-Artikel:

12 Gedanken zu “Zeitreise in die 1950er Jahre: So habt ihr Italien noch nicht gesehen

  1. Liebe Ilona, das ist ein ganz wunderbarer Bericht mit herrlichen Bildern. Die konnten aber noch ohne großes Chichi fotografieren und das mit einer starken Bildaussage, anstatt auf Effekte zu setzen. Großartig, dass du das ausgegraben hast und zeigen darfst. Wenn ich das sehe, frage ich mich auch, ob wir an Stil verloren haben und was wir dafür gewonnen haben? Solche Fotos machen auf jeden Fall nachdenklich. Liebe Grüße

    • Ich danke Dir für deinen Kommentar. Mir geht es ähnlich, wenn ich die Bilder anschaue.
      Natürlich sind das nicht immer „fotografische Perlen“ nach unseren heutigen Maßstäben und Blickgewohnheiten. Aber es sind doch ausdrucksstarke Fotos. Und ist das nicht eigentlich der Sinn der Fotografie?

      Und obendrein haben sie natürich einen enormen dokumentarischen Wert.

  2. Hallo Ilona,
    vielen Dank für das Teilen der sehr schönen Bilder aus Italien längst vergangener Jahre. Herrlich zu sehen, die Menschen in ordentlicher Kleidung. Der Farbstich der Bilder lässt Nostalgie aufkommen. Auch einen Dank an an die- oder denjenigen, der oder die sie eingescannt und aufbereitet hat. Das ist eine Menge Arbeit und kann nur mit viel persönlichen Einsatz zu Stande kommen.
    Gut das es da noch keine DSGVO gab, sonst hätten die Menschen hier nicht veröffentlicht werden dürfen und wir hätten solche Bilder nicht sehen können.
    Ich werde Deine Seiten bestimmt mal wieder aufsuchen und mir das ein oder andere Bild aus dem Italien der fünfziger Jahre ansehen.
    Liebe Grüße, Alexander

    • Hallo Alexander,
      Ich freue mich, dass Dir die Bilder so gut gefallen und werde das an Carmen weitergeben, die total glücklich ist, dass die Bilder ihres Mannes einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden 🙂 Sie war es auch, die sich die Mühe gemacht hat.
      Sie hat noch mehr Fotos, auch von seinem Ausflug nach Pompeji, die wir vielleicht auch noch einmal online stellen. Mal sehen.

      Tja, das Recht am eigenen Bild gabs ja schon vor der DSGVO, aber die Menschen hier sind inzwischen sicher alle längst tot. Die Bilder sind über 60 Jahre alt und höchstens die Kinder sind heute noch am Leben. Selbst die Damen, die damals um die 30 waren, wären jetzt um die 90.

  3. Liebe Ilona,

    Was für ein wunderbarer Bericht und geniale Fotos. Unglaublich wie das damals alles ausgesehen hat. Vielen Dank, dass du uns hier auf Zeitreise mitgenommenhast. 🙂

    Zauberhafte Grüsse
    Nicky

  4. auch wenn ich die bilder von der filmwahl her sehr kalt finde, mag ich sie sehr. der analoge charme ist einfach was besonderes, überhaupt wenn es wirklich originale sind.

    • Das ist wahr. Aber damals konnte man mit Weißableich etc halt auch noch nicht so rumspielen, wie wir das heute tun. Da nahm man die Filme, die man dabei hatte – und hat dann erst hinterher bemerkt, dass es vll. nicht die richtigen waren.
      Ich bin irgendwie schon froh, nicht mehr analog zu fotografieren 😀

  5. Tolle Fotos. Was die Örtlichkeiten angeht bin ich leider keine Hilfe. Aber ich werde mal in den Fotoalben meiner Eltern stöbern. Die sind Anfang der 50er Jahre mit einer Busreise in Italien gewesen. Die Geschichten dieser Reise waren Kult in unserer Familie und haben sicher dazu beigetragen, dass wir beide, meine Schwester und ich, Italien lieben und reiseverrückt sind.

  6. Liebe Ilona,
    was für ein toller Artikel mit sehr tollen Bildern. Die Idee ist klasse. Ich wollte immer mal ein Artikel schreiben wie meine Großeltern früher gereist sind, denn wir haben tolle Bilder davon. Da ist man einfach in seine kleine Isetta gestiegen und von Hamburg nach Italien gefahren! Meine Mutter war damals 2 oder 3 Jahre alt und hat hinten auf der Hutablage geschlafen… während der Fahrt natürlich😁. Unglaublich spannende Geschichten sind das. Ich finde es großartig, dass Du so einen Artikel geschrieben hast und den Fotografen damit ehrst!
    Lg Miriam

    • Danke für deinen Kommentar. Ich hab mich auch sehr gefreut, dass Carmen gleich auf meinen Vorschlag eingegangen ist. Sie war auch glücklich, dass die Bilder ihres Mannes nicht einfach in der Kiste verstauben, sondern öffentlich zugänglich gemacht werden. So waren wir beide happy 🙂

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