Kommentare zu: Vicenzas Sehenswürdigkeiten: Warum Palladio doch irgendwie cool ist https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/ Der Reiseblog für Geschichte-Fans Mon, 22 Jan 2024 08:07:14 +0000 hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.8.10 Von: Ron https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-4290 Fri, 06 Jan 2023 13:46:07 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-4290 Goethe über Palldio in Vicenza: Palladios Wohnhaus und Villa Rotonda:

„Ich ging zum alten Baumeister Scamozzi, der des Palladio Gebäude herausgegeben hat und ein wackerer, leidenschaftlicher Künstler ist. Er gab mir einige Anleitung, vergnügt über meine Teilnahme. Unter den Gebäuden des Palladio ist eins, für das ich immer eine besondere Vorliebe hatte, es soll seine eigne Wohnung gewesen sein; aber in der Nähe ist es weit mehr, als man im Bilde sieht. Ich möchte es gezeichnet und mit den Farben illuminiert haben, die ihm das Material und das Alter gegeben. Man muß aber nicht denken, daß der Baumeister sich einen Palast errichtet habe. Es ist das bescheidenste Haus von der Welt, hat nur zwei Fenster, die durch einen breiten Raum, der das dritte Fenster vertrüge, abgesondert sind. Wollte man es zum Gemälde nachbilden, so daß die Nachbarhäuser mit vorgestellt würden, so wäre auch das vergnüglich anzusehen, wie es zwischen sie eingeschaltet ist. Das hätte Canalett malen sollen.

Heute besuchte ich das eine halbe Stunde von der Stadt auf einer angenehmen Höhe liegende Prachthaus, die Rotonda genannt. Es ist ein viereckiges Gebäude, das einen runden, von oben erleuchteten Saal in sich schließt. Von allen vier Seiten steigt man auf breiten Treppen hinan und gelangt jedesmal in eine Vorhalle, die von sechs korinthischen Säulen gebildet wird. Vielleicht hat die Baukunst ihren Luxus niemals höher getrieben. Der Raum, den die Treppen und Vorhallen einnehmen, ist viel größer als der des Hauses selbst; denn jede einzelne Seite würde als Ansicht eines Tempels befriedigen. Inwendig kann man es wohnbar, aber nicht wöhnlich nennen. Der Saal ist von der schönsten Proportion, die Zimmer auch; aber zu den Bedürfnissen eines Sommeraufenthalts einer vornehmen Familie würden sie kaum hinreichen. Dafür sieht man es auch in der ganzen Gegend von allen Seiten sich auf das herrlichste darstellen. Die Mannigfaltigkeit ist groß, in der sich seine Hauptmasse zugleich mit den vorspringenden Säulen vor dem Auge der Umherwandelnden bewegt, und die Absicht des Besitzers ist vollkommen erreicht, der ein großes Fideikommißgut und zugleich ein sinnliches Denkmal seines Vermögens hinterlassen wollte. Und wie nun das Gebäude von allen Punkten der Gegend in seiner Herrlichkeit gesehen wird, so ist die Aussicht von daher gleichfalls die angenehmste. Man sieht den Bachiglione fließen, Schiffe von Verona herab gegen die Brenta führend; dabei überschaut man die weiten Besitzungen, welche Marchese Capra unzertrennt bei seiner Familie erhalten wollte. Die Inschriften der vier Giebelseiten, die zusammen eine ganze ausmachen, verdienen wohl aufgezeichnet zu werden: 

Marcus Capra Gabrielis filius
qui aedes has
arctissimo primogeniturae gradui subjecit
una cum omnibus
censibus agris vallibus et collibus
citra viam magnam
memoriae perpetuae mandans haec
dum sustinet ac abstinet.

 
Der Schluß besonders ist seltsam genug: ein Mann, dem so viel Vermögen und Wille zu Gebote stand, fühlt noch, daß er dulden und entbehren müsse. Das kann man mit geringerm Aufwand lernen…“

Olympisches Theater und Basilika nach Goethe:

„Vor einigen Stunden bin ich hier angekommen, habe schon die Stadt durchlaufen, das Olympische Theater und die Gebäude des Palladio gesehen. Man hat ein sehr artiges Büchelchen mit Kupfern zur Bequemlichkeit der Fremden herausgegeben mit einem kunstverständigen Texte. Wenn man nun diese Werke gegenwärtig sieht, so erkennt man erst den großen Wert derselben; denn sie sollen ja durch ihre wirkliche Größe und Körperlichkeit das Auge füllen und durch die schöne Harmonie ihrer Dimensionen nicht nur in abstrakten Aufrissen, sondern mit dem ganzen perspektivischen Vordringen und Zurückweichen den Geist befriedigen; und so sag‘ ich vom Palladio: er ist ein recht innerlich und von innen heraus großer Mensch gewesen. Die höchste Schwierigkeit, mit der dieser Mann wie alle neuern Architekten zu kämpfen hatte, ist die schickliche Anwendung der Säulenordnungen in der bürgerlichen Baukunst; denn Säulen und Mauern zu verbinden, bleibt doch immer ein Widerspruch. Aber wie er das untereinander gearbeitet hat, wie er durch die Gegenwart seiner Werke imponiert und vergessen macht, daß er nur überredet! Es ist wirklich etwas Göttliches in seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes Dasein uns bezaubert.
Das Olympische Theater ist ein Theater der Alten, im kleinen realisiert und unaussprechlich schön, aber gegen die unsrigen kömmt mir’s vor wie ein vornehmes, reiches, wohlgebildetes Kind gegen einen klugen Weltmenschen, der, weder so vornehm, noch so reich, noch wohlgebildet, besser weiß, was er mit seinen Mitteln bewirken kann.

Betrachtet man nun hier am Orte die herrlichen Gebäude, die jener Mann aufführte, und sieht, wie sie schon durch das enge, schmutzige Bedürfnis der Menschen entstellt sind, wie die Anlagen meist über die Kräfte der Unternehmer waren, wie wenig diese köstlichen Denkmale eines hohen Menschengeistes zu dem Leben der übrigen passen, so fällt einem denn doch ein, daß es in allem andern ebenso ist; denn man verdient wenig Dank von den Menschen, wenn man ihr inneres Bedürfnis erhöhen, ihnen eine große Idee von ihnen selbst geben, ihnen das Herrliche eines wahren, edlen Daseins zum Gefühl bringen will. Aber wenn man die Vögel belügt, Märchen erzählt, von Tag zu Tag ihnen forthelfend, sie verschlechtert, da ist man ihr Mann, und darum gefällt sich die neuere Zeit in so viel Abgeschmacktem. Ich sage das nicht, um meine Freunde herunterzusetzen, ich sage nur, daß sie so sind, und daß man sich nicht verwundern muß, wenn alles ist, wie es ist.

Wie sich die Basilika des Palladio neben einem alten, mit ungleichen Fenstern übersäten, kastellähnlichen Gebäude ausnimmt, welches der Baumeister zusamt dem Turm gewiß weggedacht hat, ist nicht auszudrücken, und ich muß mich schon auf eine wunderliche Weise zusammenfassen; denn ich finde auch hier leider gleich das, was ich fliehe und suche, nebeneinander…“

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Von: ilona https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3781 Sun, 13 Dec 2020 13:37:50 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3781 Als Antwort auf Ron.

Ach interessant. Wieder was gelernt. Danke für die Info!

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Von: Ron https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3779 Tue, 08 Dec 2020 13:54:23 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3779 Danke ! Goethes kindliche sentimental-traurige Heldin Mignon stammte ursprünglich aus Vicenza, aus der Familie der die Rotando gehörte…

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,Kennst du es wohl…?

Dahin! Dahin
Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?

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Von: ilona https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3740 Fri, 25 Sep 2020 13:06:37 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3740 Als Antwort auf Isabel.

In dem Fall sind Palladios Bauwerke sogar die „Standardsehenswürdigkeiten“ der Stadt… von daher kommt man gar nicht drum rum, sie zu besichtigen 😉 Aber ja, Vicenza ist nicht DER Touri-Hotspot in Italien. War aber auch gerade deshalb mal sehr angenehm.

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Von: Isabel https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3739 Thu, 24 Sep 2020 16:13:05 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3739 Hallo Ilona,
mal wieder ein großes Danke für den Blick über den Tellerrand!
Ich muss zugeben, wir schauen uns oft die Standardsehenswürdigkeiten an, vor allem weil mir mit meiner Tochter die Muße (und auch die Zeit) dazu fehlt, mich so intensiv mit allen Orten, die wir besuchen, zu beschäftigen.

Liebe Grüße
Isabel

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Von: ilona https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3734 Sun, 20 Sep 2020 19:02:45 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3734 Als Antwort auf Thomas Stiegler.

Lieben Dank, Thomas.
Ja, wie gesagt… ich bin kein Kunsthistoriker und schon gar kein Architekturhistoriker… ich hab einfach meinen eigenen Weg von „Aha?“ zu „Aha!“ beschrieben 😀 Und dachte, das ist es wert, es auch für andere aufzuschreiben.

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Von: Thomas Stiegler https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3733 Sun, 20 Sep 2020 19:00:54 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3733 Das ist ein sehr schöner Artikel geworden. Sehr lebhaft beschrieben und individuell gestaltet. Herzlichen Dank dafür und ich freu mich schon auf mehr!

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Von: ilona https://wandernd.de/vicenza-sehenswuerdigkeiten-palladio/comment-page-1/#comment-3732 Sat, 19 Sep 2020 07:38:52 +0000 https://wandernd.de/?p=16909#comment-3732 Als Antwort auf Christian.

Ich danke dir vielmals für das Lob. Geht runter wie Öl. 😊
Ja, ich werd jetzt wohl auch etwas aufmerksamer sein… auch wenn mir auch nach all dem Einlesen die genauen Unterschiede zw Palladianismus, Klassizismus, Historismus etc noch nicht gänzlich klar sind.

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