„Warum trägst du denn ein Kopftuch?“
Das wurde ich kürzlich erst gefragt.
Ich habe mich in meinem Leben noch nie in einem Land aufgehalten, in dem ich gezwungen war, ein Kopftuch zu tragen. Ich bin auch keine gläubige Muslima oder orthodoxe Jüdin. Und dennoch trage ich manchmal ein Kopftuch. Warum? Weil ein Kopftuch auf Reisen meiner Meinung nach die praktischste Kopfbedeckung überhaupt ist.
Zum ersten Mal habe ich ein Kopftuch aufgesetzt, als ich in Usbekistan war. Ich hatte damals sogar einen Hut dabei – aber ich fühlte mich damit richtig unwohl. Er SCHRIE geradezu „Schaut her, ein Tourist! EIN TOURIST!“ Ja, ich liebe diesen Hut. Ich nutze ihn gerne für Wanderungen. Khaki-farbig, wasserabweisend, mit UV-Schutz, hochklappbarer Krempe und Band, um ihn unter dem Kinn festzuzurren.
Aber durch Wald und Wiesen zu streifen ist etwas anderes, als in einer Stadt unterwegs zu sein. Ich fühlte mich mit diesem Hut regelrecht auf dem Präsentierteller, als ich in Tashkent war.
Trotzdem muss ich etwas aufsetzen. Ich bin sehr sonnenempfindlich, bekomme nicht nur schnell Sonnenbrand, sondern auch Sonnenstiche. Irgendetwas brauche ich also auf dem Kopf. Da ich ein Halstuch sowieso immer dabei habe, nutzte ich es einfach als Sonnenschutz – und ich stellte fest, wie angenehm es zu tragen war. Man konnte es nur leicht aufsetzen, so dass es luftig war und man darunter nicht so schwitzte, wie unter einem Hut.
Wenn es kühl wurde, wickelte man es etwas fester. Zog es, diente es als Halstuch. Und wenn man es nicht mehr brauchte, dann passte es in jede noch so kleine Ecke des Rucksacks. Anders als gut aussehende Sonnenhüte lässt es sich nämlich sehr klein zusammenknüllen.
Als positiver Punkt kam hinzu, dass ich in Usbekistan – und auch später in Marokko – mit Tuch quasi unsichtbar war. Ich bin von Haaren und Augen her eher ein dunkler Typ und fügte mich mit Kopftuch nahtlos ein. Sehr angenehm, wenn man nicht ununterbrochen etwas verkauft bekommen möchte 😉
Und es machte mir auch zunehmend Spaß, mit dem Tuch zu spielen, verschiedene Bindetechniken auszuprobieren und zu schauen, welche mir am besten steht. Mein diesbezügliches Highlight: Die marokkanische Toilettenfrau, die mich lehrte, wie man einen Hijab richtig bindet.
Inzwischen begleiten mich Kopftücher außer auf Wanderungen immer und überall. Ihre Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen:
- Schutz gegen Sonne, sowohl als Kopfbedeckung, als auch als Sonnensegel, wenn es sein muss
- Schutz gegen (leichten) Regen
- Schutz gegen Kälte – als Hals- wie als Kopftuch
- Handtuchersatz
- Picknickdeckenersatz
- Einkaufstaschenersatz
- kleidsamer als ein zusammenknüllbarer Touri-Hut 😉
- weniger auffällig
- platzsparend verstaubar
- absolut überall nachzukaufen, wenn man es verliert
Ulrike nennt noch mehr Vorteile eines Tuchs, schaut mal vorbei.
Danke für die Verlinkung! Du siehst echt klasse aus mit dem Kopftuch! Von mir existieren da wenig Fotos mit Kopftuch, Aber nicht wegen des Kopftuchs sondern weil es sowieso wenig Fotos von mir gibt. Und auch in Usbekistan würde ich nie für eine Einheimische durchgehen.
Sehr schöner Artikel!
Liebe Grüße
Ulrike
Pingback: Mein Kopftuch - unentbehrlich
Man muss sich beim Reisen ja nicht zwanghaft anpassen, aber nicht „als Touri” auffallen ist großartig. Auch liebe Grüße, Ulrike
Interessanter Kontrast zwischen dem Kopftuch und dem T-Shirt, dass Du in Slowenien trägst.
🙂
Ja, das dacht ich mir auch 😀 Manchmal macht es auch Spaß, mit Kontrasten zu spielen 😉
„das“ mit einem s, natürlich…
Hallo Illona,
ohne Tuch, Schal oder Sarong gehe ich nicht aus dem Haus, zu Hause nicht, und auf Reisen shcon gar nicht! Wie du richtig sagst, gibt es kaum ein vielseitigeres Kleidungstück. Schade, dass Kopftücher heutzutage so ein schlechtes Image haben, dass sie in einem Blogbeitrag quasi rehabilitiert werden müssen!
Liebe Grüße
Steffi
das finde ich auch. teilweise wird man auch nicht einfach nur gefragt, warum man es trägt, sondern in der Art, wie gefragt wird, schwingt schon etwas Argwohn mit.
es steht dir acuh wirklich gut 🙂
Danke 🙂
Pingback: Warum ich auf Reisen Kopftuch trage — wandernd | schlaflosinwien
Hallo Ilona,
steht dir! Besonders das Foto aus Chiwa finde ich herrlich! Mir passt kein Hut, mein Kopf ist zu groß für die Standardmaße. Mit Kappe sehe ich noch blöder aus. Außerdem schwitzt man wirklich so darunter. Im Urlaub habe ich immer mehrere Tücher dabei, für den Kopf, als Rockersatz oder wie auch immer. Auch für den Besuch von Moscheen bin ich immer gerüstet.
Als Schneewittchen-Typ muss ich mich vor der Sonne schützen.
Schöner Beitrag!
Alles Liebe
Renate
hallo Renate,
ja, das mit den zu großen Köpfen kenne ich – aber nicht von mir, sondern von Freunden. Ich dagegen habe quasi einen Schrumpfkopf. Bisher war er noch immer kleiner als so ziemlich jeder andere Kopf 😀 Mützen und Hüte anderer Leute aufsetzen ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn ich ertrinke darin 😀
Danke übrigens auch für die Verlinkung 🙂
Schön! (Die Kopftücher, der Beitrag und die Kommentare)
Ja, ich trage seit einigen wieder Tücher in allen Varianten. Nicht, weil ich mir eine bestimmte Kultur aneignen möchte, sondern einfach, weil ich Tücher auf dem Kopf, um den Hals oder um die Hüften wunderschön finde (bei fast allen Frauen). Übrigens gibt es ein schönes Blog von inzwischen drei (?) jüdischen Frauen, die im Alltag Kopftuch/Tichel tragen und inzwischen auch mit Kopftüchern handeln. Da kann ich mich nicht satt sehen: https://wrapunzelblog.com/ (auf Englisch).
cool, danke für den Link! Schau ich gleich mal vorbei!
Pingback: Hamburg - Shanghai mit dem Zug, Uebel unterwegs -
Toller Artikel und du sieht mit dem Kopftuch echt klasse aus. Wenn ich sehe, wie du dir mit diesem kleinen Kleidungsstück eine Art Unsichbarkeitsmodus verpassen kannst, bedauere ich fast, dass es sowas nicht auch für Männer gibt. (Ich trage auch manchmal Kopftücher, aber das schreit dann nach Tourist…)
Danke schön 🙂
Ja, das ist durchaus praktisch, das ist wahr. Für Männer gibts doch aber sicher auch irgendwas, das sie unsichtbar macht – zumindest wenn sie der richtige Typ sind. Bei blonden Frauen funktioniert das Kopftuch ja auch nicht…
Hallo Ilona,
habe deinen Kopftuchartikel eben erst entdeckt, mir die Idee aber gleich für die nächste Reise zu Herzen nehmen, denn das sind nicht so deppert aus, wie mein Buff. Das ist zwar auf dem Rad ganz praktisch aber in der Stadt eher doof.
Liebe Grüße
Anja
freut mich, wenn ich dich inspirieren konnte 🙂 Inzwischen habe ich auch so beim Stadtbummel gerne mal ein Tuch dabei. Das ist einfach viel handlicher, als ein Hut.
Da ist wirklich was dran ! Ich bin gerade Ulrikes Spuren zu dir gefolgt und es gefällt mir hier seeeeehr gut. Mit herzlichen Grüßen
ohh, vielen Dank 🙂
Sehr schöner Artikel! Ich mache das seit vielen Jahren genauso. Schlüsselerlebnis war eine individuelle Tour nach Tunesien mit einer Freundin. Am ersten Abend sind wir trotz wirklich hochgeschlossener Kleidung von einem Trupp einheimischer Jungs regelrecht verfolgt worden. Wir fielen einfach auf. Am nächsten Tag banden wir uns ein Kopftuch um- und schwups! Keine gaffenden Blicke mehr, im Supermarkt fragte man uns freundlich, ob wir neu in der Gegend wären, wir kamen mit den Menschen ins Gespräch und fühlten uns sofort integriert- ein tolles Erlebnis! Ähnlich ist es Andy und mir in Jordanien ergangen. Da saßen wir mit unseren Backpacks am Hafen, als ein Mädel zu uns kam und mich fragte, ob ich Muslima sei, ich sähe aus, als käme ich nicht von hier. Ich verneinte, sagte ihr aber, dass ich es wichtig fände, mich anzupassen. Keine zwei Minuten später saßen wir mit ihr und ihren Eltern auf einer Wiese und frühstückten zusammen, während sie eifrig übersetzte. 🙂
Das ist interessant – obwohl es schade ist, dass ihr in Tunesien ohne Tuch gleich so ein unschönes Erlebnis hattet. Das hatte ich zum Glück nie. Das Schlimmste, was passierte, war dass mir jemand was verkaufen wollte 😉 Mit Kopftuch wollte dann in Usbekistan tatsächlich jemand was bei MIR kaufen 😀
Für mich ist ein Kopftuch einfach in erster Linie praktisch.