Der Wunderglaube (Wunder: lat. „Miraculum“, eingedeutscht: Mirakel) war ein wesentlicher Bestandteil des Wallfahrtswesens, der Heiligen- und der Marienverehrung und damit etwas genuin Katholisches.
Wer auf eine Wallfahrt ging, hoffte im Allgemeinen auch auf ein Wunder.
Meist war mit einer Wallfahrt die Bitte um oder Dank für erwiesene Gnade verbunden. Man flehte um ein Wunder oder man dankte, dass Gott (oder ein Heiliger) eines gewirkt hatte.
Dieser Artikel gehört zu einer dreiteiligen Reihe über die Barocke Wallfahrt. In diesen Artikeln möchte ich verschiedene Aspekte der Wallfahrten in der Barockzeit etwas beleuchten. Um begreifbar zu machen, warum Wallfahrten so populär waren, welch unterschiedliche Funktionen sie erfüllten und weshalb viele Menschen so hartnäckig an ihnen hingen. Dabei werde ich auch immer wieder einmal auf die aufgeklärte (und unsere nach-aufklärerische) Sicht auf Wallfahrten zu sprechen kommen. Da die Texte (gekürzte) Kapitel aus meiner Magisterarbeit („Barockkatholizismus im Hochstift Bamberg: Das Beispiel der Wallfahrt nach Gößweinstein„) ist, wird hier häufig spezifisch auf den Wallfahrtsort Gößweinstein in der Fränkischen Schweiz eingegangen und Sachverhalte anhand von Beispielen aus Gößweinstein erläutert. Ihr könnt die komplette Magisterarbeit für 4,50€ hier als pdf downloaden.
Natürlich ist vieles davon auch für andere Wallfahrtsorte genauso gültig.
Inhalt
Die Barocke Wallfahrt. Teil 2: Der Wunderglaube – Medizin, Magie und Propaganda
Wunderglauben und die Auseinandersetzung mit dem Protestantismus
Der ganze Komplex des Wunderglaubens war im Zeitalter der Reformation stark unter Beschuss geraten. Der Protestantismus lehnte die Vorstellung ab, der Mensch könnte über irgendwelche Handlungen Gott oder die Heiligen (deren Verehrung im Protestantismus sowieso abgelehnt wurde) in seiner Handlungsweise beeinflussen oder zumindest geneigt machen, in das irdische Leben einzugreifen oder auch nur zu seinem eigenen Seelenheil beitragen.
Der Wunderglaube war somit ein signifikantes Merkmal der katholischen Kultur und mit dem Wallfahrtswesen untrennbar verbunden. Die Wunder wurden aufgezeichnet und publiziert, denn jedes verzeichnete Mirakel war ein Beweis für die Gnade Gottes und damit für die ausschließliche Richtigkeit des römisch-katholischen Glaubens.[1] Es strafte die protestantischen Zweifler lügen.
So schrieb beispielsweise der Gößweinsteiner Pfarrer Martin Ludovici 1686 in seinem Mirakelbuch (der gedruckten Sammlung von Wundern, die am Wallfahrtsort Gößweinstein passiert sein sollen):
Zudem waren Wunder die Möglichkeit katholische Frömmigkeitsübungen wie die Wallfahrt wieder populär zu machen. Schließlich waren die Menschen des 17. und 18. Jahrhunderts den Gefahren des Lebens weitaus hilfloser ausgeliefert, als dies heute der Fall ist. Zum Teil so hilflos, dass auch Protestanten weiterhin dem Wunderglauben anhingen, in Notsituationen Wallfahrtskirchen Stiftungen vermachten oder eine Wallfahrt gelobten und teilweise nach der Erhörung (unerhörte Bitten wurden natürlich nicht aufgezeichnet) zum katholischen Glauben übertraten.[3]
Die „Anhänglichkeit am Wallfahren über Konfessionsgrenzen hinweg“ ist auch aus mehreren gemischtkonfessionellen Gebieten bekannt, beispielsweise aus Franken und der Schweiz.[4]
Welch elementare Funktion die Wallfahrten bei der Bewältigung der Unbill des Lebens hatten, zeigte sich schon daran, wie hartnäckig die Gläubigen an dieser Praktik festhielten, selbst wenn die Obrigkeiten sie einzuschränken versuchten oder gar völlig verboten.
wirkungslos.“[5]
Eine Hungersnot von 1816/17 in Bayern löste eine „Welle von Bittgesuchen“[6] um Zulassung ehemaliger Wallfahrten aus, da dort seit 1804 fast alle Prozessionen untersagt waren.[7]
In dieser elementaren Bedrohung suchten die Menschen wieder vermehrt Hilfe bei einer alten und in ihren Augen bewährten Institution, dem Wallfahren. Es war für die Menschen früherer Zeiten eine der Möglichkeiten, den Schwierigkeiten des Lebens zu begegnen.
Medizin und Mirakel – natürliche und wundersame Heilungen
Einem Menschen des 21. Jahrhunderts müssen die vielen verzeichneten „Wunder“ ziemlich gewöhnlich und keineswegs „wunderbar“ erscheinen. In einer Zeit aber, in der das medizinische Wissen derart beschränkt war, blieb nur noch das Beten und das Vertrauen auf himmlischen Beistand, wenn die Heilkundigen ihren Patienten aufgegeben hatten. Nach wochenlanger Krankheit wieder zu genesen musste als Zeichen göttlicher Gnade – eben als ein Wunder – betrachtet werden.
Das Versagen aller menschlichen Hilfe
Immer wieder wird in den Gößweinsteiner Mirakelbüchern erwähnt, dass alle ärztliche und menschliche Hilfe versagt habe und so nur noch die göttliche Hilfe geblieben sei:
„(…) dass der gebrauchte Medicus selbsten an ihrer Genesung gezweifelt, auch nach seiner eigenen geständnuß nichts mehr zu verordnen gewusst. Weilen aber meine Einzige Zuflucht auf Gott den allmächtigen, alß den besten Arzten gesetzt (…)“[8] oder „die gebrauchten medicin wollten nichts verhelffen (…)“[9] hieß es da zum Beispiel.
Mitunter – glaubt man den Mirakelberichten – verwiesen die Heilkundigen ihre
Patienten selbst auf Gottes Hilfe, wenn sie mit ihrem Wissen am Ende waren.
Wenn auch das Versagen aller ärztlicher und allgemein menschlicher Hilfe durchaus als Topos der Mirakelliteratur[10] bezeichnet werden kann, so kann man wohl doch davon ausgehen, dass darin ein Kern Wahrheit steckt, der in der unzureichenden medizinischen Kenntnis und Versorgung dieser Zeit zu suchen ist.
Zu behaupten, dass das einfache und ungebildete Volk aufgrund von religiöser Indoktrination die Hilfe der Medizin und Wissenschaft ausschlug und sein Heil nur bei unsinnigem Aberglauben suchte, wie es die Aufklärer oftmals glaubten und behaupteten (und wie man es heute noch häufig glaubt), ist zu kurz gegriffen.[11]
Wenn die Heiligen Medizin schicken
Wie weit der Begriff von einer wundersamen Heilung allerdings gefasst werden konnte, zeigen folgende Beispiele aus Gößweinstein:
Ein an Verstopfung leidender Priester berichtet 1736, wie er „voll des Vertrauen (…) bey anfang der heil. Mesß die Er zu diesem Ziel und End [in der Wallfahrtskirche] hat lesen lassen, die vorgeschriebene Medicamenten ein[nimmt]. Bey Endigung des heil Mesßopfers hat Er die gewünschte würckung empfangen, besserung und die gesundheit erhalten.“[12]
Oder kurz gesagt: Zur Wandlung hatte er wieder Stuhlgang!
Maria Richardin aus Iphofen bittet 1751 nach langer Krankheit „inständigst, diese [die Heilige Dreifaltigkeit von Gößweinstein] möge Ihr einen Mann schicken, der ihr Hilff schaffete. Noch selbigen Abend kommet ohnberuffen in das Haus der Krancken der Scharffrichter; dieser gibt ihr etwas zu schmieren; und hirdurch wurden die glieder widerum gelenck, und Sie gesund. Für solche guthat Kommet Sie der heil. Dreyfaltigkeit, welcher Sie ihre Gesundheit alleinig zuschreibet, zu dancken.“[13]
Selbst die Heilmittel, sowie das Wissen und die Hilfe der Heilkundigen, zu denen die Scharfrichter damals zählten, konnten als eine mirakulöse Begebenheit, als Zeichen göttlicher Gnade, betrachtet werden.
Dabei musste nicht einmal die Heilung der Votanten gewährleistet sein: Eine Katholikin erkrankte in Thüringen, „da ihr aber hart fiele in einem uncatholischen Ort zu sterben, Verlobt sie sich zur heil. Dreyfaltigkeit nach Gößweinstein und bittet umb die gnad, in ihrem Vatterland sterben zu können. Sie wird Erhört, bald hirauf gesund, kommet auf Kupferberg, stirbt alda bey ihrer schwester (…).“[14]
Doch nur eine natürliche Heilung? Skepsis der Wallfahrtsgeistlichkeit
Für einige angezeigte Mirakel war auf die vom Gößweinsteiner Pfarrer Vogl erfolgte Nachfrage, keine rechte Bestätigung zu erlangen. So zeigt das Beispiel eines Jungen, dessen Mutter dessen Heilung aufgrund eines Verlöbnisses nach Gößweinstein als Mirakel angezeigt hatte, dass auch den Zeitgenossen zum Teil durchaus bewusst war, dass manches „Wunder“ lediglich eine natürliche Heilung war.
Der Heimat-Pfarrer ließ den Vater des Jungen zu sich rufen, um sich die Begebenheit bestätigen zu lassen. Doch der erzählt: „In solchen schmertze hat Er sich Verlobt nacher Gößweinstein, als d. geschwer Zur Zeitigung komm Und aufgebroch, hat der Schmertz ein endt genohm. Und natürliche Weis geheylet, mithin seye es kein Miraculum.“[15]
Wie leicht ein gläubiger Votant eine überraschende Heilung zu einem Mirakel
hochstilisieren konnte, war durchaus auch den Pfarrern bekannt, weshalb sie sich
bemühten, sich die von den Wallfahrern berichteten angeblichen Mirakel bestätigen zu lassen, meist durch den Heimatpfarrer, zum Teil auch durch Ärzte.[16]
Oftmals bestand die Bestätigung jedoch in nicht mehr, als der Versicherung, dass der Betroffene noch einmal von seinem Heimatpfarrer verhört worden war, der daraufhin dessen „gutes Gewissen“ bestätigte.
Dass man sich überhaupt um eine Bestätigung bemühte, zeigt den hohen Stellenwert, den man den Mirakeln beimaß. Wollte man sie als Argument für die Gewährung göttlicher Gnade (und damit der Richtigkeit der katholischen Religion) verwenden, mussten sie so unantastbar wie möglich sein.[17]
Wunder und Wallfahrtspropaganda
Bei diesen Heilungen fungierten die Heiligen oder die sie verkörpernden Gnadenbilder nach kirchlicher Lehre lediglich als Mittler zwischen Mensch und Gott, was die Gläubigen natürlich nicht hinderte, die Heilung dem entsprechenden Gnadenbild oder Heiligen zu danken und auch dem Bild oft selbst heilige Kräfte zuzuschreiben (was die Voraussetzung für Praktiken der kontagiösen Magie bildete, etwa Anrühren von Gegenständen an den Gnadenbildern).
Ein besonderer Ort: ausgezeichnet von Gott und den Heiligen
Dass in den Mirakelbüchern, die ja ausschließlich von der jeweiligen Wallfahrtsgeistlichkeit verfasst wurden, Heilungen immer dem lokalen Gnadenbild oer dem Wasser der Heiligen Quelle zugeschrieben wurden, ist in großem Maße Teil der Wallfahrtspropaganda.[18]
Jedes überlieferte Wunder zeichnete nicht nur die katholische Religion, sondern auch den einzelnen Wallfahrtsort vor anderen aus. Bereits in den Entstehungslegenden der Wallfahrtsorte wird Wundersames berichtet, was die Auserwähltheit des Ortes bezeugen soll.
Es gibt zahlreiche Sagen, denen zufolge das Gnadenbild auf verschlungenen Wegen in die Wallfahrtskirche gelangte, auf wunderbare Weise in Feuer oder Krieg unversehrt blieb und vom Wallfahrtsort schließlich nicht mehr weggebracht werden konnte. Das interpretierte man natürlich als Zeichen Gottes, dass das Gnadenbild nur hier und nirgendwo sonst verehrt werden sollte.
Erwähnt sei hier noch ein Beispiel von 1634 aus dem Mirakelbuch von Maria Eck, bei dem „einmal ein Mann seine versprochene Kirchfahrt nach Maria Eck nicht ausführt und statt dessen nach Altötting geht. Daraufhin wird er krank und es erscheint ihm die hl. Maria von Eck und befiehlt ihm, er müsse zu ihr pilgern“. Ein Hinweis darauf, dass den Gläubigen wohl teilweise die Verbindung zwischen Bild und Heiligem nicht mehr bewusst war. Maria von Eck und Maria von Altötting waren nicht mehr die Darstellung ein und derselben Person, sondern zwei getrennt voneinander agierende Marien. Allerdings darf man nicht vergessen, dass auch in diesem Fall die Wallfahrtsgeistlichkeit von Maria Eck das Mirakel niederschrieb.[19]
Konkurrenzkampf der Wallfahrtsorte
Es ging stets darum, den einen Gnadenort als besonders wunderkräftig und gnadenreich zu präsentieren. Gerade bei dem enorm großen Angebot an Wallfahrtsstätten in Franken, Bayern oder Österreich, war dies besonders wichtig, um sicher zu stellen, dass die Wallfahrer diese Wallfahrtskirche und nicht irgendeine andere aufsuchten.
Das war einer der Hauptgründe, warum Geistliche Wallfahrtswunder sammelten und als Mirakelbücher publizierten. Diese gedruckten Bücher waren ein wirksames Werbematerial.
Auch die Anhänger der Aufklärung waren von der großen Bedeutung der
Wallfahrtsbücher innerhalb der Wallfahrtspropaganda überzeugt. So wird 1805 über ein Gößweinsteiner Wallfahrtsbuch geschrieben:
„Solche Bücher müssen die Wallfahrtssucht erwecken und erhalten. Weg also mit ihnen, dann werden die heilsamen Verordnungen der Regierung mehr Beyfall und die reineren Lehren der Seelsorger mehr Eingang finden. Fiat!“[20]
Wundervorstellungen, Aberglaube und „kirchliche Halbmagie“
Inwiefern war der Wunderglaube wirklich abergläubisch oder magisch? Die oben bereits erwähnte kontagiöse Magie zeigt sich an vielen Wallfahrtsorten.
Es war gängige katholische Praxis, das Gnadenbild mit Gegenständen zu berühren, die man dann mit nach Hause nahm – etwa auch einem kranken, bettlägrigen Verwandten mitbrachte. Sogenannte „Schluckbildchen“ waren bis ins 20. Jahrhundert Bestandteil verbreitet. Dabei handelte es sich um etwa briefmarkengroße Darstellungen des Gnadenbildes auf Papier, die man zu sich nahm – zum Teil nachdem man das Gnadenbild damit berührt hatte.
Hier zeigt sich deutlich die Auffassung, dass ein Wallfahrtsort nicht „einfach nur“ ein Ort ist, an dem die Gnade Gottes stärker wirkt – wie es eigentlich offizielle Lehrmeinung war[21] – sondern, dass er als Ort angesehen wurde, der selbst geheiligt war und bei dem alles, was von dort stammte einen „Abglanz“ dieser Heiligkeit in sich barg.
Dass damit die Grenze zur Magie durchaus tangiert wurde, mag bekannt gewesen sein. Dennoch wurden solche und ähnliche „fromme Übungen“ teilweise sogar kirchlich gefördert (und gewinnbringend vermarktet).
Zugleich wurden „diese Praktiken bzw. die Bestimmung ihrer Form den Priestern vorbehalten und den Laien verboten“, was zur Durchsetzung einer Art „kirchliche[n] (…) Magiemonopol[s]“ führte.[22]
Da diese fast magischen Praktiken kirchlich abgesegnet waren (im doppelten
Wortsinn!), spricht der Barockforscher Peter Hersche hierbei treffend von „kirchlicher Halbmagie“[23], die der katholischen Kirche die Möglichkeit bot, den Aberglauben zu kanalisieren und strenger zu überwachen. Sie duldete also wohl ganz bewusst halbmagische Praktiken, solange sie kirchlich geleitet, überwacht und interpretiert waren und einen gewissen Rahmen nicht sprengten.
Zusammenfassung
Wer eine Wallfahrt unternahm und sein Verlöbnis hielt, durfte auf eine Erhörung hoffen.
Der Wunderglaube, war die letzte Rettung, wenn die Heilkundigen einen Patienten aufgegeben hatten, wenn Krieg oder Naturkatastrophen über einen Menschen hereinbrachen. Eben genau dann, wenn nur noch hoffen und beten half.
Niemand war von der Welt des Wunders ausgenommen, egal, welchen Geschlechts, Standes und sogar welcher Konfession er war.[24]
Diese „Demokratisierung“ war sicherlich einer der Punkte, der den Wunderglauben und alle damit verbundenen Bereiche für die Gläubigen so anziehend machte: „Vor dem Wunder sind alle gleich„.[25]
Download des kompletten Textes
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Anmerkungen
1 Habermas, S. 42.
2 PfA GWS B21.
3 PfA GWS B21 und B22/I und B22/II.
4 Hartinger, S. 53.
5 Hartinger, S. 63.
6 Brunner-Schubert, S. 96.
7 Brunner-Schubert, S. 86.
8 PfA GWS B22/II.
9 PfA GWS B22/II.
10 Harmening, S. 63f.
11 Hersche, Muße, S. 853ff.
12 PfA GWS B22/II.
13 PfA GWS B22/II.
14 PfA GWS B22/II.
15 PfA GWS B23.
16 PfA GWS B23.
17 Vgl, auch Harmening, S. 54.
18 Schneider, S. 64.
19 Kriss, Religiöse Magie, S. 392
20 Zitiert nach Goy, S. 139
21 Hecht, S. 295. Fassbinder, S. 121.
22 Heiss, S. 104f.
23 Hersche, Muße, S. 879ff.
24 Vlg. dazu auch: Habermas, S. 70 – 75.
25 Habermas, S. 70.
Quellen
PfA GWS = Pfarrarchiv Gößweinstein im Diözesanarchiv Bamberg
Mirakelbücher und -aufzeichnungen: PfA GWS B21, B22/I, B22/II und B23.
Literatur
Brunner-Schubert, Isolde: Religiöse Volkskultur im Spannungsfeld von „Religionspolitik“ und „Volkswillen“ im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde (1996), S. 79 – 98.
Habermas, Rebekka: Wallfahrt und Aufruhr. Zur Geschichte des Wunderglaubens in der frühen Neuzeit (=Historische Studien Bd. 5), Frankfurt/New York 1991.
Harmening, Dieter: Fränkische Mirakelbücher. Quellen und Untersuchungen zur historischen Volkskunde und Geschichte der Volksfrömmigkeit (=Würzburger Diözesangeschichtsblätter Bd. 28), Würzburg 1966.
Hartinger, Walter: Volksleben zwischen Zentraldirigierung und Widerstand, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde (1996), S. 51 – 66.
Hecht, Christian: Katholische Bildertheologie im Zeitalter von Gegenreformation und Barock, Berlin 1997.
Heiss, Gernot: Konfessionelle Propaganda und kirchliche Magie. Berichte der Jesuiten über den Teufel aus der Zeit der Gegenreformation in den mitteleuropäischen Ländern der Habsburger, in: Römische Historische Mitteilungen 32/33 (1990/91), S. 103 – 152.
Helldorfer, Ludwig: Gößweinstein. Burg, Amt, Kirche, Gemeinde, Gößweinstein 1974.
Hersche, Peter: Muße und Verschwendung. Europäische Gesellschaft und Kultur im Barockzeitalter. 2 Bde, Freiburg 2006.
Kriss, Rudolf: Zum Problem der religiösen Magie und ihrer Rolle im volkstümlichen Opferbrauchtum und Sakramentalien-Wesen, in: Leander Petzold (Hrsg.): Magie und Religion. Beiträge zu einer Theorie der Magie, Darmstadt 1978, S. 385 – 403.
Schneider, Ingo: Zum Verhältnis von Magie und Religion im barocken Wallfahrtsmirakel, in: Jahrbuch für Volkskunde und Museologie des Bezirksheimatmuseums Spittal/Drau 6 (1992), S. 61 – 74.
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So seltsam diese kirchliche Magie aus heutiger Sicht erscheinen mag, glaube ich doch, dass sie am Ende doch gewirkt hat.
Im Endeffekt dürfte der Wirkungsmechanismus ein ähnlicher sein, wie er bei den homöopathischen „Arzneimitteln“ zu beobachten ist: Zum einem sind wir Menschen schlecht darin, zufällige Prozesse als solche zu erkennen und vermuten Wirkungen, wo keine sind, zum anderen gibt es ja durchaus auch bei Placebos eine Wirkung, die dann zwar eher psychosozial ist als medizinisch, aber dennoch vorhanden ist.
Ich bin gespannt, wie spätere Generationen auf unser Weltbild schauen werden .
Da geb ich dir vollkommen recht.
Gebete haben ja durchaus eine Wirkung auf die Psyche. Wenn ich mich recht erinnere, kann man sogar messen, wo im Hirn Beten und Meditieren wirkt. Und Hoffnung haben hilft sicher in gefährlichen Situationen oder schweren Krankheiten weit mehr, als völlig zu verzagen und die Hoffnung zu verlieren.
Und wenn man allen widrigen Prognosen zum Trotz plötzlich doch gesund wurde, dann fühlte sich das einfach „wunderbar“ an. Heute ist es ja tatsächlich nicht anders.
Das ist ein sehr spannender Ansatz, um magisches Denken darzulegen. Das Konzept des magischen Denkens sieht man in der Entwicklung bei Kindern sehr schön : sie glauben, dass ihre Handlungen und das, was sie sagen, Auswirkungen auf Geschehnisse haben. Wenn es tatsächlich so ist wird es als Kausalität empfunden.
Der Bestätigungsbias ist dabei so hoch, dass eben – wie du erwähnt hast – nur jene kausale Ereignisse erinnert und weiterezählt werden, die auch das gewünschte Ergebnis bringen.
Und obwohl es eine sehr basale Form des Ursache-Wirkungsdenkens ist, so ist sie doch wichtig. Weil sie Hoffnung gibt. Und nichts ist Menschen wertvoller als die Hoffnung. Sofern es einen einzigen Strohhalm zum Klammern gibt, ergreift man ihn – egal wie seltsam er scheinen mag. Das gibt Stabilität und erhält die Handlungsfähigkeit (man kann ja offenbar noch was tun und ist nicht vollkommen hilflos, selbst wenn es nur beten und wünschen ist).
Zu deiner Anmerkung im obigen Kommentar: man kann dem Hirn sogar beim Meditieren zusehen 🙂 Dabei entkoppelt sich frontal die linke und rechte Gehirnhälfte. Man dissoziiert sozusagen, was dann oft zu den „außerpersonellen“ Erfahrungen führt. Langfristig hat Beten (bei gläubigen Menschen) tatsächlich eine ressourcenfördernde Wirkung.
Ha, ich wusste, du hast was Spannendes dazu beizutragen!
Danke für den ausführlichen Kommentar und diese Ergänzungen.
Ich hätte damals gerne mehr Zeit gehabt, mich in diese psychologische Dimension des Glaubens einzulesen, aber das wär wirklich nur für mich gewesen, dazu reichte die Zeit einfach nicht beim MA schreiben.