„Gute Neuigkeiten für Zugreisende im Baltikum!“ – so begann ein Facebook-Post, der im Dezember 2024 auf meinem Feed auftauchte: Die Zug-Betreibergesellschaften der drei Länder hatten ihre Fahrpläne aufeinander abgeglichen – es würde ab Februar 2025 also viel leichter sein, mit dem Zug durch das Baltikum zu reisen: Von Vilnius über Riga nach Tallinn an einem Tag, wenn man das denn wollte.
Das war das erste Mal, dass mir die Idee zu meiner Zugreise durch die baltischen Staaten kam.
Ein weiterer Schritt zur Umsetzung dieser Idee war der zu erwartende heiße italienische Sommer: Normalerweise reiste ich nie im Sommer in den Norden. Ich wollte nie irgendwohin, wo es kühler war, als zu Hause – zumindest solange ich in Deutschland lebte.
Hier in Florenz gefiel mir die Idee auf einmal, im Sommer einige Zeit in den Norden zu fliehen, um der größten Hitze zu entgehen. Ließe sich das etwa verbinden?
Siehe da: Es ließ sich verbinden – und so buchte ich für den Juli 2025 eine Reise mit dem Zug durch das Baltikum: Von Vilnius über Riga nach Tallinn – natürlich nicht an einem Tag, sondern mit mehreren Zwischenstopps in etwa zweieinhalb Wochen.
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Inhalt
Durch das Baltikum mit dem Zug: eine neue Bahnverbindung macht es einfacher

Mit dem Zug durchs Baltikum – von Vilnius nach Riga und Tallinn. Seit 2025 geht es einfacher
Wer vor 2024 zwischen den baltischen Hauptstädten den Zug nehmen wollte – der brauchte Geduld, denn es gab keine durchgehenden Zugverbindungen und die Fahrpläne waren nicht aufeinander abgestimmt.
In einem unterhaltsamen Reisebericht erzählt Sebastian von Zugpost, wie er im Sommer 2023 (!) in „unmöglicher Mission“ mit dem Zug durch die drei baltischen Länder reiste. Sein Zugreise-Abenteuer mit mehreren Umstiegen, stundenlanger Wartezeit am Grenzbahnhof Valga und sogar einer Grenzüberquerung zu Fuß zwischen Lettland und Litauen ist kein Vergleich zu der sehr komfortablen Reise, die ich im Sommer 2025 unternahm.
Dabei war er wohl einer der letzten Baltikum-Reisenden, die in den „Genuss“ dieser langwierigen Zugreise kamen, denn Ende 2023 wurde verkündet, es gäbe endlich eine Zugverbindung zwischen Vilnius und Riga:
„Der Personenzug, der die Hauptstädte Litauens und Lettlands verbinden wird, ist das Ergebnis einer Vereinbarung, die die Verkehrsminister und die Ministerpräsidenten der baltischen Länder in diesem Jahr getroffen haben. Wir können froh sein, dass bald Züge auf dieser Strecke verkehren werden. Wir hoffen, dass sie in Zukunft mit einer Verbindung nach Tallinn gefüllt sein wird und wir nach dem Bau der Eisenbahnlinie „Rail Baltica“ noch schneller und bequemer zu unseren Nachbarn reisen können“, sagt die stellvertretende Verkehrsministerin Loreta Maskaliovienė.
(zitiert nach madeinvilnius.lt)

Zugfahren im Baltikum ist jetzt viel einfacher: Einmal täglich fährt ein Zug von Vilnius über Riga nach Tallinn
Die bequeme Verbindung, die in nur vier Stunden von Vilnius nach Riga fährt und dabei sechs Stopps auf litauischer und einen Stopp auf lettischer Seite macht, ist also noch keine zwei Jahre alt! Betrieben wird das ganze von LTGLink – der litauischen Bahngesellschaft.
Seit Februar 2025 gibt es nun auch eine bequeme Verbindung weiter in die estnische Hauptstadt – mit zwölf weiteren Haltestellen in Lettland und sieben Zwischenhalten in Estland.
Dafür muss man am Grenzbahnhof Valga allerdings umsteigen, was denkbar einfach geregelt ist. Man steigt aus dem Zug und direkt am selben Gleis gegenüber fährt wenige Minuten später der Zug aus Tallinn ein. Die Fahrgäste wechseln in den jeweils anderen Zug und kurz danach geht es auch schon weiter mit einem Zug der estnischen Bahn Elron.
Der Zug verkehrt einmal täglich in beide Richtungen.
Die aktuellen Fahrpläne gibt es auf der Webseite von LTGLink. Hier der aktuell gültige Fahrplan (Sommer 2025):
Anreise ins Baltikum ohne Flugzeug: Zug oder Fähre?
Von Italien aus war eine Anreise mit der Fähre nicht möglich und mit dem Zug einfach zu langwierig. Deshalb habe ich doch mal wieder ein Flugzeug bestiegen und flog vom Flughafen Mailand-Bergamo nach Vilnius und am Ende der Reise von Tallinn zurück nach Mailand-Malpensa.
Von Deutschland aus hätte ich wahrscheinlich eine andere Anreiseform vorgezogen:
Von München und Wien könnte man z.B. den Nachtzug Euronight 406 bis Warschau nehmen und von dort mit dem Zug nach Vilnius weiterfahren. Dafür müsste man eine Nacht in Warschau bleiben. Einmal am Tag – um 7:55 Uhr in der Früh fährt der Zug Nr. 144 der litauischen Bahn LTGLink von Warschau nach Vilnius. Die Fahrt dauert 8,5 Stunden, kostet aber nur 25€.
Von Berlin Gesundbrunnen könnte man mit dem Eurocity in knapp 5 Stunden nach Warschau fahren und dort ebenfalls eine Nacht bleiben und am nächsten Morgen weiter nach Vilnius.
Zugegeben: Diese Optionen sind für wirklich begeisterte Zugreisende – aber genau für die schreibe ich ja eigentlich den Artikel …

Zugfahren ins Baltikum ist eigentlich ziemlich einfach
Eine andere beliebte Anreiseform ins Baltikum ist eine Fähre nach Klaipeda in Litauen, an der Ostseeküste. Es gibt direkte Fährverbindungen von Kiel, Rostock und Travemünde. Dies ist gerade beliebt bei vielen, die Fahrräder oder Autos mitbringen für ihre Rundreise, kann aber auch für Zugreisende Sinn machen: Dadurch, dass man direkt in Klaipeda ankommt, kann man gleich die Kurische Nehrung erkunden – etwas, was ich leider ausfallen lassen musste, da die Reise mit dem Zug von Vilnius nach Klaipeda und die Erkundung der kurischen Nehrung mich ein paar Reisetage gekostet hätten.
Auf meiner Reise durchs Baltikum habe ich eine Niederländerin getroffen, die mit der Fähre über die Ostsee angereist ist.
⭐ Zugreise durch das Baltikum: Meine Route durch Litauen, Lettland und Estland in Kürze [+Karte]
- Anreise nach Vilnius (Litauen)
- Ausflüge von Vilnius nach Trakai und Kaunas (Litauen)
[Ursprünglich hatte ich hier auch einen Abstecher zur Kurischen Nehrung geplant. Die Idee war, mit dem Zug nach Klaipeda zu fahren, dort zwei Nächte zu bleiben, und dann mit einem gemieteten Fahrrad, eine Tour über die Kurische Nehrung zu machen. Ich wäre dann allerdings nicht bis ganz nach Süden nach Nidden gekommen. Dafür hätte ich zwei Tage auf der kurischen Nehrung einplanen müssen. Am letzten Tag hätte ich einen sehr frühen Zug von Klaipeda nach Riga genommen.
Insgesamt hätte ich für einen ausgiebigen Besuch der kurischen Nehrung etliche Tage einplanen müssen, was dann nicht gut in meinen Reiseplan passte – ein Problem, dem man entgeht, wenn man mit der Fähre nach Klaipeda anreist] - Fahrt mit LTG Link nach Riga (Lettland)
- Ausflug von Riga zum Kemeri Nationalpark und nach Jurmala (Lettland)
- Fahrt mit vivi.lv nach Sigulda (Lettland)
- Fahrt mit vivi.lv nach Cesis (Lettland)
- Fahrt mit vivi.lv und elron.ee nach Tartu (Estland)
- Fahrt mit elron.ee nach Tallinn (Estland)
- Abreise von Tallinn
Anmerkung: Dies war die ursprünglich geplante Route. Aufgrund eines Unfalls in Cesis musste ich Tartu leider ausfallen lassen und fuhr direkt nach Tallinn, wo ich die letzten Tage verbrachte. Auch die geplanten Ausflüge von Tallinn kamen aufgrund meiner eingeschränkten Mobilität dann etwas zu kurz.

Im Pink Soup Train: Die Litauer lieben Rote Bete so sehr, dass sie einen Zug nach ihrer Lieblingssuppe gestaltet haben.
Baltikum mit dem Zug, Erfahrungsbericht: Meine Zugreise durch Litauen, Lettland und Estland
Gleich vorneweg: Wer mit dem Zug durch das Baltikum reisen möchte, darf sportliche Betätigung nicht scheuen. Alleine in den Hauptstädten habe ich mehrere Kilometer zu Fuß zurückgelegt. In den Nationalparks Kemeri und Gauja ging ich wandern und radfahren, denn natürlich springt man nicht aus dem Zug und ist sofort in naturbelassenem Gelände.
Baltikum mit dem Zug, Station 1: Litauen
Meine Reise startete in Vilnius, der Hauptstadt Litauens, und vom ersten Moment an war ich begeistert. Na gut, der Taxifahrer, der mich vom Flughafen zu meiner Unterkunft im Zentrum brachte, hat mich erst mal gewaltig übers Ohr gehauen, aber danach hatte ich nur noch gute Eindrücke.
Gleich am ersten Abend tanzte halb Vilnius auf den Straßen und Plätzen. Meine Unterkunft lag in einer ruhigen Seitenstraße, aber nur wenige Minuten entfernt war eine beliebte Ausgeh- und Flaniermeile mit zahlreichen Kneipen und Restaurants. Und dort spielte gleich eine Band auf und die Leute begannen zu tanzen. Auch auf dem Rathausplatz spielte eine Band und alles, was Beine hatte, sprang im Takt über den Platz. Viel besser hätte mein Einstand ins Baltikum nicht sein können.
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Am nächsten Tag besichtigte ich Vilnius und legte dabei locker 15 Kilometer zurück. Vilnius begeisterte mich auch bei Tag: Die pittoresken Gassen, die barocken Kirchen, die Parks, das nahegelegene Wandergebiet im Kalnu-Park, das man mit wenigen Schritten von der Stadt aus erreichen kann, die Ausblicke über die Stadt, das Viertel Užupis und die gemütliche Atmosphäre überall haben mich sofort angesprochen. In Vilnius kann man es gut mehrere Tage aushalten, selbst wenn man nicht eifrig Tagesausflüge unternimmt.

Blick auf Vilnius: Mein erster Stopp bei meiner Zugreise durchs Baltikum

Wandern bei Vilnius zu den Drei Kreuzen

St. Annenkirche in Vilnius
Als offizielles Gründungsdatum von Vilnius wird das Jahr 1323 genannt, denn in diesem Jahr wurde die Stadt zum ersten Mal erwähnt. Man weiß aber, dass es die Stadt schon deutlich länger gab, denn in diesem Jahr war sie bereits eine wichtige Handelsstadt mit einer Burg. Das Schriftstück von 1323 nämlich war ein Brief von Großfürst Gediminas an Papst, Kaiser, Fürsten und Handelsstädte, der um qualifizierte Personen warb, die er in seiner Stadt ansiedeln wollte.
Die sagenhafte Gründung der Stadt soll zurückgehen auf eben jenen Gediminas, der bei einer Jagd am Ufer der Vilnia – des Flusses, nachdem Vilnius schließlich benannt wurde – von einem Wolf träumte, den er nicht erlegen konnte, da er aus Eisen war. Der Traum wurde so gedeutet, dass Gediminas an derselben Stelle eine Burg bauen sollte, die ebenso unbesiegbar war, wie der Wolf. Gesagt, getan. An dieser Stelle steht noch heute der Gediminas-Turm auf einem Hügel – letztes Überbleibsel der Oberen Burg – von wo aus man einen tollen Blick über die Stadt hat.

Gediminas Turm in Vilnius
Bereits ab dem späten 14. Jahrhundert war Litauen eng mit Polen verbandelt: Im Jahr 1386 vermählte sich der Großfürst Jogaila mit der polnischen Hedwig, was auch das Ende der heidnischen Religion in Litauen bedeutete. Später wurden Litauen und Polen in Personalunion regiert (der Großfürst von Litauen war auch König von Polen) und im Zug der Bedrohung durch Russland im Livländischen Krieg kam es schließlich 1569 zur Union von Lublin – der Gründung einer polnisch-litauischen Adelsrepublik.
Neben den Polen waren auch die Juden immer eine wichtige Bevölkerungsgruppe in Vilnius. Zeitweise waren bis zu 50% der Bewohner der Stadt jüdischen Glaubens.
Vilnius nahm – anders als Riga und Tallinn – nie die protestantische Religion an, es blieb immer römisch-katholisch, was sich in den vielen prachtvollen barocken Kirchen in der Stadt niederschlägt. Unter anderem kamen im späten 16. Jahrhundert die Jesuiten in die Stadt und legten mit ihrem Seminar den Grundstein für die Universität von Vilnius – heute noch ein prachtvolles Gebäude-Ensemble mit 13 Innenhöfen im Zentrum der Stadt.

Universitätskirche (ehemalige Jesuitenkirche) in Vilnius, Litauen

Orgel in der Universitätskirche
1795 fiel Vilnius an das zaristische Russland und Litauen blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs russisch. Dann erlangte das Land seine Unabhängigkeit – allerdings die meiste Zeit ohne Vilnius, denn die Polen hatten sich die Stadt 1920 unter den Nagel gerissen. Erst mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Vilnius wieder litauisch – allerdings marschierten 1941 dann die Nazis ein, was auch das Ende der blühenden jüdischen Kultur in der Stadt bedeutete. Das ehemalige jüdische Viertel entzückt heute durch zahlreiche schöne Lokale in den kleinen Gassen und lässt leicht vergessen, was hier geschah. Am Eingang des Viertels erinnert eine Tafel an das tragische Ende der Bewohner, die fast vollständig von den Nazis ermordet wurden. Nur 2000-3000 von Vilnius‘ ehemals 58.000 jüdischen Einwohnern überlebten den Holocaust.

im ehemaligen „kleinen Ghetto“ von Vilnius
Weiterlesen über Vilnius:
Ich selbst unternahm mehrere Tagesausflüge: An einem Tag besuchte ich das Inselschloss Trakai, nur 30 Minuten mit dem Zug von Vilnius entfernt. Trakai ist ziemlich touristisch und der Regionalzug ist sehr voll. Der Ausflug lohnt allerdings, denn das Dorf mit seinen Holzhäusern und natürlich v.a. die idyllisch auf einer Insel gelegene Anlage des Schlosses sind wirklich sehenswert. Wer möchte, kann hier baden oder ein Boot mieten und über die Seen fahren.
Umgeben von zahlreichen Seen liegt sowohl der Ort als auch das Schloss Trakai höchst idyllisch. Der Ort mit seinen etwa 4000 Einwohnern liegt auf einer länglichen Halbinsel, die man – vom Bahnhof im Süden kommend und zum Schloss im Norden gehend – einmal durchwandert. Dabei kommt man auch durch das Viertel der Karäer, einer jüdischen Abspaltung, die auf der Krim lebten und dann in Trakai angesiedelt wurden. Ihre hübschen Holzhäuser prägen heute noch einige Straßenzüge, auch wenn nur noch wenige Karäer übrig geblieben sind.
Von 1316 bis 1323 war der Sitz der litauischen Großfürsten in Trakai – dann siedelten sie nach Vilnius um. Die erste Burg lag auf der Halbinsel – von ihr ist nicht mehr viel übrig. Auf einer Insel nördlich des Ortes wurde dann einige Jahrzehnte später der Bau einer weiteren Burganlage begonnen, die man heute noch besichtigen kann. Man erreicht die Insel über einen langen Holzsteg.
In den verwickelten, kriegerischen und diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen den litauischen Fürsten, den Cousins Vytautas und Jogaila, die um die Macht stritten, und den Deutschen Ordensrittern, die mal mit dem einen, mal mit dem anderen Cousin verhandelten und mal beide gegen sich hatten, war Trakai eine wichtige Befestigung. Vytautas starb hier auch im Jahr 1430.
Ein weiterer Ausflug führte mich nach Kaunas. Als Vilnius zu Polen gehörte, war Kaunas kurzzeitig die Hauptstadt des unabhängigen Litauen. In dieser Zeit wurden zahlreiche moderne Bauten errichtet, so dass Kaunas nicht nur mit alten Gebäuden aufwarten kann, sondern auch mit zahlreichen modernistischen Gebäuden. 2022 war Kaunas europäische Kulturhauptstadt.
Ich muss gestehen, dass ich von dem als „quirlige, lebendige Stundentenstadt“ angepriesenen Ort mehr erwartet hatte. Ein Vormittag in den Semesterferien war vielleicht auch nicht der beste Zeitpunkt, um studentisches Leben zu erleben. So kam mir Kaunas zwar ganz hübsch, aber sehr verschlafen vor. Zudem war der Hauptplatz gerade Großbaustelle.
Die Fahrt nach Kaunas dauert etwa 1:20 Stunden.
Weiterlesen über Kaunas:
Ein letzter Ausflug führte mich in den Regionalpark bei Verkiai, direkt nördlich von Vilnius gelegen. Dorthin fuhr ich mit dem Stadtbus Nr. 1 und stieg an der Haltestelle Baltupiai aus. Von dort wanderte ich über den Kreuzweg mit seinen über 30 Stationen bis zur „Kreuzauffindungskirche“. Der große Kalvarienberg stammt aus dem 17. Jahrhundert, aber unter den Sovjets wurden viele der Kapellen abgerissen und erst nach dem Ende der russischen Besatzung wieder aufgebaut. Deshalb wirken sie für barocke Kapellen ziemlich leer und kahl.
Ende der Wanderung war das Gut Verkiai.
Zugfahren in Litauen: Wissenswertes
Die litauische Zuggesellschaft heißt LTG Link. Die Webseite kann auf Litauisch und Englisch bedient werden. Fahrplan-Recherchen und Buchungen sind sehr einfach online möglich.
Sobald ihr in einen Zug steigt, müsst ihr gleich an der Tür den QR Code eures Tickets scannen, um die Fahrkarte zu entwerten. Die Züge haben alle gut funktionierendes Wlan.
Tickets können bis zu 30 Tage im Voraus gebucht werden.

Ticket der litauischen Bahn LTGLink. Der QR-Code muss beim Betreten des Zuges gescannt werden.
Die Regionalzüge können auch recht spontan gebucht werden. Für die Verbindung nach Riga und Tallinn sollte man frühzeitig buchen, da die Strecke sehr beliebt ist. Der Zug ist auch (noch?) ziemlich kurz, das heißt, es gibt nicht viele Plätze. Ich könnte mir vorstellen, dass LTG Link auf lange Sicht längere Züge auf der Strecke einsetzen wird.

Hauptbahnhof von Vilnius
Weitere Reisemöglichkeiten mit dem Zug in Litauen
Wer ein paar mehr Tage zur Verfügung hat oder eben über Klaipeda anreist, sollte die kurische Nehrung auf jeden Fall besuchen. Mich wurmt es sehr, dass ich sie ausfallen lassen musste – zu gerne hätte ich sie gesehen.
Der Schnellzug zwischen Vilnius und Klaipeda braucht etwa vier Stunden.
Eine Nehrung ist ein schmaler Sandstreifen, der ein Haff vom offenen Meer abtrennt. Die kurische Nehrung ist wohl eine der bekanntesten. Der 98 km lange und höchstens 3,8 km breite Sandstreifen ist geteilt zwischen Russland (der südliche Teil mit 46 km) und Litauen (nördlicher Teil mit 52 km).
Die kurische Nehrung mit ihren Dünenlandschaften ist seit 2000 UNESCO-Naturerbe.
Bekannt ist v.a. auch, dass die Familie Mann hier ein Haus hatte und von 1930 bis 1932 hier ihre Sommer verbrachte.
Weiterlesen über die Kurische Nehrung:

Regionalzug von LTGLink
Auch wenn der Zug bis Šiauliai fährt, so ist es doch nicht wirklich bequem, per Zug den berühmten der Berg der Kreuze zu besuchen. Der Berg ist vom Bahnhof noch 13 km entfernt. Man kann mit Bussen bis Tautiniai fahren, muss dann aber immer noch 1,5 Stunden zu Fuß gehen. Dafür muss man also auch etwas mehr Zeit einkalkulieren.
Unterkunft in Vilnius
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Ich selbst wohnte mehrere Nächte im Mai Ram Yoga House*, das ich wärmstens empfehlen kann. Ein großes Zimmer, in sehr ruhiger aber zentraler Lage. Es gibt kein Frühstück, aber die Lage ist so zentral, dass es absolut kein Problem ist, etwas zu Essen zu bekommen. Zudem gibt es auch eine kleine Küche, die den Gästen zur Verfügung steht, wo man sich Kaffee und Tee kochen und den Kühlschrank nutzen kann.
Baltikum mit dem Zug, Station 2: Lettland
Riga ist die größte Stadt des Baltikums – und ehrlich gesagt fand ich auch, dass sie am großstädtischsten wirkte. Sie wirkte irgendwie „rauher“ als Vilnius und Tallinn, dreckiger und lauter – zumindest in einigen Ecken, etwa rund um den Bahnhof. Die wunderschöne Altstadt steht den anderen beiden baltischen Hauptstädten in nichts nach. Wie Vilnius und Tallinn, ist auch Riga UNESCO-Weltkulturerbe – besonders aus zwei Gründen: Aufgrund seiner traditionellen Holzhäuser und aufgrund der prächtigen Jugendstil-Häuser.
Wer als Fotograf nach Riga fährt, sollte auch ein gutes Zoom-Objektiv nicht vergessen, denn die vielen Einzelheiten an den Jugendstil-Fassaden wollen fotografiert werden!
Der Ausflug ins Kalnciems-Viertel von Riga, wo man noch einige besonders schöne Holzhäuser besichtigen kann, war dagegen für mich persönlich etwas enttäuschend. Von der Bushaltestelle geht man entlang einer stark befahrenen mehrspurigen Straße zu einer kleinen Gruppe von Holzhäusern. Wahrscheinlich würde ein Besuch eher lohnen, wenn gerade Markt ist.
Dort, wo im Jahr 1201 Riga gegründet wurde, gab es bereits eine Siedlung der Liven. Die Siedlung lag verkehrsgünstig an der Mündung des Flusses Düna (lettisch: Daugava) in die Rigaer Bucht. Deshalb wurde hier schon vor der Stadtgründung Handel betrieben.
Es war Albert von Buxthoeven, der als Bischof von Livland und ab 1201 auch als Bischof von Riga, die Stadt als wichtigen Handelshafen etablierte, so dass die Rigaer Bürgerschaft bald zu Reichtum und Einfluss kam. Bereits ab den 1220er Jahren ist der Rigaer Stadtrat erwähnt.
Anders als Polen und Litauen wurde Riga bereits 1522 protestantisch und erwehrte sich auch der gegenreformatorischen Vorstöße, als es 40 Jahre unter polnisch-litauischer Herrschaft stand. 1621 wurde Riga von König Gustav Adolph eingenommen und genoss als eine der wichtigsten Städte Schwedens große Freiheiten und weitgehende Selbstverwaltung. Hundert Jahre später fiel Riga an das zaristische Russland.
Riga blieb eine reiche Handelsstadt, auch im Zeitalter der Industrialisierung. Die Zusammensetzung der Einwohner Rigas war immer bunt gemischt: Letten, Deutsche, Russen stellten die größten Gruppen, aber es gab auch bedeutende jüdische und polnische Minderheiten.
Rigas Altstadt ist geprägt vom Reichtum als Hansestadt. Prächtige Wohnhäuser reicher Kaufleute, sowie Speicher-, Handels-, und Gildenhäuser findet man zahlreich in der Stadt. Das Schwarzhäupterhaus am Rathausplatz – nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut – mit seiner prächtigen backsteingotischen Fassade war ebenfalls Versammlungsort einer Kaufmanns-Compagnie. (Die Fassade war so prächtig, dass ich mich wirklich nicht sattsehen und sattfotografieren konnte – deshalb ist es bei meinen Fotos auch etwas überrepräsentiert)
Seit 1995 gehört Riga zum UNESCO-Welterbe. Einmal aufgrund seiner zahlreichen Jugendstilbauten – ein Hinweis darauf, dass Riga auch an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert über eine reiche Bürgerschaft verfügte.
Ein weiterer Grund für die Aufnahme in die Welterbeliste sind die traditionellen Holzhäuser. Zar Peter der Große hatte das Verbot erlassen, außerhalb der Stadtmauer Steinhäuser zu errichten. Im Kriegsfalle konnte man so die Häuser in den Vorstädten niederbrennen (was unter anderem 1812 geschah, als man fürchtete, Napoleons Armee könnte Riga angreifen) – damit verloren die Belagerer Deckungsmöglichkeiten.
Heute sind etwa 500 Holzhäuser in die UNESCO-Liste eingeschrieben.
Weiterlesen über Riga:
Von Riga aus unternahm ich einen Tagesausflug, der mich zuerst in den Kemeri-Nationalpark führte – unangefochten eines der absoluten Highlights meiner Reise. Der Zug fährt einmal stündlich und benötigt ziemlich genau eine Stunde. Um dann den Nationalpark genießen zu können, muss man entweder wandern, oder man mietet sich im Kemeri-Hotel ein Fahrrad. Zugegeben, mein Rad hatte schon mal bessere Zeiten gesehen, aber da es völlig eben dahin ging, tat es mir dennoch sehr gute Dienste und ich konnte die vier Kilometer bis zum Bohlenweg durch das Moor sehr viel schneller und bequemer zurücklegen. Anschließend radelte ich noch bis zum Slokas See nördlich des Bahnhofs.
Den Besuch des Moores kann ich nur empfehlen – ich war völlig verzaubert. Allerdings hatte ich auch wirklich viel Glück mit dem Wetter. Obwohl während meiner Tage in Lettland das Wetter wirklich sehr unbeständig war und mehrere starke Gewitter durchzogen, hatte ich an diesem Tag das beste Licht, welches das Moor in prächtigen Farben leuchten ließ. Aber überzeugt euch selbst:
Der Kemeri Nationalpark mit einer Fläche von etwa 38 ha ist einer von vier lettischen Nationalparks. Zentrum ist der ehemalige Kurort Kemeri, der aufgewertet und restauriert wird und zu alter Pracht gebracht werden soll.
Der Großteil des Nationalparks ist bewaldet. Seen, Flüsse und Moore bieten vielen Tier- und Pflanzenarten ideale Lebensbedingungen.
Seit 1957 waren bereits einige Zonen geschützt. Der heutige Nationalpark wurde 1997 gegründet.

Bahnhof in Kemeri. Von hier aus sind es vier Kilometer zum großen Moor. Am besten mietet man sich ein Fahrrad
Auf dem Rückweg von Kemeri stieg ich in Majori aus, um in Jurmala an den Strand zu gehen. Hier traf ich Phil wieder, einen jungen Franzosen, den ich am Abend zuvor in einer Bierkneipe in Riga getroffen hatte. Wie ich, reiste auch er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Baltikum. Seine Reise hatte in Tallinn begonnen und sollte ihn nach Vilnius weiterführen – er reiste also in die entgegengesetzte Richtung und wir trafen uns sozusagen in der Mitte. Wie ich auch, war er etwas auf der Suche nach Anschluss. Die Balten sind zwar supernette Leute und sobald man mal mit einem ins Gespräch kommt, kann man sich auch gut unterhalten – so einfach passiert dies aber nicht. Einfach mal ein bisschen Smalltalken, wie etwa in Italien, geschieht im Baltikum nicht ganz so nebenbei. Deshalb waren Phil und ich froh, uns gefunden zu haben, und hatten uns gleich für den nächsten Tag in Jurmala am Strand verabredet, wo wir uns noch einen Drink und anschließend ein Abendessen gönnten.

Am Strand in Jurmala: Einfach erreichbar mit dem Zug von Riga
Nach einigen Tagen in Riga fuhr ich weiter nach Sigulda. Ich hatte mir die Zwischenhalte des Zuges Vilnius-Riga-Tallinn angeschaut und mir überlegt, welche davon für eine oder zwei Nächte interessant waren. Ich entschied mich für eine Nacht in Sigulda und zwei Nächte in Cesis. Beide Städte liegen im Gauja-Nationalpark, den ich besuchen wollte. In beiden Fällen buchte ich einen Regionalzug über vivi.lv. Die Fahrt von Riga nach Sigulda dauerte 1.10 Stunden und kostete 2,50 € – es wäre also auch gut als Tagesausflug ab Riga machbar.
Die Fahrt nach Cesis am nächsten Tag dauerte eine halbe Stunde und kostete 2,60 €. (Von Riga nach Cesis würde man 4,40 € zahlen).
In Sigulda kam ich Vormittags an, ließ meinen Koffer im Hotel und wanderte durch die Wälder, vorbei an der Gutmannshöhle, bis zur Burg Treyden (Turaidas Pils) und von dort zurück zum Schloss von Sigulda, insgesamt eine Tour von etwa 13 Kilometern. Die nicht unerheblichen Höhenmeter wurden meist auf recht steilen Treppenwegen überwunden.
Zugegeben: Die Gutmannshöhle, die mit ihren 19 Metern Tiefe und zehn Metern Höhe die größte Lettlands ist, wirkt erst mal nicht SO beeindruckend, wenn man schon deutlich größere Höhlen gesehen hat. Trotzdem zieht sie zahlreiche Touristen an, die sich die Höhle mit der kleinen Wasserquelle anschauen und die vielen eingeritzten Namen der letzten Generationen betrachten (die älteste noch sichtbare von 1667). Ein halber Meter Sandstein wurde durch die vielen Graffitti bereits abgetragen (deshalb ist das Einritzen heute natürlich strengstens verboten!)
Grund für die Beliebtheit ist, dass die Höhle eng mit einer in Lettland populären Sage verknüpft ist – die Sage um die Rose von Turaida:
Maija war eine Waise, die im 17. Jahrhundert vom Burgschreiber der nahegelegenen Burg Turaida aufgezogen wurde und – wie es sich gehört – zu einer großen Schönheit heranwuchs, was ihr den Beinamen „Rose von Turaida“ einbrachte. Als junge Frau verliebte sie sich in den Gärtner Viktor Heil. Die beiden trafen sich heimlich in der Gutmannshöhle und planten bereits ihre Hochzeit. Doch Viktor war nicht der Einzige, der ein Auge auf die schöne junge Frau geworfen hatte. Auch der polnische Söldner Adam Jakubovski wollte Maija heiraten, was sie aber ausschlug. Aus Eifersucht lockte er sie in die Gutmannshöhle, indem er behauptete, Viktor wolle sie dort treffen. In Wirklichkeit wurde sie von Adam erwartet, der sie überfiel und vergewaltigen wollte.
Maija behalf sich mit einer List. Wenn er sie gehen ließe, würde sie ihm ihr Halstuch schenken, dass den Träger unverwundbar machte. Adam zweifelte, aber sie bot ihm an, die Wirkung an ihr zu erproben – was er tatsächlich tat und sie dabei tödlich verwundete.
Viktor fand am Abend die Leiche seiner Verlobten und nach deren Beisetzung kehrte er nach Deutschland, seine Heimat, zurück. Adam selbst erhängte sich.
Maijas Grab kann man noch immer in der Burg Turaida besichtigen. Angeblich grünt dort noch immer die Linde, die Viktor vor seiner Abreise gepflanzt hatte.
Die Burg Turaida selbst geht auf eine Holzburg eines Livenführers zurück. Albert, der Bischof von Riga, ließ sie ab 1214 durch eine steinerne Anlage ersetzen. Im 18. Jahrhundert wurde sie durch ein Feuer zerstört und seit den 1970er Jahren werden hier archäologische Untersuchungen durchgeführt und die Burg restauriert und zum Teil rekonstruiert.
In Cesis blieb ich zwei Nächte. Am ersten Tag durchstreifte ich die Gässchen der hübschen kleinen Altstadt und blieb dann stundenlang in der Bar Mala hängen – der mit abstand coolsten Kneipe auf meiner ganzen Baltikum-Reise, angesiedelt in einer ehemaligen Brauerei. (Link zu Google Maps)
Am nächsten Tag mietete ich mir ein E-Bike bei Eži. Das Rad war doch sehr viel besser in Schuss als jenes, welches ich in Kemeri gemietet hatte und so radelte ich für einen halben Tag durch den Gauja-Nationalpark zu den Ērgļu-Felsen.

Mala in Cesis: die coolste Kneipe, die ich auf dieser (an coolen Kneipen nicht armen Reise) gefunden habe
Weiterlesen über den Gauja-Nationalpark, Sigulda und Cesis:
Leider hatte ich am Morgen im Hotel einen kleinen Unfall und mir – mal wieder – den Knöchel verknackst. Es kam mir im ersten Moment gar nicht so schlimm vor, weshalb ich dann trotz allem zu meiner Radtour aufbrach, nur um dann unterwegs festzustellen, dass der Knöchel mehr und mehr schmerzte und begann, sich zu versteifen. Ich schaffte es gerade noch so zurück ins Hotel und danach ging gar nichts mehr. Im Laufe der nächsten Stunden wurde es so schlimm, dass ich schon mit dem Gedanken spielte, die Reise komplett abzubrechen. Ich telefonierte bereits mit der Versicherung wegen eines Rücktransports. Mit Hilfe der Hotelangestellten schaffte ich es ins kleine Krankenhaus von Cesis, wo man immerhin feststellte, dass nichts gebrochen war und mir die nötigen Unterlagen für die Versicherung aushändigte. In einer Apotheke erstand ich ein Paar Krücken.
Im Laufe der Nacht wurde es immerhin in soweit besser, dass ich beschloss, meine Reise nicht abzubrechen, sondern nur zu ändern – aber dazu dann im nächsten Abschnitt mehr.
Zugfahren in Lettland: Wissenswertes
Die lettische Zuggesellschaft heißt Vivi. Die Webseite kann auf Lettisch und Englisch bedient werden. Fahrplan-Recherchen und Buchungen sind sehr einfach online möglich. Achtung: Im Hauptbahnhof in Riga gibt es keine Fahrkarten-Automaten: Ihr müsst die Tickets dort an einem Schalter kaufen – oder eben online buchen.
Sobald ihr in einen Zug steigt, müsst ihr gleich an der Tür den QR Code eures Tickets scannen, um die Fahrkarte zu entwerten. Die Züge haben alle gut funktionierendes Wlan.
Tickets für Regionalzüge können erst 10 Tage im Voraus gebucht werden.
Die Regionalzüge können auch hier in Lettland recht spontan gebucht werden.
Für die Verbindung von LTGLink (litauische Bahn) von Riga nach Vilnius und Tallinn sollte man frühzeitig buchen, da die Strecke sehr beliebt ist. Der Zug ist auch (noch?) ziemlich kurz, das heißt, es gibt nicht viele Plätze. Ich könnte mir vorstellen, dass LTG Link auf lange Sicht längere Züge auf der Strecke einsetzen wird. Tickets für diese Verbindungen sind bis zu 30 Tage im Voraus buchbar.

Ankunft am Bahnhof in Riga
Weitere Reisemöglichkeiten mit dem Zug in Lettland
Viele weitere Möglichkeiten für Reisen und Ausflüge mit dem Zug in Lettland findet ihr auf dem Blog Zugpost.
Unterkünfte in Riga, Sigulda und Cesis
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In Riga wohnte ich im Forums Boutique Hotel*. Die Lage war ideal: wenige Minuten zur Altstadt, wenige Minuten zum Bahnhof. Das Hotel selbst war sauber, das Frühstücksbuffett gut. Einziges Manko: In der Straße gab es einige Kneipen und Clubs, so dass bis Spätnachts Menschen auf der Straße saßen und standen. Die Zimmerfenster waren zum Glück sehr gut isoliert. Mit offenem Fenster kann man in den straßenseitigen Zimmern allerdings nicht schlafen.
In Sigulda verbrachte ich eine Nacht im einfachen, aber sauberen City Center Kaķis B&B.* Im zugehörigen Restaurant konnte man bodenständig, gut und günstig essen und das Frühstück war wirklich großartig. Voll Empfehlung. Gleich unten drunter gibts auch eine sehr gute Cocktailbar. Es gibt keinen Aufzug in der Unterkunft.
In Cesis wiederum stieg ich im hübschen Hotel Cesis* ab. Das größte Manko war wohl, dass es ein paar Stufen im Zimmer gab, auf denen ich mir dann gleich den Knöchel verknackste… aber das kann man wohl kaum dem Hotel anlasten. Als ich meinen Unfall hatte, waren die Angestellten und die Managerin schnell zur Stelle, um mir zu helfen! Die Lage ist auch hier sehr gut, direkt am Park, wenige Schritte von der Altstadt.

Regionalzug von vivi in Lettland
Baltikum mit dem Zug, Station 3: Estland
Der ursprüngliche Plan war, von Cesis nach Tartu in Estland zu fahren, dort wollte ich zwei Nächte bleiben, um von dort nach Tallinn zu fahren.
Mein kaputter Knöchel machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich beschloss, es zumindest irgendwie mit Krücken und Koffer nach Tallinn zu schaffen. Das Problem war nur: Ich hatte schon vor einem Monat das Ticket Cesis-Tartu über LTG Link gebucht und die Verbindung weiter nach Tallinn war längst ausgebucht. Allerdings stellte sich heraus, dass ich denselben Zug auf dieser Strecke auch über den estnischen Bahnbetreiber Elron buchen konnte. Ich nahm also mein LTG Link-Ticket bis Tartu und blieb dann mit einem Elron-Ticket im Zug bis Tallinn.
Weiterlesen über Tartu:
Bis zum Bahnhof von Cesis brachte mich die Managerin meines Hotels im Auto. Sie hatte auch gleich einem anderen Gast, Jacqueline aus den Niederlanden, angeboten, sie ebenfalls im Auto mit zum Bahnhof zu nehmen – und Jacqueline nahm sich nun bis Tallinn meiner an und half mir mit dem Koffer.

Ankunft in Tallinn bei meiner Reise mit dem Zug durchs Baltikum
Von Estland sah ich deshalb leider nur die Hauptstadt, aber die gefiel mir ausnehmend gut. Tallinn ist wirklich ein schmuckes Städtchen. Wie die anderen beiden baltischen Hauptstädte auch, ist es zwar ziemlich touristisch, aber es wirkte auf mich nie überlaufen (genausowenig wie Riga oder Vilnius – ich will allerdings nicht leugnen, dass das damit zu tun haben könnte, dass neben Florenz sehr wenige Städte wirklich überlaufen wirken und meine Wahrnehmung in den letzten Jahren sich ziemlich verschoben hat).
In Tallinn hatte ich dann noch das Glück, AC/DC live zu sehen – und zwar auf den berühmten Tallinn Song Festival Grounds – dem Gelände, wo alle fünf Jahre das Tallinner Liederfest stattfindet. Eine wirklich riesengroße Anlage, bei der alleine auf der Bühne bis zu 15.000 (!!) Sänger Platz finden. Bei AC/DC waren es ungefähr 65.000 Zuschauer.
Tallinns von der UNESCO geadelte Altstadt ist fein herausgeputzt und präsentiert sich stolz innerhalb der alten Stadtmauern mit den vielen Türmen, die noch zur Hälfte erhalten ist. Die Ursprünge der Stadt gehen auf das 11. Jahrhundert zurück – auf eine Burg auf dem heutigen Domberg, der sich 48m über der Unterstadt erhebt. Domberg und Unterstadt waren getrennte Einheiten: Oben saßen Bischof und politische Vertreter von Deutschorden und Ritterschaft. Heute ist hier der Sitz des Parlaments und der Regierung
Unten lebte der Großteil der Einwohner, dort war auch das Handelszentrum. Die beiden Stadtteile waren auch in Bezug auf die Verwaltung getrennt.
Wer auf den Domberg möchte, kann heute noch durch ein Tor, denn der Domberg war noch einmal extra befestigt. Hier mal einige Bilder vom Domberg – mit dem lutherischen Dom und der russisch-orthodoxen Alexander-Newski-Kathedrale.
Wie auch Riga und Vilnius, so hatte auch Tallinn eine bewegte Geschichte mit wechselnden Herrschaften: Im 13. Jahrhundert die Dänen, später die Deutschen – v.a. Kaufleute und Ordensritter – dann Schweden und schließlich Russen. Durch den Beitritt zur Hanse wurde Tallinn mit seinem Ostseehafen reich. Wie die baltischen Nachbarn, war auch Estland von 1918 bis zum Zweiten Weltkrieg unabhängig und wurde – nach deutscher Besatzung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung – schließlich sowjetisch besetzt.
Die „singende Revolution“ der Balten erlangte Berühmtheit: Hundertausende in den drei baltischen Ländern gingen singend auf die Straßen. In Estland war dies eng verknüpft mit dem Liederfest und dem Sängerfestplatz – den Song Festival Grounds (wo auch AC/DC spielte): Das erste estnische Liederfest gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, also noch zu der Zeit, als Estland zum zaristischen Russland gehörte. Besonders ab der Unabhängigkeit wurden die regelmäßig stattfindenden Liederfeste aber zunehmend ein Ausdruck estnischer Identität und estnischen Nationalbewusstseins. So auch am Ende der Sowjetunion, als sich auf dem Sängerfestplatz 300.000 Esten zusammenfanden, um gemeinsam ihre verbotene Nationalhymne zu singen.
(Übrigens machen die Esten, ebensowenig wie ihre Nachbarn in Litauen und Lettland, aus ihrer Unterstützung der Ukraine keinerlei Hehl. In allen drei Ländern sieht man zahlreiche offizielle wie private Solidaritätsbekundungen)
Tallinn ist eine touristische, aber doch entspannte Stadt. Durch ihren Hafen ist sie auch ein populärer Stopp bei Kreuzfahrten. Neben der schmucken Innenstadt hat sie aber noch mehr zu bieten:
„Jenseits der Altstadtmauern zeigt die estnische Hauptstadt ihr zweites Gesicht: das einer bommenden europäischen Metropole, die – von den Fesseln des Kommunismus befreit – Versäumtes im Eiltempo nachgeholt hat. Riesige Einkaufszentren, neue Bürohäuser und Gewerbegebiete sollen das Wirtschaftswachstum auch in Zukunft sichern.“ (Bauermeister et. al., S. 352). Dazu kommen hippe Viertel wie Telliskivi in Kalmaja mit Clubs, Kneipen und Restaurants, in denen es von jungen Leuten verschiedenster Herkunft nur so wimmelt.
Weiterlesen über Tallin:
Zugfahren in Estland: Wissenswertes
Auch die Züge von Elron verfügen über gut funktionierendes Wlan. Die Tickets können bis zu acht Tage im Voraus gebucht werden. Die Webseite ist auf estnisch, russisch und englisch bedienbar. Die Recherche der Fahrpläne und die Buchung von Tickets ist sehr einfach online möglich.
Wer von Lettland nach Estland fährt, passiert dabei den Grenzbahnhof Valga – auf lettisch Valka. Die Stadt ist zweigeteilt und hat demnach eine lettische und eine estnische Seite. Der Bahnhof liegt allerdings deutlich in Estland. Hier müssen wir alle aussteigen, denn von hier aus bringt uns ein Zug der estnischen Bahn weiter, der wenige Minuten nach unserer Ankunft auf dem direkt gegenüberliegenden Gleis einfährt. Die meisten Passagiere, die aus ihm aussteigen, steigen sofort ein in den Zug, der wieder nach Riga und weiter nach Vilnius zurückfährt. Alles greift nahtlos ineinander. Zeit verliert man hier nicht.

Am Bahnhof in Valga: Eine Stadt, zwei Länder – so der Slogan
Im Zug Vilnius-Riga-Valga hat jeder Passagier eine Sitzplatzreservierung. Ab Valga nicht mehr. Man kann sich einfach auf jeden verfügbaren freien Platz setzen. Die Fahrt bis Tartu dauert knapp eine Stunde und kostet 6,50 €, bis Tallinn dauert es 3:47 Stunden und kostet 19,50 €.
Abgesehen vom LTG Link (bzw. vom Zug, der vom Fahrplan her an den LTG Link angepasst ist) gibt es mehrmals täglich Regionalzugverbindungen von Valga über Tartu nach Tallinn.
Wie ich bereits oben schrieb: Wenn der Zug bei LTGLink bereits ausgebucht ist, ist es trotzdem noch möglich, ein Ticket für die estnische Strecke bei Elron zu buchen.
Weitere Reisemöglichkeiten mit dem Zug in Estland
Auch für Reise- und Ausflugsmöglichkeiten mit dem Zug in Estland verweise ich euch auf den Beitrag vom Blog Zugpost.

Balti Jaam – der „baltische Bahnhof“ in Tallinn
Unterkünfte in Tartu und Tallinn
Hier Hotels in Estland ansehen und buchen*
In Tartu wollte ich eigentlich im Villa Margaretha Boutique Hotell* absteigen, was durch meinen Unfall leider vereitelt wurde.
In Tallinn hatte ich aufgrund der spontanen Planänderung zwei Hotels. Zuerst blieb ich einige Nächte im Hotel Regent Tallinn.* Normalerweise hätte ich mir wahrscheinlich nicht so ein relativ teures Hotel gegönnt, aber aufgrund der sehr spontanen Buchung und meiner eingeschränkten Mobilität, tat ich es hier doch. Das Hotel liegt superzentral, aber ruhig. Das Zimmer war groß und geräumig und es gab einen kleinen Spa-Bereich, von dem ich auch spätabends noch Gebrauch machen konnte.
Dann siedelte ich um in meine ursprünglich gebuchte Unterkunft. Auch dies war eine Unterkunft, die ich wahrscheinlich normalerweise nicht gebucht hätte – ich versuche es in touristischen Städten zu vermeiden, Ferienwohnungen zu buchen. Da aber an meinem geplanten Anreisetag in Tallinn AC/DC spielte, waren die meisten Unterkünfte bereits ausgebucht (ich wusste ursprünglich gar nichts von dem Konzert). Ich fand eine schöne Wohnung in Kalmaja*, einem schönen Viertel mit alten Holzhäusern auf der anderen Seite des Bahnhofs. Kalmaja ist ein Viertel, in dem unglaublich viel passiert und man da Gefühl hat, dass hier ständig Neues entsteht. Unweit der (sehr ruhig gelegenen!) Wohnung gibt es in der Creative City Telliskivi unzählige Lokale, Restaurants und Pubs. Hier kann man ganze Abende verbringen und sich gut unterhalten.
⭐ Reiseführer für das Baltikum
Normalerweise greife ich ja immer und sehr überzeugt zu den Reiseführern aus dem Michael Müller-Verlag. Leider gab es keinen Reiseführer, der alle drei baltischen Länder abdeckte. Es gibt bisher lediglich einen Städte-Reiseführer von Tallinn*
Für diese Reise hatte ich mir deshalb den Baltikum-Reiseführer aus dem DuMont-Verlag geholt:
Christiane Bauermeister, Christian Nowak, Eva Gerberding: Baltikum, DuMont Reise-Handbuch, 6. aktualisierte Auflage, DuMont Reiseverlag, 2023.
Ihr könnt ihn hier auf Amazon bestellen* oder hier online im Buchhandel
Offenlegung:
Die Reise wurde selbständig finanziert und organisiert.
Ich verwende in diesem Beitrag sogenannte Affiliatelinks (Werbelinks), die mit einem * gekennzeichnet sind. Wenn ihr über einen dieser Links eine Buchung tätigt, erhalte ich dafür eine kleine Provision.
Weiterlesen über Zugreisen
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Sehr schöner Reisebericht. Ich war schon in allen drei Ländern. Tallinn hat mir am meisten gefallen, aber auch der Rest ist sehr schön!
Ja, Tallinn mochte ich auch. Mein Favorit war allerdings Vilnius 🙂
Danke für den tollen Bericht. Ich war schon so oft im Baltikum, nächstes Mal möchte ich es mit dem Zug schaffen. Vielen Dank für die Anregung!
Falls du es schaffst, würde ich mich über eine Rückmeldung zur Anreise freuen 🙂
Liebe Ilona,
ein sehr spannender Reisebericht, der einem mal wieder klar macht, dass Zugfahren fast überall in Europa Spaß machen kann, von Deutschland einmal abgesehen. Züge, Buchungsmodalitäten und die Unkompliziertheit des Ganzen erinnern uns gerade sehr an Tschechien. Ob’s uns Warmduscher in den nächsten Jahren mal ins Baltikum zieht, ist mehr als ungewiss, trotzdem hast du uns wirklich Laune gemacht. Dem Knöchel geht’s hoffentlich auch wieder besser?
Herzliche Grüße aus Berlin
Gabi und Michael
Ach, im Sommer ists da gar nicht kalt 😀 😉
Nein wirklich, das Baltikum hat mir ausnehmend gut gefallen. Rentiert sich auf jeden Fall.
Wow, danke für diesen ausführlichen Bericht. Wir sind auch immer mit dem Zug unterwegs und haben tatsächlich erst am Wochenende darüber gesprochen, auch mal ins Baltikum zu fahren. Ich freue mich zu lesen, dass das auch ohne Auto so unkompliziert möglich ist! Wenn es soweit ist und ich an der Planung sitze, komme ich garantiert hierher zurück, um mir die besten Tipps noch einmal durchzulesen. Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. 🙂
Kann ich nur empfehlen. Das Baltikum ist recht einfach mit dem Zug zu bereisen. Aber natürlich muss mann dann einfach akzeptieren, dass man nicht überall hinkommen kann… aber das ist ja immer so.
Hach, diese Reise mach ich dir sicherlich auch mal nach! Bis jetzt habe ich Lettland und Estland jeweils auf eigenen Reisen ein wenig kennengelernt. Aber so eine Zugfahrt durch das ganze Baltikum steht ganz oben auf meiner Wunschliste. 🙂