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München ist heute eine Stadt, die bei den wenigsten Menschen Assoziationen von großer Politik, Revolution, Umstürzen und Aufmüpfigkeit gegenüber dem politischen Status Quo hervorruft. Im Gegenteil: München gilt als ziemlich bieder, als bourgeois. Die Stadt gilt als politisch konservativ und eher zahm.
Das war nicht immer so. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war München eine Stadt, die lebte, die brummte, in der sich etwas tat – in der Geschichte geschrieben wurde. Hier wurde die erste deutsche Republik ausgerufen, hier war „die Hauptstadt der Bewegung“ der Nazis und hier bildete sich auch Widerstand gegen den NS-Terror.
In diesem Artikel nehme ich euch mit zu sieben Orten in München, an denen im 20. Jahrhundert Geschichte geschrieben wurde.
Inhalt
7 Orte in München, an denen im 20. Jahrhundert Geschichte geschrieben wurde
Ich muss vorweg schicken, dass es einige der Gebäude, in denen in München Geschichte geschrieben wurde, heute nicht mehr gibt. Einige davon wurden während der Bombardierungen des Zweiten Weltkrieges zerstört. Andere wurden erst viel später abgerissen und völlig neu errichtet.
Orte der Münchner Revolution von 1918/19
Was in den Jahren 1918/19 in München passierte, erscheint uns heute völlig unvorstellbar. In München wurde der erste deutsche Bundesfürst gestürzt, nämlich König Ludwig III. von Bayern in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918. Hier wurde die erste Republik Deutschlands ausgerufen, der Freistaat Bayern – ebenfalls in dieser Nacht. Die Ausrufung der deutschen Republik in Berlin und die Absetzung des Kaisers erfolgten erst am 9. November.
Alles hatte in Kiel begonnen – mit einem Aufstand der Matrosen Ende Oktober. Der Krieg war offensichtlich verloren, dennoch war ihnen befohlen worden, auszulaufen. Die Matrosen meuterten, es kam zu einer Revolte, die sich im ganzen Reich ausbreitete und auch München erreichte.
Mathäser-Bräu: Gründungsort des Freistaates Bayern
Am 7. November 1918 kam es zu einer Großdemonstration auf der Münchner Theresienwiese, dem Ort an dem bis heute das Oktoberfest gefeiert wird. Damals versammelten sich hier 60.000 Personen, um sich verschiedene pazifistische Kundgebungen anzuhören. Auch Kurt Eisner gehörte zu den Rednern.
Einige tausend Leute spalteten sich von der Großkundgebung ab und zogen mit Eisner durch die Straßen Münchens. Sie besetzten strategisch wichtige Punkte: Kasernen, wo sich die Soldaten ihnen zum großen Teil anschlossen, den Hauptbahnhof, Regierungsgebäude… König Ludwig III. floh nachts heimlich mit seiner Familie aus München und entband die Beamten wenige Tage später – am 12.11. – von ihrem Eid.
Am Abend des 7.11.1918 traf man sich im beliebten Bierlokal des Mathäser-Bräus. Überhaupt spielten große Bierhallen eine bedeutende Rolle als Versammlungsorte. Das wird sich auch in diesem Artikel noch zeigen.
Im Mathäser, wurde der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat gegründet, der fortan als provisorische oberste Behörde der neuen Republik fungieren sollte.
Hier – gut bayerisch im Tabak- und Bierdunst – nahm die bayerische Republik ihren Anfang.
Das Mathäser-Bräu wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und ab 1957 wurde hier die Mathäser-Bierstadt errichtet. Später gab es an dieser Stelle die Mathäser-Kinos mit dem größten Kinosaal Münchens. Aber auch dieses Gebäude existiert nicht mehr. 1998 wurde es abgerissen und ein moderner Glasbau errichtet. Noch heute befindet sich an diesem Platz zwischen Hauptbahnhof und Stachus das Mathäser-Kino und eine Einkaufspassage. Darin erinnert eine Stele an die Geschichtsträchtigkeit des Ortes.
Ausrufung der ersten bayerischen Republik in der Prammerstraße
Die Ausrufung des Freistaates Bayern erfolgte in der gleichen, schicksalsträchtigen Nacht vom 7. auf den 8. November 1918.
Kurt Eisner war der Mann der Stunde, auch wenn er dazu nicht unbedingt durch kühle Berechnung und lange Planung wurde, sondern weil er in der Lage war, am 7. November die Gunst der Stunde zu nutzen.
Gegen Mitternacht proklamierte er im Landtag in der Prammerstraße den „Freien Volksstaat Bayern“ und wurde zum Ministerpräsidenten gewählt.
Damit war die bayerische Monarchie und die tausendjährige Herrschaft der Wittelsbacher endgültig Geschichte – und das ohne jegliches Blutvergießen.
Das furchtbare Schicksal, das über das deutsche Volk hereingebrochen, hat zu einer elementaren Bewegung der Münchener Arbeiter und Soldaten geführt. Ein provisorischer Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat hat sich in der Nacht zum 8. November im Landtag konstituiert. Bayern ist fortan ein Freistaat.
Eine Volksregierung, die vom Vertrauen der Masse getragen wird, soll unverzüglich eingesetzt werden. Eine konstituierende Nationalversammlung, zu der alle mündigen Männer und Frauen das Wahlrecht haben, wird so schnell wie möglich einberufen werden. Eine neue Zeit hebt an! Bayern will Deutschland für den Völkerbund rüsten. Die demokratische und soziale Republik Bayern hat die moralische Kraft, für Deutschland einen Frieden zu erwirken, der es vor dem Schlimmsten bewahrt. Die jetzige Umwälzung war notwendig, um im letzten Augenblick durch die Selbstregierung des Volkes die Entwicklung der Zustände ohne allzu schwere Erschütterung zu ermöglichen, bevor die feindlichen Heere die Grenzen überfluten oder nach dem Waffenstillstand die demobilisierten deutschen Truppen das Chaos herbeiführen.
Der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat wird strengste Ordnung sichern. Ausschreitungen werden rücksichtslos unterdrückt. Die Sicherheit der Person und des Eigentums wird verbürgt. Die Soldaten in den Kasernen werden durch Soldatenräte sich selbst regieren und Disziplin aufrechterhalten. Offiziere, die sich den Forderungen der veränderten Zeit nicht widersetzen, sollen unangetastet ihren Dienst versehen. (…)
Es lebe die bayerische Republik!
Es lebe der Frieden!
Es lebe die schaffende Arbeit aller Werktätigen!
München, Landtag, in der Nacht zum 8. November 1918
Der Rat der Arbeiter, Soldaten und Bauern.
Der erste Vorsitzende: Kurt EisnerAus der Proklamation des Freistaates Bayern
Das Gebäude des Landtages wurde im Krieg durch Bomben zerstört. An der Stelle befindet sich heute das Gebäude Prammerstraße 8. Eine Gedenkplatte sucht man allerdings vergebens.
Wo Kurt Eisner ermordet wurde, der Gründervater der bayerischen Republik
Eisners Traum hielt nicht lange an. Bei den Wahlen am 12. Januar 1919 unterlag seine Partei und bekam nur 2,5% der Wählerstimmen. V.a. die – traditionell konservative – Landbevölkerung blieb „den Roten“ in der Stadt gegenüber skeptisch. Zudem wurde Eisner von rechts wie von links stark kritisiert. Den Linken war er zu versöhnlich, zu wenig radikal. Die Rechten diffamierten ihn aufgrund seiner jüdischen Herkunft.
Am 21. Februar 1919 sollte der neue bayerische Landtag zum ersten Mal zusammentreten. Eisner war auf dem Weg zum Landtagsgebäude, wo er seine Rücktrittsrede halten wollte. Er war immer wieder bedroht worden und seine Freunde fürchteten einen Anschlag. Dennoch schlug Eisner den Vorschlag aus, den rückwärtigen Zugang zu nehmen: „Man kann einem Mordanschlag auf die Dauer nicht ausweichen, und man kann mich ja nur einmal totschießen.“
Am Morgen dieses 21. Februars wurde Kurt Eisner – auf dem Weg zu seinem Rücktritt – von Anton Graf von Arco auf Valley , einem Studenten und Lieutnant auf Urlaub mit zwei Schüssen aus nächster Nähe ermordet.
Man weiß von Arco, dass er ein völkisch-nationaler Antisemit war und Eisner als „Vaterlandsverräter“ hasste. „Eisner ist Bolschewist, er ist Jude, er ist kein Deutscher, er fühlt nicht deutsch, untergräbt jedes vaterländische Denken und Fühlen, ist ein Landesverräter“, so lautete seine Begründung. Bis heute wird viel spekuliert, ob er Teil einer größeren Verschwörung gewesen sein könnte.
Arco wurde bei seinem Anschlag selbst verletzt, so dass der Prozess gegen ihn erst fast ein Jahr später stattfand. Der Richter schien Sympathien für seine Beweggründe empfunden zu haben. „Die Handlungsweise des politisch unmündigen Mannes [seien] nicht niedriger Gesinnung, sondern [die] (…) glühende(…) Liebe zu seinem Volke und Vaterlande“, hieß es. Dennoch wurde er erst zum Tode verurteilt, dann zu lebenslanger Festungshaft begnadigt und 1924 entlassen. 1927 erfolgte seine Amnestie.
An Eisners Trauerzug nahmen etwa 100.000 Menschen teil. Die Zahlen übertrafen sämtliche Erwartungen. (Filmaufnahmen des Trauerzuges kann man auf Bavarikon sehen.) Kurt Eisner wurde auf dem Ostfriedhof beigesetzt, sein Grab von dort aber 1933 auf den neuen israelitischen Friedhof verlegt, wobei nationalsozialistische Stadträte bei dieser Aktion maßgeblich beteiligt waren.
An der Stelle in der heutigen Kardinal-Faulhaber-Straße, an der Eisner ermordet wurde, erinnert eine in den Boden eingelassene Platte, die von Erika Maria Lankes gestaltet und 1989 eingeweiht wurde. Sie zeigt die Umrisse des am Boden liegenden Kurt Eisner.
Nach Eisners Tod kehrte politisch keine Ruhe ein – im Gegenteil: Die politische Lage radikalisierte sich. Der neugewählte Landtag flüchtete nach Bamberg. In München wurde Anfang April die Räte-Republik ausgerufen (um genau zu sein: Es wurden zwei unterschiedliche Räte-Republiken ausgerufen), die bereits im Mai mit Gewalt niedergeschlagen wurde. Die Berliner und die bayerische SPD-Regierung setzten dem Traum von der Räte-Republik mit Hilfe von Reichswehr- und rechtsradikalen Freikorps-Truppen ein Ende. So wie auch in Berlin der „Spartakus-Aufstand“ niedergeschlagen worden war.
Bayern blieb Republik – aber die unblutige Revolution von 1918, die das erst möglich gemacht hatte, wurde mit einem Blutbad beendet.
Weiterlesen über die Revolution in München
- Sehr ausführlich hat sich der Bayerische Rundfunk 2019 mit der Revolution in Bayern befasst.
- Die Niederschlagung der Räte-Republik im Mai 1919 auf der Webseite des Bayerischen Rundfunks
- Tod und Beisetzung Kurt Eisners im Historischen Lexikon Bayerns
Buchtipp
Volker Weidermann: Träumer – Als die Dichter die Macht übernahmen. Kiepenheuer&Witsch 2017. 288 S. ISBN: 978-3-462-04714-1
In diesem fast romanartig geschriebenen Sachbuch, erzählt Weidermann von den aufregenden Monaten zwischen November 2018 und April 2019 in München. Dabei lässt er Personen zu Wort kommen, die live dabei waren – in Form ihrer Tagebuchaufzeichnungen, in Form von Briefen, Reden und Notizen: Thomas Mann, Klaus Mann, Oskar Maria Graf, Rainer Maria Rilke, Kurt Eisner und viele mehr kommen hier zu Wort.
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München als „Hauptstadt der Bewegung“ und Widerstand gegen den NS-Terror
Der Aufstieg der Nationalsozialisten begann in München. Deshalb bekam die Stadt in der NS-Propaganda den „Ehrentitel“ „Hauptstadt der Bewegung“ verliehen.
Viele Künstler und Freidenker der Schwabinger Bohème verließen München, viele von ihnen zog es nach Berlin. München wurde zu einer Hochburg rechten Gedankenguts – die Angst vor einer (erneuten) bolschewistischen Revolution in weiten Teilen der Bevölkerung, trug ebenso dazu bei.
Thomas Mann sagte 1926 in einer Rede:
„Wir mußten es erleben, daß München in Deutschland und darüber hinaus als Hort der Reaktion, als Sitz aller Verstocktheit und Widerspenstigkeit gegen den Willen der Zeit verschrien war, mußten hören, daß man es eine dumme, die eigentlich dumme Stadt nannte.
– Zitiert nach Wikipedia
Feldherrnhalle und „Drückebergergässchen“: Nazi-Propaganda und stiller Widerstand
Zwischen 1841 und 1844 wurde die Feldherrnhalle [sic – nicht Feldherrenhalle] als Denkmal für die bayerische Armee errichtet. Offensichtliches Vorbild ist die Loggia dei Lanzi in Florenz.
Unrühmliche Bekanntheit erhielt das Bauwerk durch den sogenannten „Marsch auf die Feldherrnhalle“, wie man den Hitler-Ludendorff-Putsch vom 8./9. November 1923 nannte.
Er begann im Bürgerbräukeller und endete mit einem Marsch der Putschisten durch die Stadt. Sie wollten die „Novemberverbrecher von Berlin“ – wie sie die Regierung der Weimarer Republik in Anspielung auf die Novemberrevolution 1918 nannten – absetzen und eine neue Regierung bilden, der auch Adolf Hitler angehören sollte.
Am Odeonsplatz, wo sich die Feldherrnhalle befindet, wurde der Zug endgültig gestoppt.
Der Putsch der Nationalsozialisten war gescheitert. Mehrere Putschisten, vier Polizisten der bayerischen Landespolizei und ein Schaulustiger waren ums Leben gekommen.
1924 wurde Hitler der Prozess gemacht. Er wurde allerdings nach nur neun Monaten wegen „guter Führung“ wieder aus der Haft entlassen. Währenddessen hatte er die ersten Teile seines Buches „Mein Kampf“ verfasst.
Die beim „Marsch auf die Feldherrnhalle“ getöteten Putschisten wurden von den Nationalsozialisten als „Blutzeugen der Bewegung“ geehrt und der Putschversuch entsprechend propagandistisch ausgeschlachtet. „Und ihr habt doch gesiegt“ – so lautete die Formel, mit der man die frühen „Helden“ der NS-Bewegung ehrte.
An der Feldherrnhalle am Odeonsplatz stand während des Dritten Reiches immer eine Ehrenwache aus zwei bewaffneten SS-Männern. Von jedem, der vorbeikam, wurde der Hitlergruß verlangt.
Einige Münchner versuchten, diesem Hitlergruß zu entgehen, indem sie einen anderen Weg zum Odeonsplatz einschlugen – nämlich über die kleine Viscardigasse, die sich direkt hinter der Feldherrnhalle befindet. Im Volksmund bekam die Straße den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Drückebergergässchen“. Seit 2013 erinnert ein in den Boden eingelassenes Kunstwerk von Bruno Wank an diesen stillen Widerstand der Münchner.
Heute ist die Feldherrnhalle ein beliebter Treffpunkt. Seit 1993 war dort eine Platte im Boden eingelassen, die an die beim Putschversuch verstorbenen Polizisten erinnerte. 2010 wurde sie entfernt und durch eine Gedenkplatte an der Wand der Residenz ersetzt.
Bürgerbräukeller: Georg Elsers einsame Heldentat
Georg Elser, 1903 geboren in Württemberg, war ein Schreiner, der seit 1936 bei der Armaturenfabrik Waldenmaier in Heidenheim angestellt war. Dort erhielt er Kenntnis von den Kriegsvorbereitungen, an denen das Unternehmen beteiligt war.
Er war nie ein Freund der Nationalsozialisten gewesen. Nach Berichten von Freunden und Bekannten, verweigerte er den Hitlergruß und verließ den Raum, wenn Hitlers Reden im Rundfunk übertragen wurden. Doch 1938 entschloss er sich aufgrund der drohenden Kriegsgefahr dazu, die „augenblickliche Führung“ zu beseitigen.
Er wusste, dass Hitler zum Jahrestag des Hitlerputsches am 8. November 1939 im Bürgerbräukeller sprechen würde und plante, dort eine Bombe zu platzieren. Er ließ sich nachts heimlich im Bürgerbräukeller einsperren und in nächtelanger Arbeit installierte er dort einen Sprengkörper mit Zeitzünder.
Doch Hitler verließ die Veranstaltung früher als geplant. Wenige Minuten, nachdem er den Saal verlassen hatte, explodierte der Sprengsatz. Acht Menschen starben dabei, fast 60 wurden verletzt.
Beim Versuch, sich in die Schweiz abzusetzen, wurde Elser noch vor der Explosion im Bürgerbräukeller in Konstanz am Bodensee festgenommen. Er wurde schließlich nach Berlin verbracht und dort unter Folter verhört, so dass er den Anschlag bald zugab.
Doch die Nazis konnten nicht glauben, dass ein einzelner Mann diesen logistischen Aufwand alleine hatte bewältigen konnten. Sie suchten weiter nach Mitverschwörern. Man traute ihm nicht zu, in der Lage zu sein, eine Bombe zu bauen. Erst als er unter Aufsicht die Bombe ein zweites Mal baute, war seine Alleintäterschaft bewiesen.
Als „Sonderhäftling des Führers“ wurde Elser ab 1941 erst im KZ Sachsenhausen, dann im KZ Dachau interniert – und zwar unter einem Decknamen „Eller“. Er wurde im Konzentrationslager vergleichsweise gut behandelt, denn man plante, ihm nach dem „Endsieg“ einen Schauprozess zu machen.
Doch als absehbar war, dass die Nazis den Krieg verlieren würden, erging Anfang April 1945 ein Befehl nach Dachau: Bei einem der nächsten Angriffe auf Dachau und Umgebung, sei der Sonderhäftling ‚Eller‘ zu „liquidieren“. Offiziell sollte bekannt gegeben werden, dass er bei dem Angriff „tötlich verletzt“ [sic] worden sei.
Noch am gleichen Abend, am 9. April 1945 wurde Georg Elser heimlich und ohne Urteil ermordet. Zwanzig Tage später wurde das Konzentrationslager Dachau von den US-Truppen befreit.
Lange Jahre wurde Elser verleumdet. Man behauptete, er sei von den Nazis angeworben worden, um ein Attentat zu inszenieren – das dann ähnlich wieder Reichstagsbrand propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Elsers Familie sah sich ebenfalls diesen Vorwürfen ausgesetzt, ihr Sohn sei ein NS-Werkzeug gewesen. 1964 wurde das Verhörprotokoll von Georg Elser entdeckt und seine Bedeutung endlich gerade gerückt. Doch es dauerte noch lange, bis er in der Erinnerungskultur der BRD als Widerstandskämpfer gewürdigt wurde.
Der Bürgerbräukeller wurde nach Elsers Attentat nicht mehr für NS-Großveranstaltungen genutzt. Die Gedenkfeiern für den Hitlerputsch wurden in den Löwenbräukeller verlegt. Der Bürgerbräukeller diente als Lebensmittellager, ab 1945 als US-Militärkantine und wurde 1958 wieder als Veranstaltungsort eröffnet.
1979 wurde er abgerissen und es wurden Neubauten dort errichtet, u.a. befindet sich der Gasteig gleich gegenüber.
Zwischen Gasteig und GEMA-Gebäude ist heute eine Erinnerungsplatte an Georg Elsers einsame Heldentat in den Boden eingelassen.
St. Georg in Bogenhausen: Wo Alfred Delp nach der Frühmesse verhaftet wurde
Auf dem kleinen Bogenhausener Friedhof liegt die Kirche St. Georg. Hier war der Jesuit Alfred Delp während der NS-Zeit als Kirchenrektor tätig, während er gleichzeitig Kontakte zur Widerstandsgruppe des Kreisauer Kreises unterhielt.
Er verschaffte außerdem Juden Geld und Lebensmittelkarten und hielt kritische Predigten.
Er wies in seinen Predigten immer wieder auf die christentumsfeindlichen Tendenzen in der nationalsozialistischen Ideologie hin. Christentum und Nationalsozialismus waren für ihn unvereinbar.
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde auch Delp verhaftet, direkt nach der Morgenmesse, die er gerade in St. Georg gehalten hatte, obwohl er vom geplanten Attentat nichts gewusst hatte. Der Vorwurf der Mitwisserschaft wurde während der Verhandlungen auch fallengelassen.
„Der eigentliche Grund der Verurteilung ist der, dass ich Jesuit bin und geblieben bin“, schrieb er aus dem Gefängnis. Man hatte ihm seine Freilassung angeboten, wenn er aus dem Orden austräte – er weigerte sich. Im Gefängnis legte er die letzten Gelübde ab.
Alfred Delp SJ wurde am 2. Februar 1945 von den Nazis in Berlin-Plötzensee ermordet. Dem Priester, der ihn auf seinem letzten Weg begleitete, sagte er: „In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie!“
Übrigens:
Alfred Delp war nicht der einzige Jesuit aus München, der gegen die Nationalsozialisten aufstand.
Rupert Mayer SJ war an der Michaeliskirche in München tätig und erklärte öffentlich, ein Katholik könne kein Nationalsozialist sein.
1937 wurde ein Redeverbot verhängt, das er sich weigerte zu befolgen: „Trotz des gegen mich verhängten Redeverbotes werde ich weiterhin predigen, selbst dann, wenn die staatlichen Behörden meine Kanzelreden als strafbare Handlungen und als Kanzelmissbrauch bewerten sollten“, erklärte er, nachdem er verhaftet worden war.Nach Protesten von seiten des Kardinals und der Bevölkerung wurde er freigelassen, doch 1938 erneut verhaftet und inhaftiert. Nach seiner erneuten Freilassung hielt er sich zwar an sein Redeverbot, gab aber keine Auskünfte über seine seelsorgerlichen Gespräche, was zu seiner dritten Verhaftung führte. Diesmal blieb er bis Kriegsende in Haft und wurde dann mit schwer angeschlagener Gesundheit entlassen.
Schon am Allerheiligentag 1945 erlitt er in der Kreuzkapelle in München, die direkt hinter St. Michael gelegen ist, während der Messe einen Schlaganfall. Er verstarb 2,5 Stunden später.
In der kaum besuchten Kreuzkapelle erinnert eine – leider sehr schlecht ausgeleuchtete – Gedenkplatte an ihn. 1987 wurde er seliggesprochen.
Die Universität und die Flugblätter der Weißen Rose
Die Geschwister Hans und Sophie Scholl gehören sicher zu den bekanntesten Widerstandskämpfern gegen die NS-Gewaltherrschaft. Es ist tatsächlich nicht ganz korrekt, wenn immer in erster Linie von den Geschwistern Scholl die Rede ist, denn zu ihrer Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gehörten noch mehr Personen.
Ab Juni 1942 entstand sie auf Initiative der Freunde Hans Scholl und Alexander Schmorell. Im Laufe der Jahre stießen noch mehr Mitglieder hinzu: Sophie Scholl, Christoph Probst, Willi Graf und der Universitätsprofessor Kurt Huber als der innere Kern. Aber es gab noch mehr Mitwisser und Helfer.
Ihre Haupttätigkeit lag darin, Flugblätter zu entwerfen, die sie an der Universität auslegten und verbreiteten oder per Post verschickten und so zum Widerstand gegen das NS-Regime aufriefen.
Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir! Es gärt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr!
Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk je erduldet hat. Im Namen der ganzen deutschen Jugend fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, um das er uns in der erbärmlichsten Weise betrogen hat. Aus dem letzten Flugblatt der Weißen Rose
Am Vormittag des 18. Februar 1943 betraten Hans und Sophie Scholl die Universität München, legten dort Flugblätter stoßweise in den Gängen und vor den Hörsälen aus. Als sie damit fertig waren, kehrten sie noch einmal um, gingen in den zweiten Stock des Lichthofes der Universität und warfen die letzten Flugblätter von oben herab. Dabei wurden sie erwischt und festgehalten, bis die Gestapo kam.
Da Hans bei seiner Festnahme einen Flugblattentwurf von Christoph Probst bei sich trug, wurde auch dieser festgenommen. Die drei wurden am 22. Februar 1943 nach einem Schauprozess hingerichtet.
Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell wurden ebenfalls zum Tode verurteilt und am 13. Juli bzw. am 12. Oktober 1943 enthauptet.
Der Platz vor der Universität in München heißt heute Geschwister Scholl Platz. Der gegenüberliegende Platz ist nach Prof. Kurt Huber benannt. Auch nach Willi Graf, Alexander Schmorell und Christoph Probst sind Straßen in München benannt, allerdings in weniger prominenter Lage.
Im Lichthof der Universität erinnert eine Gedenkplatte, vor der immer eine Weiße Rose hängt, an die Widerstandsgruppe. Vor den Stufen der Universität München liegen in Stein eingelassene Flugblätter der Weißen Rose. Dazwischen liegen – ebenfalls in Form von Flugblättern – die Lebensläufe der Widerstandskämpfer.
Buchtipps: Geschichtsträchtige Orte in München
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