Teil 1 meines Marokko-Berichtes enthält Infos zur Route, die wir genommen und über die Städte und Orte, die wir gesehen haben.
Teil 2 mit Infos zu Land & Leuten, Essen und Trinken, Hotels, Organisation und Reisen als Frau gibt es hier.
Weitere Bilder gibt es hier.
Nachdem ich in Usbekistan etwas „Blut geleckt“ hatte, wollte ich gerne noch ein weiteres muslimisches Land bereisen. Unser Reiseleiter und einige Mitreisende hatten von Marokko erzählt – und auch sonst hört man natürlich immer wieder von diesem Land und dass es eine Reise wert sei. Also wurde gebucht.
Marrakech – die rote Perle
Wir landeten in Marrakech und blieben dort für drei Nächte. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so aus dem Alltag katapultiert worden, wie bei dieser Reise. Am zweiten Tag hatte ich bereits das Gefühl, seit Ewigkeiten in Urlaub zu sein. Nicht nur, weil ich mich mit den Mitreisenden so gut verstand, als würde ich sie schon lange kennen, sondern auch weil man in Marrakech innerhalb kürzester Zeit überwältigt von all den Eindrücken ist.
Die Jemaa el Fna (Link zu youtube), der Hauptplatz und das Herz der Stadt, alleine erschlägt einen beinah mit nicht immer nur angenehmen Eindrücken. So empfand ich etwa die „Musik“ der Schlangenbeschwörer eher als Lärm, aber es war Teil des Gesamteindrucks. Nein, erwartet nicht, dass die Jemaa el Fna im klassischen Sinne schön ist. Das ist sie nicht. Aber sie ist voller Eindrücke und ein guter Einstieg für den Bummel durch die Souks, die einen wiederum mit all ihren Eindrücken überwältigen.
Eigentlich ist Marrakech an sich keine im klassischen Sinne schöne Stadt. Das einzige, was architektonisch wirklich aus dem Stadtensemble herausragt, ist das Minarett der Koutoubia Moschee. Das ist dafür aber umso pittoresker. Dennoch: Alleine Marrakech ist eine Reise wert! Die Farben, die Gerüche, der Lärm – all das zusammen versetzte mich augenblicklich in eine andere Welt und der Alltag war weit, weit weg.
Die Souks sind ein Labyrinth aus verwinkelten Sträßchen und Gässchen, aber sofern man sich ungefähr merkt, wie man gegangen ist, und einen funktionierenden Orientierungssinn hat, findet man auch „la Place“ – die Jemaa el Fna – wieder. Notfalls fragt man einfach und jeder hilft einem gerne weiter. Ein Bummel durch die Souks ist natürlich unerlässlich. Auch wenn man dabei vor lauter Orientzauber das ein oder andere kauft, was man normalerweise vielleicht nicht gekauft hätte – alle meine Mitbringsel fanden glückliche und dankbare Abnehmer. Einmal hatten wir das Glück direkt nach dem Mittagessen aufbrechen zu können und die Souks recht ruhig, beinahe leer zu erleben. Erst zwischen 16 und 17 Uhr füllten sie sich spürbar wieder. Es empfiehlt sich also, die Siesta auszulassen und stattdessen bummeln zu gehen.
Bei diesem Bummel lockte uns ein „Kräuterspezialist“, der sich selbst „Dr. Schiwago“ nannte, in sein Geschäft. Zu fünft erhielten wir hier eine Show geboten, die natürlich für Touristen gedacht, aufgrund ihres Unterhaltungswert dennoch sehenswert war. Am Tag darauf besuchten wir mit der Gruppe eine ähnliche „Kräuterapotheke“, das Programm war ähnlich. Es ist also nicht tragisch, wenn ihr „Dr. Schiwago“ nicht findet. Er hat viele Kollegen. Einen davon solltet ihr euch zu Gemüte führen.
Das zweite Highlight in Marrakech – neben den Souks und den vielen Eindrücken – war für mich der Jardin Majorelle. In Blau, gelb und weiß gehalten bieten die Gebäude eine wunderschöne Abwechslung zum durchweg „roten Marrakech“. Und der Garten selbst ist wie ein Paradies, in dem Pflanzen gesammelt wurden, die zwar in derselben Klimazone, aber nicht unbedingt auf den selben Erdteilen wachsen. Es empfiehlt sich hier tatsächlich gleich nach der Öffnung am Morgen den Garten zu besuchen, denn als wir wieder am Eingang angelangt waren, sahen wir, dass inzwischen zahlreiche andere Besucher in den Garten strömten. Wir waren um 9 Uhr früh noch alleine gewesen.
Weiterlesen über Marrakech:
Gudrun von Reisebloggerin.at hat hier 7 Tipps für die Stadt
Jenseits des Atlas
Leider gingen dann auch die Tage in Marrakech ihrem Ende entgegen und wir brachen auf, um den Atlas zu durchqueren und in den Süden des Landes zu fahren. Auf dem Weg besuchten wir auch das berühmte Örtchen Ait Benhaddou, in dem Hollywood schon das ein oder andere Mal zu Gast war.
Unterkunft nahmen wir außerdem in Ouarzazate und danach in einem zwar großen, aber sehr charmanten und stimmungsvollen Hotel in Boulmane.
In Ouarzazate gönnten zwei neugewonnene Reisefreundinnen und ich uns einen ruhigen Tag, bummelten durch die Stadt, die allerdings nicht viel Sehenswertes zu bieten hat, tranken Tee auf einer Dachterrasse mit grandiosem Ausblick und ließen es uns im Hamam gut gehen.
Im Dadestal wurde gewandert. Naja, eher ein Spaziergang gemacht, der leider nicht länger als zwei Stunden dauerte, aber dafür wundervolle Panoramen bot. So hätte ich mir eher die amerikanischen Nationalparks vorgestellt, als die Marokkanische Landschaft! Rote, schroffe Felsen, der Dadesfluss, den wir mehrmals auf Baumstämmen überqueren mussten, der sich durch das Tal schlängelt und enge, bis an die Straße heranreichende Felsformationen. Am Ausgang des Tales findet man die eher an Kappadokien erinnernden Felsformationen, die dann auch wunderschön in der Abendsonne leuchteten.
Regen in der Wüste
Danach folgte für viele das Highlight der Reise: Der Besuch am Erg Chebbi, der größten Wüstendüne Marokkos. Zum Sonnenuntergang sollte es auf Dromedaren (sofern man das wollte) in den Dünen hineingehen. Da ich schon von Pferden nicht sehr begeistert bin und auch bei der Flussüberquerung auf Baumstämmen an meinem Gleichgewichtssinn zu zweifeln hatte, war ich skeptisch. Und tatsächlich fand ich den Ritt auf dem schwankenden Dromedar mehr als abenteuerlich. Immerhin konnte ich meine Reisegefährten unterhalten, als ich mich so panisch am Tier festklammerte, weil ich immer Angst hatte, runterzufallen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es getan habe – es war durchaus ein Erlebnis! 😉
Weiterlesen über Kamel-Trekking in der Wüste?
- Martina von Places of Juma war ebenfalls in Merzouga am Erg Chebbi. Ihren Bericht findet ihr hier.
- Hier gibt es einen Bericht über mein Kamel-Trekking im Wadi Rum.
- Das Kamel ist nach dem Kamel-Trekking in Jordanien zu meinem Lieblingstier geworden. Auch der „Gabe Gottes“, dem Kamel, habe ich einen Artikel gewidmet.
Der Sonnenuntergang in der Wüste … nun ja, meine Erwartungen waren wohl zu hoch, denn im Endeffekt war es ein Sonnenuntergang wie jeder andere auch. Also natürlich wunderschön, aber eben nicht schöner als woanders. Viel faszinierender war die Zeit vor Sonnenuntergang, ein bis zwei Stunden zuvor, wenn die Strahlen schräg auf die Dünen trafen und sie in allen erdenklichen Brauntönen schimmern ließen. Allein wegen diesen zwei Stunden muss ich noch einmal in die Wüstendünen.
Den Sonnenaufgang am Erg Chebbi genoss ich dann stiller und ruhiger nur für mich am nächsten Morgen.
Was mir allerdings nicht vergönnt war: Der atemberaubende Sternenhimmel über der Wüste, von dem ich so viel gehört und gelesen hatte. Wir saßen abends im Wüstensand und hofften, die Bewölkung würde ein wenig aufreißen. Statt dessen sagte meine Reisegefährtin plötzlich: „Ich glaube, ich hab gerade einen Tropfen abbekommen“
Ich darauf: „Das kann doch nicht sein. Wir sitzen hier in der Sahara…“
Schweigen. Kurze Zeit später: „Ich habe auch einen Tropfen abbekommen“.
Und dann nieselte es und wir schauten uns verdutzt an. Sitzen wir gerade in der Sahara und es regnet? Tatsächlich…
Was so ein Nieselregen allerdings im Wüstensand ausmacht, sah man am nächsten Tag, als man jeden Tropfen einzeln im Sand sehen konnte.
Zurück in den Norden
Leider leider waren wir nur für eine Nacht in den Dünen. Am nächsten Tag ging es schon weiter. Nachdem ich mir noch den Sonnenaufgang angesehen hatte, kam ich völlig verfroren zum Frühstück und mein obligatorischer Urlaubsschnupfen weitete sich zu einer schönen dicken Erkältung aus. An diesem Tag fuhren wir eine ziemlich lange Strecke zurück in den Norden und ich litt im Bus vor mich hin. Unterwegs sahen wir tatsächlich noch ein paar Berberaffen und trafen in den Bergen eine Nomadenfamilie, deren Kinder uns sofort um Bonbons anbettelten.
Ziel der Fahrt war Fes. Wir wurden „vorgewarnt“, dass Fes noch verwinkelter sei als Marrakech, dass man noch mehr von Eindrücken erschlagen werde und dass der Besuch in Fes anstrengend sei. Das war er tatsächlich. Nicht nur, weil ich mich noch immer mit meiner Erkältung plagte, sondern die Eindrücke waren wirklich fast zuviel.
Etwas Gutes hatte meine Erkältung dann doch noch: Beim Besuch der Gerbereien war ich die einzige, die vom offenbar bestialischen Gestank überhaupt nichts mitbekam. Ich roch einfach nichts und fragte mich die ganze Zeit, warum alle so verzweifelt ihre Pfefferminz-Zweigchen an ihre Nasen drücken. Eine Erkältung lohnt sich in Fes also durchaus. 😉
Für viele in unserer Gruppe lag der Höhepunkt der Reise mit dem Besuch des Erg Chebbi bereits hinter uns. Sie hatten den Dünen entgegengefiebert und was jetzt kam, reizte sie nicht mehr so sehr. Die Reizüberflutung in Fes tat ihr übriges, um uns zu erschöpfen und dass es sowohl bereits im Hohen Atlas bei der Rückfahrt nach Norden, als auch am Tag nach dem Rundgang in Fes, bei der Besichtigung von Meknes, regnete und schweinekalt war, hob die Stimmung nicht zusätzlich. Wer hätte schließlich damit gerechnet, in Marokko frierend im Regen zu stehen? Man kann sagen: In diesem Moment war die Luft raus und alle hätten wohl am liebsten mindestens einen Tag Pause in einem Hamam eingelegt.
Schade war es schon, denn Meknes war an sich ein hübsches Städtchen, wo wir das Mausoleum des Moulay Ismael besichtigten. Durch den Regen ging es dann über die Autobahn Richtung Hauptstadt Rabat. Regen und Autobahn – ich fühlte mich fast, wie in Deutschland.
Abschluss am Atlantik
Als wir allerdings in Rabat ankamen, brach auf einmal die Sonne durch die Wolken. Der Wind roch nach Salz und Meer und die Stimmung hob sich augenblicklich wieder.
Und am nächsten Tag war alles wieder gut, als wir durch die Kasbah Oudaia in Rabat schlenderten, die Sonne wieder schien und die Seeluft uns um die Nasen wehte. Dies war einer der unerwarteten Höhepunkte der Reise – nicht nur für mich. Die Oudaia Kasbah von Rabat ist in blau-weiß gestrichen. Zusammen mit dem Meerwind fühlt man sich, wie auf einer griechischen Insel. Traumhaft schön!
Die letzte Station unserer Reise war Casablanca. Ein malerischer Name, eine nicht wirklich malerische Stadt. In erster Linie eine Groß- und Industriestadt. Die Moschee Hassan II. ist aber wirklich wunderschön – auf einer Terrasse über dem Meer erbaut bietet sie einen tollen Anblick.
Das Abschiedsessen gab es in Rick’s Café, den Filmliebhabern aus „Casablanca“ bekannt. Die Idee ist reizend: Eine Amerikanerin hat hier das fiktive Lokal aus dem Filmklassiker nachgebaut. Es war wirklich eine schöne Atmosphäre. Das Essen selbst war nicht schlecht, aber lieblos.
Und dann ging es auch schon wieder nach Hause. Ich hatte das Gefühl, ewig weggewesen zu sein. Ich war so voller Eindrücke, die erst verarbeitet werden wollten.
Marokko sieht mich auf jeden Fall einmal wieder.
Mehr über die Sehenswürdigkeiten in Marokko erfahrt ihr in diesem Artikel.
Ich reiche den Artikel nach für die Blogparade „Marrakesch. Reisetipps und Geschichten aus 1001 Nacht„
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