Noch mehr Urlaub im Kopf – Büchertipps für Reiselustige

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Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich meinen ersten Teil mit literarischen Reisetipps für den Urlaub im Kopf veröffentlicht habe. Dabei lese ich doch immer wieder Bücher, die vom Reisen in ferne Länder handeln. Immerhin sind Bücher und Reisen zwei meiner großen Leidenschaften.
So hat es nun länger gedauert, als eigentlich gedacht, bis ich eine Fortsetzung schrieb und wenn ihr wissen wollt, wem ihr dafür dankbar sein müsst, dass ich es letztendlich getan habe, dann verweise ich auf die liebe Janine von finding hummingbirds, die mich nach Veröffentlichung ihrer literarischen Weltreise streng ermahnt hat, nun doch endlich meinen zweiten Teil online zu bringen. 😉
Et voilà! Hier ist er. Viel Vergüngen beim Schmökern!

Leonardo Padura: „Die Palme und der Stern“

padura18 Jahre ist es her, dass Fernando seine Heimat Kuba verlassen hatte. Er unterrichtete an der Universität, hatte ein gutes Leben und einen Freundeskreis aus mehr oder weniger aufmüpfigen oder angepassten Intellektuellen. Dann geriet er in Verdacht, von den Fluchtplänen eines Freundes gewusst zu haben und seine Karriere war beendet. Nachdem er lange vergeblich hoffte, wieder in seine Anstellung zurückkehren zu können, verlässt er letztendlich resigniert das Land und begibt sich ins Exil.
Nun kehrt er zurück, denn er bekam Nachricht, es gäbe Spuren zu einem bislang verschollenen Manuskript des kubanischen Nationaldichters José Maria Heredia, dem Fernando den Großteil seiner literaturwissenschaftlichen Forschung gewidmet hat. Für einen Monat wird er nun zurückkehren – denn solange ist sein Visum gültig – um sich auf diese Suche nach der Autobiographie Heredias zu machen, des großen Dichters, der als Freimaurer an den ersten Unabhängigkeitskämpfen Kubas beteiligt war und schließlich verbittert im Exil starb, fern der Insel, die ihm so viel bedeutete. Und so wie Heredia von seinen Freunden verraten worden war, so ist sich auch Fernando sicher, dass es einer seiner Freunde gewesen sein muss, der ihn ausgeliefert hatte. Er kehrt also zurück, trifft alle wieder, die ihm einst lieb und teuer waren und weiß doch nicht, wem er trauen kann. Er sucht nicht nur das Manuskript Heredias, sondern auch die Wahrheit über seine eigene Geschichte.

In mehreren Erzählebenen rollt Padura hier die Geschichte Kubas der letzten 200 Jahre auf. Die erste Ebene ist das verschollene Manuskript, in dem Heredia sein Leben erzählt. Die zweite Ebene, zur Zeit des Diktators Battista, erzählt von Heredias Sohn, der das Manuskript der Freimaurerloge seines Vaters zur Aufbewahrung übergibt – und von den verschlungenen Wegen, den das Schriftstück von dort aus ging. Die dritte Ebene schließlich ist Fernando vorbehalten, seiner Rückkehr nach Kuba und seinen Erinnerungen an sein früheres Leben.
Anders als andere kubanische Autoren, die sich mit dem Themenkomplex Flucht, Vertreibung und Exil beschäftigen, ist Padura kein Exilkubaner, sondern lebt nach wie vor – auch mit kubanischen Literaturpreisen ausgezeichnet – in Havanna. Umso überraschender war seine doch recht deutliche Kritik am System, die natürlich immer auf einer Metaebene angebracht wurde: Seine Charaktere sitzen beeinander und diskutieren und streiten über die Freiheit der Literatur auf Kuba, darüber wieviel Selbstzensur notwendig ist oder welche Texte man lieber in der Schublade verschwinden lässt.

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Karin Rüttimann: Der letzte Gast

der_letzte_gast_gSophies Eltern hatten sich beim Geburtstermin verrechnet und so überraschte sie das Kind plötzlich im Marokkourlaub. Doch nicht nur das: Als Sophie im Februar 1960 in Agadir unter der schützenden Hand der Fatima, die die Hebamme an das Kopfende des Bettes gemalt hatte, die Welt erblickt, zerstört ein Erdbeben die Stadt. Die kleine Familie überlebt und Sophie bleibt immer irgendwie mit Marokko verbunden, völlig egal, wo in der Welt sie sich mit ihrer Familie gerade aufhält.
Als Erwachsene kehrt sie in einer Lebenskrise zurück in das Land ihrer Geburt und versucht, sich selbst zu finden. Sie macht sich dort selbständig, führt ausländische Touristen als Individualreisende durch das Land. Und in einem Jahr, als sie eigentlich schon beschließt, in die große Sommerpause zu gehen, nimmt sie noch einen letzten Gast auf: Daniel, einen jungen Schweizer, der eine Fotografie bei sich trägt, auf dem seine Mutter und er mit etwa vier Jahren irgendwo in Marokko zu sehen sind. Er ahnt, dass seine Eltern ein Geheimnis vor ihm hatten – und dass dieses Geheimnis eventuell mit jenem fernen Marokkoaufenthalt zu tun hatte.
Und so fahren Sophie und er gemeinsam durch die atemberaubenden Landschaften Marokkos, jeder mit seiner eigenen Familiengeschichte im Gepäck und jeder auf der Suche nach einer Antwort.

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Krammer, Markus: Joseph Mühlbauers abenteuerliche Walz. 1830-1841

Mühlbauer KopieAbenteuerliche Reisen gibt es bekanntlich nicht erst seit dem 20. Jahrhundert und seit sich mit Flugzeug, Auto und Bahn auch weite Strecken relativ wenig abenteuerlich überwinden lassen. Markus Krammer erzählt vom Schreinergesellen Joseph Mühlbauer, der aus seiner Heimatstadt Rott am Inn zur traditionellen Walz der Handwerksgesellen aufbricht. Statt der vorgeschriebenen drei Jahre ist er allerdings elf Jahre unterwegs. Er erlebte die Julirevolution 1830 in Paris, fuhr als bayerischer Soldat mit König Otto nach Griechenland, reiste von dort weiter nach Konstantinopel, wo er im Serail des Sultans Schreinerarbeiten verrichtete, besuchte Ägypten, fertigte die Sakristei-Ausstattung im Kloster auf dem Berge Karmel im Heiligen Land und kehrte schließlich über Rhodos, Zypern und Italien in seine Heimat zurück.

Seine Briefe an die Eltern sind erhalten und genauso das Tagebuch von Serpahin Hoegner, einem Schreinergesellen aus Rosenheim, mit dem Mühlbauer einige Jahre unterwegs war. Diesem glücklichen Umstand verdanken wir, dass es möglich ist, die abenteuerliche elfjährige Walz des bayerischen Schreinergesellen nachzuvollziehen und zu lesen, als sei sie der Feder Karl Mays entsprungen.

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Simone Kettendorf: Im Schatten des Apfelbaums

Soll ich dieses Buch wirklich empfehlen? Ja, ich tue es dennoch, denn es hat mich auf meiner Normandiereise gut unterhalten und es machte Spaß zu lesen, wie die Hauptpersonen die Orte besuchten, die wir gerade durchradelt hatten.
Aber trotzdem: Das Buch ist eigentlich nicht gut. Rosamunde Pilcher in der Normandie. Mit allem, was dazu gehört (und es ist nicht schlimm, wenn man hier spoilert): Junge deutsche Frau verliert ihre Eltern und erfährt von einem Familiengeheimnis. Auf dem Sterbebett schickt die Mutter die Tochter in ihren Geburtsort, ein kleines Nest in der Normandie. Dort stellt sich heraus, dass Klara – so der Name der Protagonistin – die verschwundene Tochter des verstorbenen Comte ist (!), der natürlich – von allen Frauen der Gegend heiß umschwärmt – vor vielen Jahren unter höchst mysteriösen Umständen ums Leben kam.
Zum Glück weiß Klara immer instinktiv ganz genau, was sie gerade zu tun hat, egal wie abwegig es auch sein mag und obendrein hat sie enge Verbündete, z.B. den ihr mit Haut und Haar verfallenen Sohn des örtlichen Cidreherstellers (!). Wer seichte Kost für die Reise mag oder sich einfach gerne darüber amüsiert, dass ein Roman so ziemlich jedes Klischee bedient, der ist mit diesem Buch wirklich gut beraten. Ich hab es hinterher gleich an Sabine, meine Reisebegleitung, weitergereicht, die es mit ebenso großem Amüsement las.

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Marco Balzano: Damals, am Meer

978-3-88897-726-8Sohn, Vater und Großvater. Drei Generationen einer italienischen Familie aus der Nähe von Mailand reisen gemeinsam nach Süden, um „die Wohnung“ zu verkaufen. Die Wohnung in der alten Heimat der Großeltern, drunten in Apulien, die seit Jahren leer steht, wo seit Jahren niemand mehr die Ferien verbringt und um die doch bei jedem Familienfest erbittert gestritten wird. Denn man will sie eigentlich nicht verkaufen, hängen an ihr doch so viele Erinnerungen an früher, an die Zeit, bevor die Familie – der Arbeit wegen – in den Norden Italiens zog.
Und so fahren sie nun, ein alter Mann, sein Sohn und sein Enkel, gemeinsam in den Süden und hängen ihren Gedanken nach. Für den einen ist die Wohnung lediglich mit der Erinnerung an unbeschwerte Ferientage und erste Liebschaften verknüpft, für den anderen mit der Erinnerung an seine Kindheit – und für den ältesten ist sie nach wie vor Heimat, in die man doch eigentlich irgendwann einmal zurückkehren wollte.

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Das war sie also, meine neue Lieferung Lesetipps für Reiselustige. Welche Bücher über das Reisen an sich, über nahe wie ferne Länder haben euch begeistert?

 

13 Gedanken zu “Noch mehr Urlaub im Kopf – Büchertipps für Reiselustige

      • Jam der Winter ist vorbei. Da frönen wir aber unserer Reiselust real und kommen gar nicht so richtig zum Lesen. Der nächste Winter kommt bestimmt und deine Tipps sind dann gut für „Traumreisen“.😉

      • ach, ich lese immer vor einer Reise (oder manchmal während dessen) ein Buch, das thematisch zum Reiseziel passt 🙂

      • Das geht bei mir nicht. Ich muss das WoMo fahren. Lesen von ablenkender Lektüre ist strengstens verboten und wird mindestens mit Gefängnis nicht unter zwei Jahren geahndet. 😉 Also lieber hinter dem kuscheligen Kamin lesen☺

      • ich meinte das anders: Immerhin fährt man ja auch beim Reisen nicht 24/7. Bei der Radtour durch die Normandie kam ich jedenfalls abends im Zelt immer mal zu ein paar Seiten

      • Das war von mir auch nur etwas scherzhaft gemeint. Aber es stimmt wirklich. Beim Reisen kommen wir kaum zum „entspannenden“ Lesen.
        Wenn wir nicht im lauen Abendwind vor dem Womo sitzen und einen guten Rotwein genießen, dann reflektieren wir das erlebte und zeichnen es auf (für den Blog) oder wir informieren uns für die nächsten Tourabschnitte. Und so bleibt oft gar nicht die Zeit noch ein kurzweiliges Buch zu lesen; denn Reisen macht ja bekanntlich müde und kuscheln darf ja auch nicht zu kurz kommen… 😁😁😁😁😁

  1. so wie schon bei janine habe ich auch deine empfehlungen gern gelesen. am meisten spricht mich wohl das letzte an, einfach weil: italien <3 und es emotional was sein könnte, was mir gut gefällt. aber auch das erste über kuba hört sich sehr spannend an. ich kann an dieser stelle nur nochmal das buch empfehlen, das ich auch janine schon empfohlen habe: der gott der kleinen dinge. ich hatte das gefühl, indien riechen, schmecken und fühlen zu können. das essen, das klima, die menschen. es hat mich unglaublich mitgerissen.

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