Ich habe eine Woche freigenommen… und ich bin zu Hause in Florenz. Das passiert nicht so oft. Normalerweise verreise ich, sobald ich einige Tage frei habe. Aber hin und wieder gefällt es mir dann doch, Tourist zu Hause zu spielen.
Und so bleibe ich in Florenz und habe mir hier einige Sachen vorgenommen, für die ich sonst irgendwie nicht die Zeit finde. Wieviel ich davon wirklich schaffe, steht in den Sternen…
Tag 1 meiner freien Woche habe ich jedenfalls vollständig verbummelt.
Inhalt
Die schönste Piazza der Stadt?
Die Wettervorhersage sieht sehr durchwachsen aus für diese Woche, wie auch schon in den letzten Wochen. Fast jeden Tag ist Regen gemeldet und wenn es in Florenz regnet – das habe ich inzwischen gelernt – dann regnet es RICHTIG. Zwar nicht durchgängig, aber kräftig… und eine Stunde Starkregen reicht auch schon, um völlig durchnässt zu werden.
Doch heute war schönes Wetter gemeldet und kein Tropfen Regen zeigte sich in der Wetter-App. Nach einem gemütlichen Kaffee auf der Terrasse ging es los in die Stadt. Ich wollte mir endlich wieder einmal in Ruhe die Kirche Santissima Annunziata anschauen, an der ich jeden Tag vorbeigehe. In der Früh habe ich keine Zeit für eine Besichtigung, weil ich auf dem Weg ins Büro bin. Am Nachmittag, wenn ich nach Hause fahre, ist sie noch geschlossen. Wie die meisten Kirchen in Italien hält auch Santissima Annunziata ihre Siesta bis zum späten Nachmittag.
Doch das mit der Besichtigung in Ruhe ist so eine Sache. Quasi im Stundentakt wird die Messe gefeiert. Als ich um kurz nach 11 ankomme, ist sie in vollem Gange – sie hat erst um 11 begonnen. Um 12 Uhr ist bereits die nächste Messe. Zur Besichtigung bleiben am Ende etwa 20 Minuten, bis wir wieder hinausgebeten werden. Um 12:30 Uhr beginnt dann bereits die nachmittägliche Schließzeit.
Viel Zeit für die Kirchenbesichtigung habe ich also nicht, aber immerhin ein bisschen.
Die Zeit, die ich bis zum Ende der 11 Uhr-Messe totschlagen muss, lässt sich leicht füllen: Nur am Montag Vormittag ist die Tür neben dem Kircheneingang geöffnet: Sie führt zum Kreuzgang und dort kann man auch die Kapelle San Luca besichtigen. Eine gute Gelegenheit also…
Santissima Annunziata hat mir immer gut gefallen. Die untere Hälfte der Kirche ist dunkel und lässt die goldene Decke damit umso heller und glänzender wirken. Herzstück ist die Kapelle gleich zur Linken der Eingangstür: Hier befindet sich das Bild der „Santissima Annunziata“ – der allerheiligsten Verkündigung.
Der Legende nach hatten die Servitenbrüder – die noch heute hier ihr Kloster haben – dieses Fresko im 13. Jahrhundert einem gewissen Bartolommeo in Auftrag gegeben. Dieser war unzufrieden mit seinen Versuchen, das Gesicht der Jungfrau Maria darzustellen – und wundersamerweise fand er das Gemälde dann schließlich vollendet mit dem Gesicht der Jungfrau, wie man es heute sieht.
Nachdem die Besucher kurz vor Beginn der 12-Uhr-Messe gebeten werden, die Besichtigung einzustellen, verlasse auch ich die Kirche. Vor ihr liegt die herrliche Piazza Santissima Annunziata. Noch besser als die Kirche gefiel mir seit jeher diese Piazza… Das Ospedale degli Innocenti (das ehemalige Waisenhaus) zur Linken, die Statue Ferdinands I. und die sehr eigenartigen Brunnen auf der Piazza und der Blick zum Dom natürlich… jeden Morgen komme ich hier vorbei und freue mich immer über den Anblick.
In den Gassen von Florenz
Ich bummle durch die Gassen von Florenz und versuche dabei, die meist überlaufenen Straßen möglichst zu vermeiden. Auf der Schneise zwischen Dom und Piazza della Signoria drängen sich für gewöhnlich die Touristenmengen und dort hindurch zu gehen, macht mich meistens ziemlich aggressiv. Ich wähle ganz bewusst die kleinsten und engsten Gassen, biege ab, wo immer es eng und verwinkelt aussieht.
Und enge, verwinkelte Gässchen gibt es in der Altstadt von Florenz viele. Die ganz engen und kleinen heißen „Chiassi“ (im Singular „Chiasso“). Sie entstammen dem Mittelalter und bohrten und wanden sich durch das geordnete Schachbrett der alten römischen Straßen. Klein wie Hausdurchgänge sind manche davon, wenn man ihnen folgt öffnet sich manchmal eine kleine „Piazza“, die den Namen kaum verdienen.
In den engen Gassen und den abzweigenden Chiassi ist häufig Street Art versteckt. Es lohnt sich also wirklich, sich in ihnen einmal zu verlieren. Ein Nachteil ist, dass es auch immer wieder nach Urin stinkt. So mancher Nachtschwärmer nutzt sie wahrscheinlich, um sich im Dunkeln zu erleichtern.
Romantisch geht es dann zu, als sich plötzlich am Ende der Gasse ein asiatisches Pärchen unter dem Torbogen küsst. Ihre weiße Kleidung hebt sich vom dunklen Hintergrund ab und ich kann nicht anders, als den Auslöser drücken.
Allerdings bin ich dann doch etwas enttäuscht, als ich feststelle, dass es sich nicht um eine spontane romantische Geste handelte – denn aus dem Dunkel des Torbogens taucht schließlich der fast unvermeidliche Fotograf auf, von dem sich viele asiatische Paare in Florenz begleiten und ablichten lassen. Ich würde ehrlich gesagt gerne sein Foto von der anderen Seite sehen.
Oltrarno: Jenseits des Flusses
Ich bummle weiter, komme nach Oltrarno, wo ich in meinem ersten Monat in Florenz gewohnt habe. Dort besorge ich mir erst einmal ein Eis und verzehre es, während ich das Treiben auf der Piazza Santo Spirito beobachte. Heute war Markt, aber ich bin zu spät. Die letzten Stände packen gerade zusammen.
Neben der Piazza Santissima Annunziata war die Piazza Santo Spirito immer meine liebste Piazza in Florenz – und das ist tatsächlich bis heute so. Eine gute Mischung aus Touristen und Einheimischen, skurrilen Gestalten und bürgerlichen Matronen ist hier unterwegs.
Anschließend verliere ich mich noch ein bisschen in den Gassen von Oltrarno. Letzte Woche habe ich hier ein schönes Exemplar Street Art entdeckt und wollte unbedingt mit der Kamera noch einmal vorbeikommen. Allerdings dauert es ein bisschen, bis ich die Stelle wieder finde. Egal, heute wird gebummelt und ich habe alle Zeit der Welt. Auf dem Weg mache ich mir zum ersten Mal richtig bewusst, in welch unterschiedlichen Größen, Formen und Farben die Türen in einer Gasse gestaltet sein können. Und auch die Gassen von Oltrarno selbst sind keineswegs weniger fotogen als die im Zentrum.
Giardino di Boboli mal anders
Am Ende zweige ich in den Giardino di Boboli ab. Anfang des Frühjahres habe ich mir eine Jahreskarte gekauft und deshalb kann ich jederzeit ganz gemütlich durch den Hintereingang hineingehen, ohne Schlange stehen zu müssen. Es ist überraschend wenig los – zumindest weit weniger, als ich erwartet hätte. Vielleicht haben sich viele von den durchwachsenen Wettervorhersagen abschrecken lassen? Ich meide trotzdem die touristische Hauptschneise und halte mich abseits. Ich setze mich auf eine Bank im Schatten, lausche dem Vogelgezwitscher und dem Wind in den Bäumen und esse mein mitgebrachtes Panino, bevor ich noch eine kleine Runde mit der Fotokamera drehe. Es macht Spaß, den Giardino di Boboli einmal so ganz anders zu fotografieren – nicht wie bei all meinen früheren Besuchen von der prachtvollen, fürstlichen Seite.
Anschließend verlasse ich den Garten an der Porta Romana wieder.
Es ist fast 16 Uhr – Zeit, nach Hause zu gehen, denke ich mir, besteige den nächsten Bus und fahre Richtung Bahnhof.
Hallo Ilona,
sehr tolle Eindrücke von Florenz.
Ein bisschen hat uns dein Bericht zu unserer Hochzeitsreise im letzten November zurückversetzt.
Während unserer zeit in Florenz haben wir auch einige Stunden damit verbracht uns durch die Stadt treiben zu lassen.
Viel Grüße,
Nina
Hallo Ilona,
wirklich ganz liebevoll erzählt uns gestaltet. Ich freue mich auch immer über die versteckten Streetart-Objekte in den europäischen Metropolen. Und schön zu wissen, dass es in Florenz auch spannende Orte abseits der belebten Pfade gibt. Ich war ja noch nie dort. Jetzt weiß ich ja, wen ich fragen kann. 🙂
Viele Grüße
Dennis
Schön, dass du uns in deinem Beitrag durch die Gassen von Florenz mitgenommen hast. Vor ungefähr 25 Jahren war ich zu einem Städtetrip in Florenz, habe allerdings nur noch wenige Erinnerungen daran. Das sollte ich mal wiederholen.