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Diese vielzitierten Worte schrieb Hoffmann, als er Bamberg im April 1813 nach knapp fünf Jahren wieder verließ. Besonders glücklich gelaufen ist diese Bamberger Zeit tatsächlich nicht: Am Theater scheiterte er und obendrein quälte ihn eine unglückliche Liebesgeschichte.
Trotzdem spielt das kleine, recht provinzielle Bamberg in seinen Werken immer wieder eine Rolle. Die Jahre waren für sein künstlerisches Schaffen prägend.
Und auch die Stadt Bamberg selbst schmückt sich heute mit der kurzen, glücklosen Präsenz des romantischen Schriftstellers. E.T.A. Hoffmann ist in Bamberg quasi omnipräsent. Sogar das Bamberger Tierheim heißt „Berganza“ – nach Hoffmanns sprechendem Hund. Und wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, entdeckt seinen Namen und sein Konterfei an vielen Ecken. Dieser Artikel soll zu einem solchen literarischen Spaziergang einladen.
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Inhalt
Die Zitate mit Seitenangaben in lateinischen Ziffern entstammen:
Grisebach, Eduard: Biographische Einleitung zu E.T.A. Hoffmanns sämtlichen Werken in fünfzehn Teilen, hrsg. von Eduard Grisebach, neue Ausgabe, 1905.
Stationen von Hoffmanns Leben in Bamberg
Hoffmanns erste Wohnung
In hellen Lettern auf rotem Grund prangen diese Worte heute auf der Wand des Hauses Nonnenbrücke 10. Hier quartierte sich Hoffmann ein, als er in Bamberg ankam. Damals hatte dieses Haus die Adresse Zinkenwörth Nr. 56.
Es ist ein schönes, großes Anwesen, umgeben von einer Mauer.
Doch hier lebte Hoffmann nicht lange. Schon bald konnte er sich die Miete nicht mehr leisten, denn seine Anstellung am Bamberger Theater war schon bald nicht mehr das, was er erhofft hatte.
Das E.T.A. Hoffmann Theater in Bamberg
Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen:
Hoffmann hatte zuvor seine Stelle als preußischer Beamter in Warschau verloren, nachdem die Franzosen unter Napoleon dort einmarschiert waren und die dortige preußische Regierung aufgelöst hatten. Eine weitere Anstellung als Beamter in Preußen war nicht zu bekommen. Er wandte sich vermehrt seiner wahren Leidenschaft – der Kunst, d.h. vornehmlich der Musik – zu und da auch das nicht wirklich anlaufen wollte, versuchte er, sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten. Er hatte ein schlimmes Jahr durchzustehen, bevor er seine Anstellung in Bamberg antreten konnte.
Er war in Bamberg als Musikdirektor an das erst 1802 gegründete Theater gerufen worden. Im Jahr 1808 war das Gebäude am heutigen Schillerplatz eröffnet worden – auch heute noch das Kernstück des Bamberger Theaters, das heute nach E.T.A. Hoffmann benannt ist. Ein Werk Hoffmanns („Das Gelübde“) war auch das erste in diesem Haus gezeigte Stück.
Hoffmann war allerdings schon nach kurzer Zeit nur dem Namen nach noch Musikdirektor. Seine Gage wurde gekürzt und er wurde für Gelegenheitsarbeiten und Verwaltungstätigkeiten eingesetzt, später wurde der Vertrag gekündigt.
Erst 1810 kehrte er unter einem alten Bekannten, Franz von Holbein, als „Theater-Komponist, Dekorateur und Architekt“ an das Theater zurück. Kurz: Er war Mädchen für alles. Zwar wirkte er durch die Bekanntschaft mit Holbein wohl auch auf die Auswahl der Stücke (in diesem Fall: die Aufführung von Calderon) ein, aber er malte auch Kulissen, verkaufte Abonnements oder riss – so erzählt man – auch schon mal die Karten ab. Seine Theaterkarriere war recht glänzend gescheitert und kam erst recht nicht mehr in Gang, als Holbein 1811 Bamberg schon wieder verließ und nach Würzburg ging.
E.T.A. Hoffmanns Wohnhaus am Schillerplatz
Nach der einschneidenden Änderung in seinem Arbeitsverhältnis, verließ Hoffmann mit seiner Frau Marianne Thekla Michaelina (genannt: Mischa) das Haus am Zinkenwörth und zog einmal um den Block: Am heutigen Schillerplatz, schon damals schräg dem Theater gegenüber, bezog er den zweiten Stock und das Dachstübchen eines schmalen, kleinen Hauses. „In dieser beschränkten Behausung befand er sich doch recht bequem und behaglich, und lebte mit seinen Hausleuten in stetem Frieden und guten Einverständnisse“, so schreibt Kunz, Hoffmanns Freund aus Bamberger Tagen [zit. nach Grisebach, S. XXXVI].
Um finanziell über die Runden zu kommen, gab Hoffmann nun privat Musik- und Gesangsunterricht in den guten Häusern der Stadt, womit er sich „eine recht gemütliche Existenz“ aufgebaut habe [Grisebach, S.XXXVI]. (siehe dazu unten)
Das schmale Haus am Schillerplatz 26, das „E.T.A. Hoffmann-Haus“, beherbergt heute ein Museum. Der kleine Garten ist angelegt nach dem Zaubergarten des Archivarius Lindhorst in Hoffmanns Erzählung Der Goldne Topf*.
Eintrittspreise
2,- Euro, ermäßigt 1,- Euro
Öffnungszeiten des Museums
01. Mai bis 01. November
Dienstag bis Sonntag, feiertags: 13:00 bis 17:00 Uhr
Die Altenburg: Dichterklause und Grab von A. F. Marcus
Die Altenburg ist eine um 1102 erstmals erwähnte Höhenburg, die auf dem westlichsten der sieben Bamberger Hügel liegt. Vom frühen 14. bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts diente sie als Residenz der Bamberger Fürstbischöfe und verfiel nach dem Zweiten Markgrafenkrieg (1553) zusehends, bis sie 1801 von Adalbert Friedrich Marcus erworben wurde.
Adalbert Friedrich Marcus (1753 – 1816) war ein bemerkenswerter Mann: Er war Leibarzt des vorletzten Bamberger Fürstbischofes Franz Ludwig von Erthal und wie der sehr aufgeklärte Fürstbischof bemühte sich auch Marcus um die medizinische Versorgung der Allgemeinheit: Erthal gründete 1798 eines der modernsten Krankenhäuser der damaligen Zeit, sein Leibarzt Marcus wurde der erste ärztliche Direktor.
Doch auch nach der Säkularisation des Hochstifts 1803 kümmerte sich Marcus weiter um diese Belange: Er verlegte das nicht mehr zeitgemäße Altenstift in das säkularisierte Kloster Michelsberg und gründete in der Propstei dieses Klosters – St. Getreu – die „Kreisirrenanstalt“, die von ihm auch geleitet wurde.
1801 erwarb er – wie oben erwähnt – die Altenburg und widmete sich ihrer Erhaltung. Zu ihren Füßen findet sich auch sein Grab.
Nach Marcus sind in Bamberg die Markusstraße, die Markusbrücke, der Markusplatz und das Markushaus (ehemalige Frauenklinik und heute Teil der Universität) benannt.
Doch was hat dieser bemerkenswerte Mann nun mit E.T.A. Hoffmann zu tun?
Marcus war einer der engen Freunde aus Hoffmanns Bamberger Zeit. Da Hoffmann von der Altenburg sehr angetan war, richtete ihm Marcus eine „Dichterstube“ ein. Diese Dichterklause wurde mit Fresken von Hoffmann ausgemalt. Laut Grisebach, S. XLII zeigten die Fresken die Gefangennahme Adalberts von Babenberg und Hoffmann portraitierte sich mit seinen Bamberger Freunden unter den Rittern.
Die Fresken sind leider nicht erhalten. Die „Dichterklause“ gibt es nach wie vor, sie dient heute einem Maler als Atelier.
Übrigens gibt es in Hoffmanns Die Elixiere des Teufels* eine kurze Passage, die auf Adalbert Friedrich Marcus anspielt.
Während so ziemlich alle Ortsbezeichnungen in diesem Roman abgekürzt und somit verschleiert werden (z.B. ist immer nur vom „Kapuzinerkloster zu B.“ die Rede und es wird auch sonst kein Stadt-, Kirchen- und Klostername genannt – mit Ausnahme der Pilgerkirchen in Rom), wird explizit von St. Getreu gesprochen, wohin man einen Wahnsinnigen bringen lassen möchte.
Der hier erwähnte geniale Arzt ist niemand anderer als Adalbert Friedrich Marcus.
Der Weinkeller Kunz: Grüner Markt 31
Carl Friedrich Kunz, Hoffmanns Freund und Verleger vieler seiner Werke, mietete das sog. „Krackhardt-Haus“ am Grünen Markt 31 von 1808 bis 1811. Der Weinhändler hatte hier seine Wohnung im Obergeschoss, sein Geschäft darunter und im Keller ein Weinlager, in dem er sich mit Hoffmann wohl das ein oder andere Mal feucht-fröhlich vergnügte.
So gab es wohl eine kolorierte Zeichnung Hoffmanns, die ihn und Kunz darstellte, wie sie rittlings auf einem Weinfass sitzen und „sich die Gläser direkt aus dem Fasse füllend, anstoßen wollen, aber im selben Augenblick durch einen durch die Kelleröffnungen zuckenden Blitz erschreckt werden.“ [Grisebach, S. XLIII]
Kunz wohnte ab 1811 in der Eisgrube 14 (siehe unten).
Das Wohnhaus der Familie Mark: Lange Straße 13
Wer Hoffmanns Werke liest, stößt irgendwann auf eine, dieser sehr ähnlichen, Beschreibung. Verliebte Männer sind bei Hoffmann nicht selten dem Wahnsinn nahe.
Das Vorbild für viele von Hoffmanns Frauengestalten war eine Gesangschülerin aus Bamberg. Das Vorbild für die wahnsinnig liebenden Männer war er selbst.
Die Unerfüllbarkeit dieser Liebe zu seiner Schülerin brachte Hoffmann zeitweilig in eine Stimmung, in der er fürchtete, verrückt zu werden und sich mit Selbstmordgedanken trug. So wie viele seiner Figuren durch die unerfüllte Liebe wahnsinnig werden (Medardus in den Elixieren* Nathanael im Sandmann*, Anselmus im Goldenen Topf*).
Julia Mark – Vorbild für Hoffmanns Frauengestalten
Die Konsulswitwe Franziska Mark ließ ihre zwei Töchter von dem erst seit drei Monaten in Bamberg lebenden Hoffmann unterrichten: Wilhelmine wurde Hoffmanns Klavierschülerin, die ältere, Julia, unterrichtete er erst im Gesang, dann ebenfalls im Klavierspielen. Die Familie war verwandt mit Hoffmanns Freund Adalbert Friedrich Marcus.
Als Hoffmann 1809 zum ersten Mal ins Haus Mark kam, war Julia 13 Jahre alt. Er selbst war 33 und seit sieben Jahren verheiratet.
Anfangs schien das Verhältnis mit der Familie Mark sehr angenehm gewesen zu sein und Hoffmann verbrachte viele Abende im Haus in der Langen Straße 13. Von der Entwicklung, die diese Geschichte nahm, und von Hoffmanns Gefühlen sind wir durch seine Tagebucheinträge gut unterrichtet. Hier verschlüsselte er Julias Identität, in dem er sie „Käthchen“ nannte (nach Kleists „Käthchen von Heilbronn“) oder einen Schmetterling zeichnete . Damit wollte er verhindern, dass seine Ehefrau Mischa, die offenbar in seinen Tagebüchern las, Wind von der Sache bekam.
Hoffmann steigerte sich in seine unerfüllte Liebe immer weiter hinein. Im Februar 1811 schrieb er in sein Tagebuch: „Hol der Teufel die kuriose Stimmung – entweder schieße ich mich tot wie einen Hund (!), oder ich werde toll.“ (zitiert nach Lewandowski).
Die Konsulin Mark erfuhr wohl von Hoffmanns Leidenschaften für ihre Tochter und bemühte sich, das Mädchen schnellstmöglich unter die Haube zu bringen. Ausersehen dafür war der Kaufmannssohn Johann Gerhard Graepel aus Hamburg, den Julia Ende 1812 heiratete.
Allerdings nicht bevor es noch eine Szene zwischen dem Bräutigam und dem eifersüchtigen Hoffmann gab: Bei einem Ausflug nach Pommersfelden war Graepel so betrunken, dass sich – der wohl ebenfalls nicht nüchterne – Hoffmann dazu hinreißen ließ, ihn vor versammelter Gesellschaft lautstark als „Schweinehund“ zu beschimpfen.
Eine Szene, die ihm Hausverbot bei Familie Mark einbrachte.
Hoffmann verarbeitete seine Eifersucht in einer Szene im Berganza* (siehe auch unten): Hier berichtet der sprechende Hund, wie er dem verhassten Bräutigam der Cäcilia in der Hochzeitsnacht in die Waden beißt.
Auch ein Sonett, das Hoffmann eigentlich für Julia Marks 15. Geburtstag geschrieben hatte, findet sich im Berganza als Sonett auf Cäcilia wieder.
Julia Mark – deren Ehe mit Graepel nur kurz dauerte – wurde zum Vorbild für zahlreiche Frauengestalten in Hoffmanns Werken: die erwähnte Cäcilie im „Berganza“ ist nach ihr ebenso gestaltet, wie die Aurelie in den „Elixieren“ oder die Clara im Sandmann*
Bamberg in den Werken E.T.A. Hoffmanns
Das Apfelweib aus „Der goldne Topf“
Der Goldne Topf*, ein Märchen und Hoffmanns erfolgreichstes Werk, entstand 1814, also erst nach seiner Bamberger Zeit. Angesiedelt ist die Geschichte um den Studenten Anselmus, der sich in die schönen Augen eines wundersamen Schlängleins im Holunderbusch verliebt, in Dresden. Es gibt nichts, was offensichtlich auf Bamberg hinweisen würden – aber doch weiß man, dass zu einem Punkt ein kleines Detail in Bamberg die Inspiration geliefert hatte:
Diese kurze Passage ist eine Reminiszenz an den Türknauf in der Eisgrube 14, heute in Bamberg bekannt als „Apfelweibla“. Hier lebte Hoffmanns guter Freund Carl Friedrich Kunz, nachdem er vom Grünen Markt (siehe oben) weggezogen war.
Wieso das freundlich lächelnde runde Gesicht zur Fratze einer Hexe wurde, das bleibt freilich Hoffmanns Geheimnis. Möglicherweise hatte hier der Alkohol seine Finger im Spiel?
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Das Kapuzinerkloster zu B. aus „Die Elixiere des Teufels“
In dieser Stimmung liesest du die Geschichte des Medardus, und wohl magst du auch dann die sonderbaren Visionen des Mönchs für mehr halten als für das regellose Spiel der erhitzten Einbildungskraft.
Da du, günstiger Leser! soeben Heiligenbilder, ein Kloster und Mönche geschaut hast, so darf ich kaum hinzufügen, daß es der herrliche Garten des Kapuzinerklosters in B. war, in den ich dich geführt hatte.Die Elixiere des Teufels: Vorwort des Herausgebers
Hoffmann hat mit diesen Worten, mit denen er seinen Roman Die Elixiere des Teufels* beginnen lässt, eine der schönsten Beschreibungen des Bamberger Kapuzinerklosters hinterlassen.
Leider ist vom Bamberger Kapuzinerkloster nichts mehr erhalten. Es wurde bereits 1804 zur Zeit der Säkularisation aufgelöst und im 19. Jahrhundert abgerissen. Hoffmann hat es in seinen Bamberger Jahren noch besucht und es machte offenbar solchen Eindruck auf ihn, dass er den Beginn und das Ende seines 1815 erschienen Buches in diese Anlage verlegte.
An Stelle des alten Klosters wurde eine Schule errichtet. Heute befindet sich dort das Claviusgymnasium. Immerhin: Die Adresse erinnert noch an Ordensbrüder, die hier jahrhundertelang lebten und die Hoffmann verewigt hat: Die Schule liegt nämlich in der Kapuzinerstraße.
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Wo Hoffmann dem sprechenden Hund Berganza begegnete
Die Niederschrift der „Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza“ begann E.T.A. Hoffmann im Februar 1813. Wir erinnern uns: zwei Monate später verließ er Bamberg für immer.
Der „Berganza“ ist ein Dialog zwischen dem Erzähler – Hoffmanns erzählerischem Ich – und dem Hunde Berganza, die sich im Bamberger Hain zufällig des nachts begegnen. Hund Berganza erzählt aus seinem Leben – genauer gesagt: Er erzählt, was ihm zugestoßen ist, seit die Literaturkenner nichts mehr von ihm gehört hatten. Denn Berganzas Vorbild ist der gleichnamige sprechende Hund bei Cervantes.
Für eine Weile war er des Sprechens nun nicht mehr mächtig, aber magischerweise erlangte er diese Gabe genau in dieser Nacht wieder. Umso mitteilungsbedürftiger ist er auch. Er berichtet nicht nur seine eigenen Erlebnisse, sondern lässt sich auch über die Kunst aus.
Ganz nebenbei ist der „Berganza“ auch Hoffmanns Abrechnung mit Bamberg und der Bamberger Gesellschaft. Er verarbeitete hier auch die unglückliche Liebe zu Julia Mark: dass er u.a. beschreibt, wie der verhasste Nebenbuhler in der Hochzeitsnacht vom Hund in die Wade gebissen wird, habe ich bereits oben erwähnt.
Allerdings lässt sich Hoffmann – oder natürlich eigentlich: der sprechende Hund – über die Unsitte aus, dass es heute zum guten Ton gehöre, jedes Kind künstlerisch ausbilden zu lassen – selbst wenn den Kindern das Talent dafür völlig abgeht. Auch Hoffmann litt in seinen Bamberger Jahren mitunter darunter, dass er völlig unbegabte Kinder der besseren Familien zu unterrichten hatte.
Auf welchem Weg Hoffmann dem Hund Berganza begegnete, ist recht einfach lokalisierbar, denn der kurze Text beginnt mit den Worten:
Heute steht an diesem Weg entlang des Regnitzufers ein Denkmal, dass daran erinnert, dass Hoffmann auf diesem Weg den redenden Hund getroffen habe. Die Statue des Heiligen Nepomuk steht allerdings einige Meter weiter südlich. Ob sie versetzt wurde oder dort schon immer stand, sich also wirklich hier in ihrem Schatten Hoffmann mit dem Hund unterhalten haben will, habe ich leider nicht herausgefunden.
Für den Hund Berganza gab es übrigens auch ein reales Vorbild, nicht nur ein literarisches: Pollux, der Hund der Wirtin des Gasthauses Rose, gleich neben dem Theater gelegen, begleitete Hoffmann häufig auf seinen Spaziergängen durch den Hain.
Bamberger Plätze in „Meister Johannes Wacht“
Im Frühjahr 1822 erkrankte Hoffmann, inzwischen in Berlin lebend, schwer. In der zweiten Aprilhälfte war er an Füßen und Händen gelähmt. Seine letzten Werke diktierte er vom Krankenlager aus.
Der erste dieser diktierten Texte ist „Meister Johannes Wacht“, die Geschichte eines Handwerksburschen, der sich auf seiner Wanderschaft schließlich in Bamberg niederlässt.
Anders als bei anderen Büchern, die in Bamberg spielen oder von Bamberg inspiriert wurden, wird die Stadt hier explizit genannt. Es gibt keine Abkürzungen wie in „Die Elixiere des Teufels“ (wo immer nur vom „Kloster in B.“ gesprochen wird) und auch keinen anderen Spielort, etwa Dresden im Goldnen Topf, bei dem nur Anregungen aus Bamberg eingeflossen sind. Nein, hier ist ganz klar von Bamberg die Rede.
Auch werden hier sehr deutlich einige Örtlichkeiten in der Stadt erwähnt. So zum Beispiel bei Wachts Ankunft.
Der bischöfliche Palast, von dem hier die Rede ist, ist zweifellos die Neue Residenz. Sie liegt auch, wie es beschrieben ist, so, dass „die Mauern aus der Tiefe eines engen Gässchens himmelhoch emporsteigen“.
Etwas weiter in der Geschichte, wird dann ein weiterer bekannter Platz in Bamberg genannt:
Von den entsetzlichsten Ahnungen ergriffen, rannte der Meister hinab nach Jonathans Wohnung, die eben ganz am Fuße des Kaulbergs gelegen.Meister Johannes Wacht
Es ist doch auffällig, dass Hoffmann fast 10 Jahre nach seiner hastigen Abreise noch auf seinem Sterbelager eine Erzählung diktierte, die in Bamberg spielte. Und die versöhnlichen Worte überraschen doch, wenn man weiß, dass Hoffmanns Zeit in Bamberg nicht die beste gewesen war:
Möglicherweise hat er doch, so kurz vor seinem Tod, noch seinen Frieden mit seinen Lehr- und Marterjahren in Bamberg gemacht.
Am 25. Juni 1822 stirbt Hoffmann in Berlin mit gerade einmal 46 Jahren.
In Bamberg ist er in der Zwischenzeit allerdings unsterblich geworden.
Wer möchte, kann heute auf dem E.T.A. Hoffmann-Weg wandeln (hier gibt es mehr Informationen) .
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Hallo Ilona,
solche literarischen Spaziergänge finde ich immer toll. Zum einen gibt es einem Bezugspunkte in der Stadt, zum anderen steigt dadurch das Interesse an dem Schriftsteller.
Ich muss zugeben, dass ich bisher noch nichts von E.T.A. Hoffmann gelesen habe, auch wenn er schon lange auf meiner „Zu-lesen-Liste“ steht. Das werde ich jetzt mal ändern.
Liebe Grüße
Gina
Ich hab jetzt schon von einigen gehört, dass sie noch nie Hoffmann gelesen haben. Wie ichs Ulrike gerade schrieb: Ich würde mit dem Goldnen Topf anfangen
Das ist ja schon eine halbe Dissertation! Toller Beitrag, der mich anregt, was von ETA Hoffmann zu lesen und auch Bamberg mal auf die Liste zu nehmen.
Ach, und Danke für das Verlinken.
Dann hab ich mein Ziel erreicht, wenn ich neugierig machen konnte ☺️☺️ Fang doch mal mit dem Goldnen Topf an, der gefällt miram besten und gibt nen guten Einstieg in Hoffmanns Stil
Liebe Ilona,
als Sprach- und Literaturwissenschaftlerin ist er mir natürlich auch des öfteren über den Weg gelaufen, der E.T.A Hoffmann! Kunstmärchen waren einer meiner Examensschwerpunkte. Deshalb freue ich mich besonders über diese schöne Anregung!
Vielen Dank auch für die Verlinkung – dann schicken wir die Literaturfreunde mal auf den Weg! 🙂
Herzliche Grüße!
Ines-Bianca
Oh, eine Kollegin! Das freut mich!
(Ich hatte SprLit allerdings nur als Nebenfach)