Die Pollingsrieder Kapelle – teilweise auch als „Pestkapelle von Pollingsried“ bezeichnet – wird immer wieder als „einer der unheimlichsten Orte Deutschlands“ genannt und auf Seiten, die sich mit paranormalen Geschehnissen befassen, ausgiebigst diskutiert.
Allerlei schaurige Geschichten werden erzählt. Irgendwem ist irgendwann hier etwas sehr Gruseliges passiert.
Nun habe ich bekanntermaßen ein Faible für verwunschene Kapellen, die einsam im Wald herumstehen, und deshalb wollte auch ich die berühmt-berüchtigte Kapelle von Pollingsried besuchen. Das Ganze verbanden wir mit einer herrlichen, ruhigen und einsamen Wanderung ab Seeshaupt, die uns über Hohenberg und Eichendorf führte.
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Ihr interessiert euch für mystische, geheimnisvolle Orte, für Kapellen im Wald und ähnliches?
Schaut mal in meinem Artikel über Kraftorte in Bayern und Ausflüge zu besonderen Quellen, Steinen und Bäumen vorbei.
Inhalt
Wanderung ab Seeshaupt zur Pollingsrieder Kapelle
Wir hatten noch keine konkrete Idee, auf welchem Weg wir zur Pollingsrieder Kapelle wandern wollten. Nach einem Blick auf die Wanderkarte am Bahnhof in Seeshaupt am Starnberger See beschlossen wir dann, zuerst einmal dem ausgeschilderten Wanderweg Nr. 33 zu folgen und schließlich – wenn wir Lust auf einen weiteren Weg haben sollten – auf den Wanderweg Nr. 21 abzuzweigen und so in einem großen Bogen nach Pollingsried zu gelangen.
Letztendlich war dies auch ziemlich genau die Route, die wir wanderten, wobei wir erst am Ende der Wanderung ein bisschen davon abwichen.
Das Schöne auf dieser Tour: die Geschichte der Region begleitet uns auf Schritt und Tritt und zeigt sich oft in vermeintlichen Kleinigkeiten.
Das Franzosenkreuz bei Ulrichsau
Vom Bahnhof Seeshaupt folgen wir der Hohenberger Straße Richtung Südwesten. Außerhalb des Ortes sehen wir rechterhand der Straße das sogenannte Franzosenkreuz.
Hierbei handelt es sich um ein barockes Gedenkkreuz. Solche Gedenkkreuze oder -steine wurden an Unglücksorten aufgestellt, und forderten Vorbeikommende auf, kurz im Gebet der hier Verunglückten zu gedenken. Wer in den bayerischen Wäldern und Bergen wandert, wird auf zahlreiche solche Gedenkstellen stoßen, auch aus neuester Zeit: seien es verunglückte Bergwanderer, Waldarbeiter oder auch Opfer von Gewalttaten.
Das Franzosenkreuz stand nicht ursprünglich hier an der Straße nach Hohenberg, sondern an einem Verbindungsweg zwischen Seeshaupt und Oppenried. Dort, so berichten die Ortschroniken, lagerten im Jahr 1800 etwa 12.000 Soldaten aus Napoleons Armee. Das Franzosenkreuz erinnerte an zwei dort verstorbene französische Soldaten – woher es auch seinen Namen hat.
Vor etlichen Jahrzehnten wurde es bei Holzarbeiten beschädigt und einfach woanders hin versetzt, wo es im Wald vor sich hinrottete, bis der Ortsgestaltungs- und Verschönerungsverein Seeshaupt darauf aufmerksam wurde und sich der Rettung des Kleindenkmals annahm.
Nun steht eine Replik an der Hohenberger Straße.
Durch kleine Weiler: Eine gemütliche Wald- und Wiesenwanderung mit Bergblick
Kurze Zeit später zweit links von der Hohenberger Straße ein Waldweg ab. Hier gehen wir weiter. Der Wald ist noch recht kahl. Die winterlichen Tage in den Wochen zuvor haben das Wachstum wohl noch etwas gebremst. Trotzdem machen sich die Frühjahrsblumen schon breit: Veilchen- und Schlüsselblumen vor allem.
Abgesehen vom letzten Stück unserer Tour gehört dieser erste Teil des Weges zu den am stärksten frequentierten unserer ganzen Wanderung: Hin und wieder treffen wir jemanden, der seinen Hund Gassi führt. Das war es allerdings auch schon. Auch hier ist es schon herrlich ruhig.
Und so soll es auch weitergehen: Auf den nächsten zehn Kilometern bis zum Wanderparkplatz bei der Pollingsrieder Kapelle sehen wir so gut wie keine anderen Wanderer. Einmal kreuzt wohl eine Radroute unseren Weg, an einem Gestüt sind mehrere Reiter unterwegs und die Einheimischen sind natürlich auf ihren Höfen und Wiesen tätig. Aber andere Wanderer? Eigentlich nicht.
Gemütlich wandern wir durch Wälder und über herrliche Wiesen, Forstwege und kaum befahrene Landstraßen und passieren dabei zahlreiche kleine Weiler.
Ellmann ist einer der ersten, gleich nachdem wir das erste Waldstückchen hinter uns gelassen haben. Wir hängen Tagträumen nach, wie es wäre, hier im Sommer ein paar Tage abzusteigen und einfach gar nichts zu tun.
Wer keine Lust auf eine lange Wanderung hat, könnte hier bereits links abzweigen und so auf kurzem Wege zur Pollingsrieder Kapelle kommen. Wir wollen allerdings noch weiter wandern. Gleich nach Ellmann kommen wir wieder in den Wald, wo es rechts nach Hohenberg abgeht.
Ich glaube, wir waren uns einig, dass Hohenberg zu den Highlights dieser Wanderung zählte. Nicht wegen dem im 19. Jahrhundert gebauten Jagdschlösschen – das wir ehrlich gesagt gar nicht zu Gesicht kriegen -, auch nicht wegen des Gasthauses, in dem man sicherlich gut essen kann, sobald dieser ganze Corona-Irrsinn vorbei ist. Tatsächlich auch nicht nur wegen der entzückenden kleinen Hofkapelle, die uns sofort ins Auge springt, als wir aus dem Wald treten. Und auch nicht nur wegen der herrlichen Allee, die wir entlangwandern, gesäumt von großen alten Bäumen. Am besten gefällt uns die kleine Anhöhe direkt hinter dem Gasthaus. Dort sitzen wir eine ganze Weile und blicken auf den Hof unter uns, die Wiesen vor uns und die Berge ganz am Horizont. Vor lauter Ausblick vergesse ich sogar, Fotos zu machen.
Über Wolfetsried und Eichendorf Richtung Pollingsried
Wir wandern von Hohenberg weiter, noch ein Stück den Hügel hinauf und marschieren über das verschlungene Landsträßchen nach Wolfetsried. Hier in der Ecke befinden sich gleich zwei Gestüte bzw. Reitanlagen, deshalb ist hier fast schon viel Verkehr (ok, es waren nur eine Handvoll Autos). An diesem schönen Samstag nachmittag wollen offenbar alle zum Reiten.
Auf diesem Teil des Weges hat man einen wunderbaren Blick auf die Berge zur Linken. Auf einer Anhöhe steht ein Hof: Der Ausblick von dort Richtung Berge muss traumhaft sein!
Der Weg führt uns von Wolfetsried Richtung Süden, immer auf einer einsamen Landstraße dahin. Wir lassen Arnried zur Rechten, kommen an einem Schafsgehege vorbei und amüsieren uns eine Weile über die jungen Lämmchen und kommen schließlich zum Weiler Eichendorf.
Laut dem Kreisheimatpfleger des Landkreises Weilheim-Schongau, Klaus Gast, stammt der Ort wohl aus dem 11. Jahrhundert, als in der Region die „sogenannte zweite Rodungsphase“ begonnen hatte.[Literaturangaben siehe unten]
Um das Jahr 1000 herum gab es ein gewaltiges Bevölkerungswachstum. Neues Siedlungsland und landwirtschaftliche Flächen wurden notwendig und so begann man Wälder zu roden, um das Land urbar zu machen. Die zahlreichen Ortsnamen, die auf -ried/-riet, -reuth/-reut, in anderen Regionen Deutschlands auch auf -rode, -rade oder -roda enden, erinnern an solche Rodungsaktionen. Wenn man sich vor Augen hält, wie viele Ortsnamen es gibt, die diese Suffixe enthalten, hat man eine ungefähre Idee von dem Ausmaß der mittelalterlichen Urbarmachung.
Im Namen Eichendorf steckt nun kein solches Suffix, aber doch das Wort „Eichen“. Gast schreibt, der Ort dürfte „mit ziemlicher Sicherheit damals als Rodung im ausgedehnten Eichenwald entstanden sein“.
Das erste Mal erwähnt wird es erst nach 1200, als diverse Schenkungen an das Kloster Benediktbeuern gingen. 1829 werden für Eichendorf sechs Häuser, eine Kapelle und eine Branntweinbrennerei aufgelistet. Ob es die Brennerei noch gibt, weiß ich leider nicht. Die Kapelle, die aus dem 17. Jahrhundert stammt und dem heiligen Leonhard geweiht ist, gibt es noch.
Die Anzahl der Häuser hat sich in der Zeit des Bestehens des Ortes nicht wirklich geändert. Gast nennt heute 9 Häuser, wobei er die Kapelle in die Aufzählung inkludiert.
So und so: Der Ort ist überschaubar und liegt idyllisch an einem kleinen Weiher, der naheliegenderweise Eichendorfer Weiher heißt.
Kurz nach Eichendorf passieren wir den Einödhof Tradfranz – und damit begeben wir uns auf Pollingsrieder Gebiet.
Die Pollingsrieder Kapelle: gruselig oder idyllisch?
Die Geschichte von Pollingsried
Pollingsried ist ein sogenanntes „abgegangenes Dorf“, also schlicht: Ein Dorf, das nicht mehr da ist. Ein weiteres abgegangenes Dorf, von dem nur noch die Kapelle steht, findet sich z.B. auch im Würmtal.
Der Name Pollingsried ist ziemlich sprechend. Auch hier der Wortbestandteil -ried, der auf eine Rodung hinweist. Polling bezieht sich auf das unweit von Weilheim gelegene Kloster Polling. Denn zu diesem gehörte der Weiler bis zur Säkularisation.
Das erste Mal wurde der Ort wahrscheinlich in einer Urkunde aus dem Jahr 1010 erwähnt, in der Kaiser Heinrich II. (eben jener, der das Bistum Bamberg gründete und dort im Dom begraben liegt) dem Kloster Polling verschiedene Besitzungen zurück erstattete. Darin ist auch ein „Riet“ erwähnt, von dem man heute gemeinhin annimmt, dass es das Pollinger Riet, also Pollingsried, meint.
Eine Kirche ist in einer Urkunde von 1062 bereits erwähnt. In der Mitte des 18. Jahrhunderts zitiert der Raistinger Pfarrer Gailler aus einem älteren Visitationsbericht, in dem vermerkt war, in welch schlechtem Zustand die Kapelle von Pollingsried sich damals befand. Es geht nicht daraus hervor, von wann der Visitationsbericht stammte. Grundsätzlich ist es aber gar nicht so ungewöhnlich, dass im 17. und 18. Jahrhundert alte Gotteshäuser in Deutschland in schlechtem Zustand waren. Viele waren mitgenommen durch die Vernachlässigung aufgrund der konfessionellen Wirren (welche in Altbayern allerdings weit schwächer ausfielen als anderswo) und natürlich auch durch den Dreißigjährigen Krieg. Es ist kein Zufall, dass so viele Kirchen in der Barockzeit renoviert, erweitert und umgebaut wurden – und zum Teil werden mussten. Sie waren häufig einfach in keinem guten Zustand und eine Renovierung war sowieso fällig.
In Pollingsried kam hinzu, dass die Kirche offenbar 1655 abbrannte und wohl um 1657 neu errichtet wurde. Es wäre natürlich interessant, zu wissen, von wann der Visitationsbericht stammt, der zitiert wurde. Wie schnell war die Kirche wieder verfallen? Oder stammte der Bericht aus der Zeit des Brandes?
Pollingsried wie auch die umliegenden Weiler gehörten zu verschiedenen Klöstern. Einige zu Bernried, andere zu Benediktbeuern oder eben zu Polling.
Als im frühen 19. Jahrhundert, zur Zeit der Säkularisation, der Staat Kircheneigentum einzog, geschah dies auch mit den zu den Klöstern gehörenden Wäldern.
Gast schreibt dazu:
Nachdem dem Staat auch zwischen Eberfing, Seeshaupt und Antdorf große Forstgebiete aus ehemaligem Klosterbesitz zugefallen waren, versuchte die Forstverwaltung diesen Besitz möglichst abzurunden, um ihn ohne die Unterbrechungen durch kleine Siedlungen großflächig zu nutzen. Deshalb kaufte er in den Jahren 1856 bis 1860 viele Weiler und Einzelanwesen auf, um sie abzubrechen und die dazugehörenden Wiesen, Weiden und Äcker aufforsten zu können. Selbst die Hofstellen wurden beseitigt und mit Fichtenmonokulturen bepflanzt. Man erwartete sich hieraus den größten wirtschaftlichen Nutzen. Die war auch der Grund, warum die Höfe in Pollingsried vom Staat aufgekauft wurden.
Auch andere Orte der Umgebung verschwanden so von der Landkarte. In Eichendorf und Arnried weigerten sich die Eigentümer, ihre Höfe zu verkaufen, sonst hätte diese Dörfer ein ähnliches Schicksal ereilt.
Von den vier Anwesen Pollingsrieds blieb nur eines erhalten: Der Einödhof Trandfranz, der allerdings nicht zum Kloster Polling, sondern zum Kloster Benediktbeuern gehört hatte.
Auch die Kirche blieb vom Abriss verschont, da auf ihr Stiftungen lagen und die Gemeinde Arnried sich um sie kümmerte.
Ebenso blieben die Brunnen der Höfe erhalten. Und natürlich viele Geschichten, wobei in den letzten Jahren wohl noch einige dazu kamen: Ein abgegangenes Dorf beflügelt die Phantasie.
Gruselort Pollingsrieder Pestkapelle
Wer „Pollingsrieder Kapelle“ in die Suchmaschine seiner Wahl eingibt, erhält zahlreiche Treffer, die die Worte „Spuk“, „gruselig“, „Geister“ oder „unheimlich“ enthalten.
Ja, gruselig und unheimlich soll es hier zugehen. Menschen verlieren hier angeblich den Verstand, verirren sich im Wald, hören unheimliche Geräusche oder verlieren jegliches Gefühl für die Zeit. Irgendwem ist hier auf jedenfall irgendwann irgendetwas Gruseliges passiert. Steht so im Internet, muss also stimmen.
Die Brunnen um die Kirche seien in Form eines Pentagrams angelegt – der fünfte sei unter der Kirche versteckt und hieße „Teufelsbrunnen“.
Von einem Mädchen ist die Rede, das 1625 ermordet und in einem der Brunnen versenkt wurde. Der treue Hund des Mädchens enttarnte den Pfarrer als Täter und noch heute soll ein schwarzer Hund mit feuerroten Augen dort im Wald sein Unwesen treiben (oder manchmal auch als gutes Wesen agieren und verirrten Wanderern den Weg zeigen).
Die Leichen von Pesttoten seien angeblich in den Brunnen entsorgt worden, so heißt es. Nicht nur, dass die Brunnen sogar von Tauchern untersucht worden waren ohne Überreste von Menschen zu Tage zu fördern – man muss sich schon auch fragen, warum irgendwer glauben kann, früher hätte man Seuchenopfer in einem Trinkwasserbrunnen entsorgt.
Ihr seht: Ich stehe den Gruselgeschichten eher zweifelnd gegenüber. Oder anders: Ich halte sie persönlich für ziemlichen Humbug.
Da wäre zum einen, dass die Geschichten sich z.T. recht einfach widerlegen lassen. Die Brunnen um die Kirche sind alles andere als in Form eines Pentagrams angelegt (siehe die Darstellung hier) – und einen fünften Brunnen unter der Kirche gibt es auch nicht. Ebenso wurden keinerlei Überreste eines Pestfriedhofs oder von in den Brunnen entsorgten Leichen entdeckt.
„Der Weg zur Kapelle ist nicht ausgeschildert; man verirrt sich fast immer im Wald und findet nur sehr schwer wieder hinaus.“ ist eine weitere Behauptung. Und nicht selten wird erzählt, wie tief die Kapelle nicht in einem dichten Wald läge, den man durchqueren müsse…
Nun gut, vielleicht war der Weg früher nicht ausgeschildert (heute ist er es – es gibt sogar einen Parkplatz für Kapellenbesucher), aber besonders gut versteckt ist die Kapelle trotzdem nicht. Der Einödhof Tradfranz ist gerade einmal 500m entfernt, der Weiler Eichendorf einen knappen Kilometer. Hinauszufinden ist auch wahrlich nicht besonders schwierig – sofern man über ein bisschen Orientierungssinn verfügt. Ebenso ist der Wald, in dem die Kapelle liegt, meiner Meinung nach ein ziemlich gewöhnlicher und keineswegs besonders dichter und dunkler Wald.
Ich halte aber den Teenagern, die sich nachts offenbar hin und wieder zum gruseln an der Kapelle treffen, zu Gute, dass es a) nachts im Wald wirklich gruselig ist (v.a. wenn man ein Teenager mit einer übersteigerten Phantasie ist) und b) sie vielleicht auch ihren Orientierungssinn noch nicht so geschult haben.
Wenn ich nachts im Wald säße, würde ich jedenfalls auch sehr viele sehr gruselige Geräusche im Dunkeln hören. Ganz besonders, wenn ich schon darauf warte…
Die Geschichten sind zum Teil so hanebüchen, dass sie sogar auf Webseiten, die sich mystischen Orten und Phänomenen verschrieben haben, eher mit einem Schmunzeln erzählt werden: „Diesen Bericht habe ich auf meinem heimischen PC geschrieben. Ergo fand ich den Weg aus dem Wald.“, schreib etwa Thomas von mystisch.net. Und endet seinen Artikel augenzwinkernd mit: „Und zumindest landschaftlich ist es dort großartig. Mehrere Geister haben mir das bestätigt.“
Pollingsried und die Pest
Doch was ist dran an den Gruselgeschichten? Wieso nennt man die Kapelle „Pestkapelle von Pollingsried“? Wie so oft ranken sich Mythen und Legenden – auch die ganz neuzeitlichen – um einen kleinen wahren Kern.
Im Internet liest man immer wieder, die Kapelle sei im 18. Jahrhundert auf einem Pestfriedhof errichtet worden. Dass dies nicht stimmt, sieht man allein daran, dass die Kapelle bereits lange vorher nachgewiesen werden kann. Auch ein Pestfriedhof wurde nicht gefunden.
Was hatte die Kapelle denn nun mit der Pest zu tun? Woher die Bezeichnung Pestkapelle?
1873 gab es offenbar noch eine Votivtafel in der Kapelle, der die Geschichte zu entnehmen war:
Als 1630 die Pest in der Gegend wütete, gelobte die Gemeinde Eberfing mit den umliegenden Orten jährlich in der Pollingsrieder Kapelle zu Ehren des Hl. Sebastian, den man als Pestheiligen verehrte, eine Messe lesen zu lassen. Seit diesem Gelöbnis sei niemand mehr an der Pest erkrankt. Und so weit man die Glocken der Kapelle hörte, konnte die Pest sich nicht mehr verbreiten.
Aus dieser Geschichte leiteten sich wohl die Schauergeschichten über den Pestfriedhof und die Seelen der dort Begrabenen ab. Auch die heute im Internet kolportierte Behauptung, 5km um die Kapelle sei der Wald verflucht, ist wohl eine Umkehrung der alten Sage, dass die Umgebung geschützt sei, so weit man die Glocken hörte. Auch die Geschichte vom 1625 ermordeten Mädchen passt zeitlich gut dazu.
Aus wenigen historischen Eckpunkten – Pest, Gelöbnis, Glockengeläut, Verschwinden der Höfe und damit die Lage der Kapelle mitten im Wald – entstand so wohl durch Stille Post ein großer Fundus an Grusel- und Schauergeschichten.
Und dann gibt es auch noch Legenden, die mit der unweit gelegenen Hardtkapelle in Zusammenhang stehen, und fälschlicherweise der Pollingsrieder Kirche zugeschrieben werden (so die Geschichte vom Fußabdruck des Teufels).
Von Pollingsried zurück nach Seeshaupt
Pollingsried gehörte zu den belebtesten Orten unserer Wanderung. Dass der Wanderparkplatz nur ein paar hundert Meter weiter liegt, trägt wohl dazu bei (soviel zur Behauptung, die Kirche sei schwer zu finden, da sie tief im dunklen Wald läge). Als wir ankamen, saßen bereits ein paar Leute dort und genossen die Sonne. Kurz bevor wir wieder aufbrachen, kamen ein paar Radler, um dort Brotzeit zu machen.
Dass der Vorplatz der Kapelle beliebt ist, zeigen schon die zahlreichen Bänke, die dort zum Verweilen einladen.
Wir folgten dem Wanderweg Nr. 21/22 ein Stück weiter, gingen aber nicht mehr die große, ausgeschilderte Runde, sondern bogen bereits früher links ab, bis wir wieder auf den markierten Wanderweg Nr. 33 stießen. Ihm folgten wir entlang des Ostufers des Frechensees zurück zum Bahnhof Seeshaupt.
Wer möchte, kann den Weg noch bis zu den Osterseen verlängern und auch vom Bahnhof Iffeldorf zurückfahren.
Kurz gesagt: Ein herrliche, sehr ruhige und einsame Wanderung durch Wälder und über Wiesen mit einigen spannenden alten Sagen und einigen amüsanten neuen.
Ideal, um vom Ausflugstrubel wegzukommen, ohne weit fahren zu müssen.
Über: Hohenberg, Wolfetsried, Eichendorf, Pollingsrieder Kapelle, Frechensee
Strecke: 20 km – an mehreren Stellen abzukürzen oder auch zu verlängern
Anspruch: leicht, gemütlich, wenige leichte Steigungen
Beschilderung: Durchgängig. Markierte Wanderwege Nr. 33 und Nr. 21
Weiterlesen:
- Gast, Klaus: Zur Geschichte von Pollingsried und Eichendorf. in: Lech-Isar-Land. Heimatkundliches Jahrbuch 2008. (hier abzurufen)
- Homepage des OGVS
- Die Pestkapelle von Pollingsried – Spuk oder Spinnerei? auf fuenfseenland.de
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- Wanderung nach Mariabrunn: Ein vergessenes Heilbad bei München
- Artikel über Heilige Orte europaweit
Liebe Ilona,
ich mag Deine mystischen Touren zu versteckten Ecken an denen es einiges zu erzählen gibt.
Stammt der Begriff Pestkapelle, den es ja gerade in Südbayern recht häufig gibt, aus der Zeit, in der man Maria um Hilfe gegen die Pest angerufen hat? Oder welche Erklärung hat der Namen?
Spannend finde ich auch immer, an welch teils unzugänglichen Orten im Wald solche Kapellen stehen.
Heute ein schönes Wanderziel, doch früher ein beschwerlicher Weg.
Ich lese immer wieder gerne bei dir.
Liebe Grüße, Katja
Danke Dir! 🙂 Das freut mich.
Pestkapellen können alle möglichen Kapellen sein: Manche wurden gestiftet als Dank dafür, dass man von der Pest verschont blieb, andere, um Gott oder die Heiligen zu bitten, dass die Pest enden möge. Andere sind einfach nur einem Pestheiligen (also meist Rochus oder Sebastian) geweiht. Und hier in dem Fall stammt die Bezeichnung daher, dass man ein Gelübde tat, hier eine Messe lesen zu lassen, wenn die Pest vorbeiginge.
In der Ecke gibt es ja heute noch echt viele kleine Weiler und Höfe, die ähnlich umständlich erreichbar sind… v.a. standen die Höfe damals ja nicht so im Wald, wie die Kapelle heute. Das wurde ja erst im 19. Jahrhundert aufgeforstet.
Liebe Ilona,
da hast du ja eine lange und geschichtsträchtige Wanderung gemacht, die sich recht spannend liest.
Ich finde es immer wieder interessant, welchen Ursprung diese „Geschichten“ wohl haben. Aber gut, dass du weder menschliche Überreste noch einen gruseligen Hund dort finden konntest. 😉
Liebe Grüße
Gabriela
Auch ganz ohne die Hintergrundgeschichten war es eine wunderschöne Tour 🙂 Auch für Geschichtsmuffel empfehlenswert!
Was für eine spannende Geschichte. 🙂 Ich mag so etwas ja und mich macht das dann auch eher neugierig auf die Geschichte dahinter. 😉
Viel gruseliger finde ich aber ehrlich gesagt solche Begriffe wie „abgegangenes Dorf“. Irgendwie ist der Gedanke befremdlich und auch traurig, dass ganze Dörfer einfach „abgegangen“ sind.
Viele Grüße
Tanja
Hallo Ilona,
das ist ja interessant. Im Juni bin ich voraussichtlich auch auf dem Weg zur Pollingsrieder Kapelle. Hoffentlich stelle ich hinterher nicht fest, dass schon alles gebloggt ist. 🙂
Viele Grüße
Stefan
Na, ich glaube, es gibt immer noch etwas dazu zu sagen… Wir kamen ja z.B. leider nicht rein. Vielleicht ist dir das vergönnt.