Nur etwa sechs Kilometer trennen den Dom im Zentrum der Stadt und die Kartause von Florenz an der südlichen Stadtgrenze. Der Bus braucht etwa 25 Minuten. Und doch liegen dazwischen gefühlt Welten. Während sich in der Innenstadt die Touristen drängen, genießen wir die Kartause in völliger Ruhe. Zu dritt sind wir bei unserem geführten Rundgang. Ist die Certosa di Firenze wirklich solch ein Geheimtipp?
Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte sie doch verdient, denn wir sind alle drei begeistert. Von der Anlage selbst, vom Blick in die Landschaft und auch von unserer Führerin, die ganz offensichtlich mit voller Begeisterung dabei ist, uns die Kartause und ihre Geschichte näher zu bringen.
Inhalt
Anfahrt zur Kartause von Florenz
Die Kartause liegt südlich von Florenz, Richtung Chianti-Gebiet. Wer aus der Stadt kommt, kann zwischen zwei Bussen wählen: Der Bus Nr. 11 fährt unter anderem ab Piazza San Marco/La Pira und ab dem Bahnhof Santa Maria Novella bis zur Endhaltestelle „La Gora“. Von dort sind es noch etwa 15-20 Minuten Fußweg, zum Teil ohne Gehweg entlang der Landstraße. Die zweite Möglichkeit ist, ab dem Bahnhof Santa Maria Novella den Bus Nr. 37 zu nehmen und direkt an der Haltestelle „Certosa di Firenze“ auszusteigen.
In beiden Fällen dauert die Fahrt ungefähr eine halbe Stunde – kann je nach Verkehrslage stadtauswärts aber auch mal deutlich länger dauern. Die Fahrpläne findet man auf der Seite von Autolinee Toscana.
Der Kartäuserorden: Eremiten in Gemeinschaft
Der Kartäuserorden gilt als einer der strengsten katholischen Orden und die Mönche leben in völliger Abgeschiedenheit. Dabei gibt es bei den Kartäusern eine sogenannte „Mischobservanz“, die eremitische und gemeinschaftliche Elemente verbindet. Man könnte sagen, Kartäuser sind Einsiedler, die in Gemeinschaft leben.
Die Gründung der Kartäuser durch Bruno von Köln
Gegründet wurden die Kartäuser 1084 vom Heiligen Bruno von Köln. Er war zuvor Leiter der Reimser Hofschule – in dieser Funktion auch Lehrer des späteren Papstes Urban II. – und entschied sich nach mehreren Jahrzehnten der Lehrtätigkeit für ein Leben als Einsiedler. Ursprünglich war dies nicht sein Plan gewesen, denn er hatte versucht, Erzbischof von Reims zu werden, wurde aber von einem (korrupten – oder wie man damals sagte: simonitischen) Konkurrenten ausgestochen, der ihn dann schließlich auch ins Exil trieb. Zwar wurde der Konkurrent später abgesetzt und sogar exkommuniziert und Bruno galt als Favorit bei der Wahl des Nachfolgers, doch er lehnte ab. Er war inzwischen in den Benediktinerorden eingetreten und lebte asketisch und weltabgewandt. Er gründete bald eine Einsiedelei und ihm schlossen sich weitere Gefährten an, so dass die kleine Gruppe bald mehr Platz benötigte.
Ein weiterer ehemaliger Schüler Brunos, inzwischen Bischof von Grenoble, stellte den Brüdern ein Gebiet im Massif de la Chartreuse zur Verfügung, das schließlich namensgebend für die dort gegründete Einsiedelei – die Grande Chartreuse – und den ganzen Orden – die Kartäuser – wurde.
Bruno blieb allerdings nicht lange dort, sondern wurde von Urban II., seinem ehemaligen Schüler, nach Rom berufen. Doch auch dort hielt er es nicht lange aus, zog von Rom weiter nach Kalabrien, wo er zwei Kartäuserklöster gründete und schließlich 1101 auch starb und beigesetzt wurde.
Die Lebensweise der Kartäuser
Die Kartäuser haben keine eigentliche Ordensregel, aber ein Nachfolger Brunos als Prior der Chartreuse zeichnete die sogenannten „Consuetudines“ – also die Bräuche und Gewohnheiten – auf, die unter den Brüdern galten.
Es handelte sich beim Leben der Kartäuser wie erwähnt um eine Mischung aus Eremitentum und Gemeinschaftsleben: Eine stets recht geringe Anzahl von Mönchen (um die 15) lebten jeder für sich in einer eigenen Zelle, wo er den Großteils seines Lebens verbrachte. Diese Zellen sind allerdings keineswegs kleine Kammern, sondern man muss sie sich eher wie kleine „Einfamilienhäuser“ vorstellen. Sie umfassen einen Wohn- und Studierraum, einen Schlafraum, eine Werkstatt bzw. einen Arbeitsraum, Holzlager und auch einen kleine ummauerten Garten. In der Kartause von Florenz sind diese Zellen sogar mehrgeschossig. Es sind richtige kleine Häuser.
Jeder Mönch hatte diese Räumlichkeiten für sich zur Verfügung, wo er schlief, arbeitete, betete und auch aß. Nur an Sonn- und Feiertagen speisten die Brüder gemeinsam, aber schweigend, im Refektorium. Gemeinsam wurde auch die Messe gefeiert und das Chorgebet gesungen, sowie im Kapitelsaal die Angelegenheiten des Klosters besprochen. Einmal in der Woche gibt es eine gemeinsame Rekreation – also Erholung – bei der auch gesprochen werden darf, zudem einen gemeinsamen Spaziergang.
Neben den Patres – den eigentlichen Mönchen – gab es auch Laienbrüder in der Kartause, die sogenannten „Konversen“. Diese Konversen waren für die handwerklichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten im Kloster zuständig und versorgten auch die Mönche in ihren Zellen mit Lebensmitteln.
2005 erschien der Film „Die große Stille“ des deutschen Regisseurs Philipp Gröning, der das Leben der Mönche in der Großen Kartause („Grande Chartreuse“) zeigt, wie sie noch heute nach den strengen Leben dieses speziellen Ordens leben.
Die Kartause von Florenz (Certosa di Firenze)
Eine kurze Geschichte der Kartause von Florenz
Die Kartause von Florenz liegt auf der Kuppe des Monte Acuto südlich von Florenz, beim Ort Galluzzo. Unterhalb der Hügelkuppe vereinigen sich die beiden Flüsse Greve und Emo, die die Kartause damit auch vom Ort trennen.
Die Certosa di Firenze liegt somit abseits und in der Einöde, aber doch relativ nahe an der Stadt Florenz, direkt oberhalb der Straße nach Siena.
Grund dafür ist, dass der Stifter des Klosters aus einer der reichsten florentiner Familien stammte: Niccolò Acciaioli (1310-1365). Er war am Hofe der Anjou in Neapel tätig, wollte allerdings in bzw. bei seiner Heimatstadt ein Kloster gründen, das dem Märtyrer Laurentius (San Lorenzo) geweiht sein sollte. Am 8. Februar 1342 wurde die Schenkung vollzogen: die Ländereien und weitere Zuwendungen, die für Bau, Ausstattung und Versorgung eines Klosters notwendig sein würden, wurden dem Orden der Kartäuser übergeben.
Bis zum Tod Acciaiolis 1365 war der Bau wohl weitgehend vollendet, wurde aber auch später immer wieder erweitert oder umgebaut.
Acciaioli hatte eigentlich vorgesehen, dass auch eine Unterkunft für bis zu 50 Studenten auf dem Areal hätte entstehen sollen – diesem Wunsch des Stifters entsprachen die Mönche nach seinem Tod allerdings nicht, denn es hätte ihren strengen Ordensregeln entgegengestanden.
Bis 1810 blieb die Anlage im Besitz des Kartäuserordens, bis Napoleon 150 französische Soldaten einquartieren ließ, die – wie es so oft bei solchen Einquartierungen geschah – einiges an Schaden anrichteten. 1819 konnten die Kartäuser zurückkehren, die Kartause ging dann allerdings 1866 in den Besitz des italienischen Staates über. Dennoch konnten die Brüder bis 1958 bleiben. Dann ging die Anlage an die Zisterziensier über. Dieser Übergang zu einem weniger streng klausulierten Orden, ermöglichte auch, dass das Kloster für Besucher geöffnet werden konnte. Seit 2017/18 wird die Certosa von der Communità San Leolino betreut, einer Gemeinschaft aus Priestern und Laien.
Wie die Kartause wohl zukünftig genutzt werden wird? Viele Räumlichkeiten scheinen heute leerzustehen. Ich stellte mir während des Besuchs vor, dort würden Exerzitien – vielleicht sogar Schweigeexerzitien – oder andere spirituelle Auszeiten stattfinden. Die Gäste könnten dann vielleicht sogar in den Zellen übernachten, die jetzt nicht genutzt werden?
Man wird sehen, wie die Nutzung in Zukunft aussehen wird.
Eingang zur Kartause von Florenz
Der Rundgang durch die Kartause von Florenz beginnt auf der „Piazza“. Zur Rechten ist die Distillerie, in der heute Liköre hergestellt werden. Zur Linken gibt es einen kleinen Laden, in dem sowohl die Liköre erstanden werden können, als auch Bücher und allerhand fromme Gegenstände, zudem bekommt man hier auch die Tickets für den Besuch der Certosa di Firenze. Wer möchte, kann hier an der Bar auch einen Kaffee oder andere Getränke bekommen.
Am Ende der „Piazza“ befindet sich die Cappella delle Donne – die „Frauenkapelle“. Sie wird in Dokumenten aus dem 17. Jahrhundert zum ersten Mal erwähnt, als „neues Oratorium San Lorenzo“. Zur Frauenkapelle wurde sie wohl deshalb, weil Frauen der Zugang zum Klosterbereich und damit auch zur Klosterkirche verwehrt war. Sie kamen nur bis hierher, in den Eingangsbereich.
Die Pinakothek im „Palast“ der Familie Acciaioli
Direkt gegenüber der Cappella delle Donne befindet sich eine eindrucksvolle Stiege von 1545, die hinaufführt zum „Palast“. Niccolò Acciaioli hatte große Pläne mit der Kartause, die nicht unbedingt den strengen Regeln des Ordens entsprachen. Von der Idee, Studenten unterzubringen, war bereits die Rede. Aber er hatte auch den Plan, selbst hier seinen Lebensabend zu verbringen und dafür ließ er sich einen Palazzo bauen. Nach seinem Tod wurde der Plan nicht weiter verfolgt. Die Mönche ließen das Bauwerk zwar fertigstellen, nutzten es allerdings als Teil der Wirtschaftsgebäude. Durch Änderungen um 1545 wurde der Teil auch so an das Kloster angeschlossen, dass er nicht mehr so deutlich isoliert stand und damit aus der Gesamtanlage herausstach.
Heute ist hier die „Pinakothek“ untergebracht: einige Kunstwerke aus dem Besitz der Kartause sind hier ausgestellt, unter anderem die Originalfresken, die Pontormo zwischen 1523 und 1525 – nachdem er vor der Pest aus Florenz geflohen war – für den großen Kreuzgang der Kartause gemalt hatte. Da die Kunstwerke stark angegriffen waren, wurden sie Mitte des 20. Jahrhunderts in die Pinakothek verbracht und sind heute hier zu sehen.
Die Kirche San Lorenzo
Die Anlage der Kirche San Lorenze, wie man sie heute sieht, geht auf die Umgestaltungen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Allerdings befand sich die Kirche von Anfang an an dieser Stelle, denn sie wurde hier unmittelbar auf den Fels des Monte Acuto gebaut und lag damit auf dem höchsten Punkt des Hügels.
Der Rest der Klosteranlage wurde dann um die Kirche herum geplant. Das bedeutet, dass teilweise die Gebäude des Klosters auf unterschiedlichen Ebenen angelegt wurden (die Piazza mit der Frauenkapelle zum Beispiel liegt tiefer), zum anderen auch, dass einige Teile der Anlage nur durch massive Befestigungsmauern realisierbar waren, wie nachfolgend bei dem Modell der Anlage gut zu erkennen ist.
Die Kirche hat einen rechteckigen Grundriss. Nachdem wir eintreten, stehen wir zuerst im Chor der Konversen. Hier saßen die Laienbrüder und konnten der Messe folgen. Anschließend folgt der Chor der Mönche. Dieser Teil war den Patres vorbehalten, die hier in einem wunderschönen Chorgestühl mit wertvollen Schnitzereien und Intarsienarbeiten das Chorgebet sangen und die Messe hörten. (Ich kam nicht umhin, an die Kartause Buxheim und ihr prächtiges Chorgestühl zu denken, die ich im vergangenen Jahr besucht, aber über die ich leider nie einen Artikel geschrieben habe. Die Kartause von Florenz kann allerdings nicht mit einem SO prachtvollen Chorgestühl wie die Kartause Buxheim aufwarten! Ich werde zur Ergänzung ganz am Ende des Artikels ein paar Bilder aus Buxheim anfügen.)
Die Ausstattung der Kirche überraschte uns mit ihrer Pracht. Die Fresken aus dem späten 16. und dem 17. Jahrhundert hatten wir hier nicht erwartet.
Am Hauptaltar wieß uns die Führerin auf einige Statuen hin – sie sahen aus wie aus Marmor geschaffen, waren aber aus Holz. Man hatte sie weiß angemalt, um den Eindruck von schwerem Marmor zu erwecken, damit die napoleonischen Soldaten sie nicht stelen würden. Der Plan ist offenbar aufgegangen.
An die Kirche schließt sich zur Linken die Sakristei an, zur Rechten die Reliquienkapelle. Hier finden sich auch einige recht drastische Darstellungen an den Wänden. Zum einen ein sehr dramatisches Bild des Kindermordes von Bethlehem. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die verzweifelten Mütter stehts sehr dramatisch dargestellt werden, schreiend, die Haare raufend, fliehend… hier sieht man eine Mutter, die sich sehr rabiat zur Wehr setzt und den Angreifer beißt und mit ihrer Hand ihm ins Gesicht fährt.
Im unteren Teil der Wände sind Darstellungen von Kartäuser-Märtyrern. Die große Zurückgezogenheit der Kartäuser führte dazu, dass nicht sehr viele Heilige aus ihren Reihen stammten. Doch als in England der neue Glaube eingeführt wurde, verweigerte eine Gruppe von Kartäusermönchen den Eid auf König Heinrich VIII., woraufhin sie ermordet wurden. Die Geschichte dieser Märtyrer wird sehr plastisch und in aller Grausamkeit hier in der Reliquienkapelle dargestellt.
Wir verlassen die Kirche durch das Kolloquium. Der Name sagt hier schon alles: Hier begannen die Mönche ihre wöchentliche Erholungszeit – die Rekreation – und hier konnte dann auch miteinander gesprochen werden.
Die kleine Kreuzgang mit Refektorium und Kapitelsaal
Wie bei Kartausen üblich, so hatte auch die Certosa di Firenze mehrere Kreuzgänge. Der kleine Kreuzgang schloss sich gleich an das Kolloquium an. Von hier waren die Räumlichkeiten zugänglich, die für das gemeinschaftliche Leben notwendig waren. Eben zum einen das Kolloquium und die Kirche, aber auch das Refektorium und der Kapitelsaal.
Das Refektorium war der Speisesaal der Mönche, wo sie an Sonn- und Feiertagen gemeinschaftlich das Mittagessen einnahmen. Allerdings wurde auch hier geschwiegen und ein Bruder las von einer Kanzel herab fromme Texte, während die anderen stumm aßen.
Der Kapitelsaal ist der Versammlungsraum, in dem die Brüder zusammenkommen, um die Angelegenheiten des Klosters zu besprechen.
Mitten im Raum befindet sich ein Grab – durchaus ungewöhnlich, da der Friedhof sich im großen Kreuzgang befindet. Derjenige, der hier begraben liegt, ist Leonardo Buonafede, der seine geistliche Karriere als Kartäuser hier in der Certosa di Firenze begann und letztendlich als Bischof von Cortona verstarb. Dennoch wünschte er sich, hier – im wahrsten Sinne zwischen seinen Mitbrüdern der Kartause – begraben zu werden. Dargestellt ist er als betagter Bischof in einer sehr realistischen Weise.
Der große Kreuzgang und die Zellen der Mönche
Anschließend gelangen wir zum großen Kreuzgang. Immer, wenn sie hier herkomme, verspüre sie Frieden, sagt die Führerin. Und wir können es nachempfinden. Dieser Ort strahlt wirklich Frieden aus. Sämtliche Geräusche der Außenwelt sind ausgeblendet. Alles ist ruhig und die Ebenmäßigkeit des großen Kreuzganges verleiht dem Ganzen eine herrliche Harmonie.
Vom großen Kreuzgang zweigen die Zellen der Mönche ab. Im 14. Jahrhundert waren es nur 12 Zellen, doch von diesem ersten Kreuzgang ist nichts mehr erhalten. Ende des 15. Jahrhunderts wurde der große Kreuzgang komplett umgestaltet und vergrößert, wahrscheinlich unter der Regie von Leonardo Buonafede, der damals Prior war. Heute beherbergt der große Kreuzgang der Kartause von Florenz 18 Zellen, doch nach dem Umbau haben nicht mehr alle Zellen einen eigenen kleinen Gemüsegarten, was für eine Kartause ziemlich untypisch ist.
Im Zentrum des Kreuzganges befindet sich ein Brunnen, auch der Friedhof des Klosters befindet sich hier.
In den Zwickeln der Bögen des Kreuzganges sind glasierte Terrakotta-Reliefs angebracht. Wer sich ein bisschen in Florenz auskennt, erkennt sofort den Stil wieder: Er ist typisch für die Familie della Robbia, aus deren Werkstätten unter anderem auch die Kinderfiguren am Ospedale degli Innocenti in Florenz sowie der große Tabernacolo delle Fonticine, ebenfalls in Florenz, stammten. Auch diese Terrakotta-Reliefs, die Heilige und Figuren aus dem Alten Testament darstellen, stammen von einem della Robbia: von Giovanni della Robbia (1469-1529).
Von den 18 Mönchszellen können wir leider nur eine besichtigen. Neben der Eingangstür befindet sich ein kleines Fenster: Die Durchreiche für das Essen, das die Mönche in ihren Zellen einnahmen. Die Konversen reichten es vom Kreuzgang aus hinein – doch die Durchreiche ist „ums Eck“ gebaut, so dass nicht einmal bei der Essensvergabe ein Blickkontakt möglich war.
Man betritt einen Gang, der rechts in den kleinen ummauerten Garten führt und geradeaus in den Wohnbereich des Mönchs. Ein großzügiger Wohn- und Studierraum, ein Schlafraum und noch ein zusätzlicher Gang mit Blick in den Garten schließen sich an. Darunter gibt es einen Lager- und Arbeitsraum und darüber noch ein weiteres, großzügiges Zimmer, das leider nicht besichtigt werden kann. Beengt lebten die Brüder hier ganz sicher nicht – aber doch recht einsam. Ich würde mich trotz der Großzügigkeit der Räume wahrscheinlich doch recht bald eingesperrt fühlen.
Über dem Kopfende des Bettes befindet sich ein Loch in der Wand. Von hier aus konnte man – sollte ein Bruder einmal nicht zum Gebet erschienen sein – kontrollieren, ob mit ihm alles in Ordnung war, ohne die Zelle betreten zu müssen.
Der Trakt der Konversen
Abschließend führt uns unser Rundgang noch durch den Trakt der Konversen – also der Laienbrüder, die die alltäglich anfallenden Arbeiten im Kloster übernahmen, so dass die Mönche sich ungestört ihrem spirituellen Leben widmen konnten.
Wir kommen durch den Gang, an den sich die Arbeitsräume anschließen, die leider nicht zu besichtigen sind.
Die Konversen hatten auch ihren eigenen Kreuzgang, an den sich ihre Zellen anschlossen. Der Kreuzgang ist zweistöckig und gefällt mir in seiner harmonischen Form tatsächlich sehr gut. Allerdings ist er doch sehr viel kleiner und dunkler als der große Kreuzgang. Viel Licht hatten die Konversen in ihren Zellen wohl nicht. Kein Vergleich mit der großzügigen Anlage für die Kartäuser-Patres!
Und damit endet unser Rundgang nach fast einer Stunde auch leider schon. Viele Räumlichkeiten sind leider (noch?) nicht zu besichtigen. Vielleicht wird dies in Zukunft möglich sein? Schön wäre es. Eine so großartige Anlage hätte es auch verdient, von sehr viel mehr Menschen besucht zu werden. Vielleicht konnte ich mit diesem Artikel ein bisschen dazu beitragen?
Verwendete Literatur und Quellen:
Fatini, Barbara: Die Kartause von Florenz, Florenz 1998.
Krüger, Kristina: Orden und Klöster. 2000 Jahre christliche Kunst und Kultur, Potsdam 2012.
Ökumenisches Heiligenlexikon: Bruno „der Kartäuser“
Kartause von Florenz: Öffnungszeiten und Kontakt
Via della Certosa 1
50124 Firenze, FI, Italy
Webseite
Besuch nur im Rahmen einer Führung möglich. Anmeldung für Gruppen über sechs Personen. Einzelreisende oder kleine Gruppen können die Certosa ohne Anmeldung besuchen:
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag um 10, 11, 15, 16 und im Sommerhalbjahr auch um 17 Uhr
Sonn- und Feiertags um 15, 16 und im Sommerhalbjahr auch um 17 Uhr
Eintritt 8 € für Erwachsene.
Stand: Mai 2023. Bitte überprüft vor eurem Besuch noch einmal auf der Webseite die aktuellen Besuchszeiten.
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Und hier, wie versprochen, noch einige Bilder aus der Kartause Buxheim in Schwaben:
Das Chorgestühl der Kartause Buxheim lässt sich an Pracht und Detailverliebtheit kaum überbieten. Dagegen verblasst sogar das Chorgestühl der Kartause von Florenz mit seinen Schnitzereien und Intarsien.
Dafür fand ich ganz persönlich, dass die Kartause von Florenz mehr Ruhe und Frieden ausstrahlte.
Allerdings ist dies hier ja kein Wettbewerb, welches die schönere Kartause ist. Ganz allgemein kann man wohl sagen: Besucht die Kartausen, die euch unterkommen, denen ihr auf euren Reisen begegnet. Sie haben eine ganz eigene Atmosphäre. Ich habe mein Auge – wenig überraschend – jetzt auch verstärkt auf die Kartausen von Pavia und Padula geworfen und hoffe, sie in meinen Jahren in Italien noch besuchen zu können.
Weiterlesen über die Kartause Buxheim bei Tief im Allgäu
Hallo Ilona,
schöner Artikel, vielen Dank dafür. Ich hatte einmal Gelegenheit, drei Tage in einer Skyte unter ähnlichen Bedingungen zu verbringen. Man muss schon richtig gemacht sein für die Einsamkeit, um das durchzuhalten.
Dass die Kartäuser auch so eine komische Trennung von Priestern und Laienbrüdern haben, verwundert mich. Klerikalismus gab es in der ursprünglichen Kirche nicht, auch nicht in den Orden, wie man in der Benediktsregel nachlesen kann. Es macht geistlich über die Grenzen der zugewiesenen Aufgaben hinaus auch keinen Sinn.
Schweigeexerzitien würden mich ja schon mal reizen, vielleicht auch erst mal für drei Tage … 😉
Diese Trennung … ja, das ist wahr, eigentlich war das so nicht vorgesehen. Aber die Klöster waren dann halt auch irgendwie „Kinder ihrer Zeit“ und die Idee, dass manche Leute für die anderen die körperlichen Arbeiten verrichten, saß wohl auch einfach tief drin, dieses Standesdenken. Nicht selten waren ja in den Klöstern die Priester (oder auch bei den Nonnen war es nicht viel anders) adelig oder zumindest aus dem höheren Bürgertum und ärmere Schichten konnten nur Laienbrüder oder Laienschwestern werden. Ja, ich denke, da spiegelt sich irgendwie die damalige Gesellschaft einfach wider.
Ein sehr schöner Artikel, der mich auch deswegen sehr interessiert, weil ich ganz in der Nähe der Kartause in Buxheim lebe. Vielen Dank fürs Verlinken auf meinen Beitrag! So gruselige Folterbilder wie in Florenz gibt es in Buxheim glücklicherweise nicht, aber ich muss zugeben, dass der florentiner Kreuzgang tatsächlich schöner ist als der im Unterallgäu. 🙂
Dein Artikel hat mich ja überhaupt erst auf die Kartause Buxheim gebracht damals. Wenn ich mich recht erinnere, gibts aber immerhin abgeschnittene Brüste zu sehen 😉
Das Prinzip der Trennung von Klerikern und Laienbrüdern wurde eigentlich erst in den 1970ern nach dem Vatikanum II. aufgebrochen. Und das vielerorts auch erst auf Betreiben der Brüder. Insofern ist es ein Spiegel bis in die Gegenwart, der freilich auch die episkopale Kirche betrifft.
Ich habe deinen Blog erst vor kurzem entdeckt und als ebenfalls historisch sehr interessierter Mensch bin ich absolut begeistert! Deine Beiträge sind immer so gut recherchiert und geschrieben – großes Lob! Florenz mit seinen ganzen geschichtsträchtigen Bau- und Kunstwerken ist ein absolutes Traum-Reiseziel von mir.
Sonnige Grüße Susi
Liebe Susi, vielen Dank für den netten Kommentar. Das geht ja runter wie Öl 🙂
Ich freue mich, wenn Dir meine Berichte gefallen. Wenn Du dich für Kunst und Geschichte interessierst, solltest du auf jeden Fall einmal nach Florenz kommen!