Der Molise in Italien ist eine sehr unbekannte Region. Ich habe euch bereits erzählt, warum der Molise eine Reise wert ist – aber was gibt es eigentlich zu sehen? In diesem Artikel soll es um die Sehenswürdigkeiten des Molise gehen. Um Kirchen und Klöster, um Schlösser, Museen und archäologische Ausgrabungen, die vielfältigen Landschaften, die Städte und Dörfer und Kunst vom 9. bis ins 21. Jahrhundert.
All das gibt es im Molise zu sehen und all das haben wir auf einer zweiwöchigen Rundreise erkundet. Deshalb möchte ich euch hier in diesem Artikel nicht nur mehr über die Molise Sehenswürdigkeiten verraten, sondern auch Tipps für euren eigenen Roadtrip in dieser Region geben.
Ich werde euch von unserem Roadtrip erzählen und auch sagen, was ich vielleicht beim nächsten Mal anders machen würde.
Dieser Beitrag enthält Affiliate-Werbelinks. Mehr Infos am Ende des Artikels.
Inhalt
Mehr Rundreise-Ideen:
2 Wochen Rundreise durch den Molise: Route und Unterkünfte (mit Karte)
Länge: 1219 km
Dauer: 16 Tage (inkl. zwei Tage für An- und Abreise)
Start: Flughafen Neapel
Ende: Flughafen Neapel
Gleich vorneweg: Unsere Route wurde auch daran angepasst, dass dazwischen ein paar Arbeitstage fällig waren. Für eine reine Urlaubsreise würde ich die Route nicht exakt so empfehlen – doch dazu dann mehr in den einzelnen Abschnitten.
Station 1: Alta Valle del Volturno (Oberes Tal des Volturno)
6 Nächte in Rocchetta a Volturno
Zwar war die Dauer des Aufenthalts auch den Arbeitstagen geschuldet, allerdings kann man hier gut 5-6 Tage bleiben, auch ohne zu arbeiten. Es gibt viel zu sehen und auch zahlreiche Wandermöglichkeiten. Wenn man etwas mehr in den Tag packt, reichen auch vier Nächte.
Meine Empfehlung: 4-6 Nächte
Unsere Unterkunft: B&B Gocciaverde
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Das B&B Gocciaverde, das zwischen dem neuen Rocchetta a Volturno und dem alten Borgo Rocchetta Alta liegt, kann ich ohne jeden Vorbehalt empfehlen. Wir hatten hier eine Wohnung gemietet, die gemütlich und zweckmäßig eingerichtet war. Auch die Küche hatte alles, was man brauchte.
Nadia, die Vermieterin, versorgte uns zum Frühstück mit Unmengen an Süßteilchen und ansonsten mit vielen Informationen zu den Kulturgütern der Region: Immerhin hatte sie lange bei der Soprintendenza für die Beni Culturali gearbeitet.
Wir hatten eine kleine Terrasse, von der wir in einen Olivenhain blickten. Die Katzen der Gegend und der fröhliche Nachbarshund kamen gerne auf eine Streicheleinheit vorbei und am Abend ließ sich auch ein Fuchs blicken, während in den nahegelegenen Wäldern die brünftigen Hirsche röhrten.
Auch wenn das B&B Gocciaverde nicht zu unseren günstigsten Unterkünften im Molise gehörte, würden wir es sofort wieder buchen.
Molise Sehenswürdigkeiten in der Nähe
Von unserer Unterkunft aus, konnten wir viele Sehenswürdigkeiten sogar zu Fuß erreichen: Zum Beispiel den Klosterkomplex San Vincenzo al Volturno – eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Molise! – mit den archäologischen Ausgrabungen und den Fresken aus dem 9. Jahrhundert.
Auch die Quellen des Volturno, das Geisterdorf Rocchetta Alta oder die Kirche Santa Maria delle Grotte mit ihren mittelalterlichen Fresken waren nur einen Spaziergang entfernt.
Andere Sehenswürdigkeiten des Molise, die wir vor hier aus besucht haben: Castel San Vincenzo und Lago San Vincenzo, Cascate del Volturno, Parco fluviale di Colli a Volturno, Isernia (20-40 km, je nach gewählter Route) und Venafro (25 km).
Auf der Fahrt Richtung Campobasso besichtigten wir die Wallfahrtskirche bei Castelpetroso und die Borghi Sant’Angelo in Grotte und Bojano Cività Superiore.
Station 2: Bei Campobasso
3 Nächte bei Campobasso
Hier in der Gegend hätten wir gut eine (vielleicht sogar zwei) Nächte länger bleiben können. Dann hätten wir mehr Zeit für eine Wanderung auf dem Tratturo gehabt und auch das Schloss in Gambatesa besuchen können.
Meine Empfehlung: 3-4 Nächte (hier oder westlich von Campobasso im Gebiet der besuchten Borghi)
Unsere Unterkunft: Agriturismo Terra e Sapori
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Wer in der Toskana auf einem Agriturismo übernachtet, bekommt meist ziemlich schicke Unterkünfte geboten. Nicht selten mit mehreren Sternen und Pool. Daneben gibt es dann ein bisschen Öl- oder Weinproduktion, damit man sich überhaupt Agriturismo nennen darf.
Das ist hier im Molise ganz anders – zumindest beim Agriturismo Terra e Sapori. Hier macht man wirklich Urlaub auf dem Bauernhof, wenn man so will. So ziemlich alles stammt aus eigener Produktion – sogar das Geschirr ist handgetöpfert. Und weil Elisa – die mit Herzblut ihre Gäste bekocht, als gäbe es kein Morgen – während der Pandemie langweilig war, hat sie gleich noch ein paar Bücher über molisanische Küche geschrieben.
Daneben gibt es dann ein paar einfache Zimmer, die vermietet werden. Der Schwerpunkt liegt aber ganz eindeutig auf der Küche – und selbst wenn ihr nicht hier übernachtet, dann lohnt sich ein Stopp zum Abendessen (mit Voranmeldung!). Aber auch das Frühstück war von A bis Z hausgemacht und konnte sich wirklich sehen lassen.
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass wir uns gewünscht hätten, dass man den Zimmern ähnlich viel Aufmerksamkeit gewidmet hätte wie der Küche. Sie waren sauber, aber schon wirklich sehr spartanisch. Die Lage war für unsere Zwecke sehr gut. Man könnte sich aber auch vorstellen, gleich nordwestlich von Campobasso eine Unterkunft zu buchen – etwa in Oratino oder in Castropignano.
Sehenswertes in der Nähe
Von hier aus besichtigten wir die archäologischen Ausgrabungen von Saepinum-Altilia (ca. 30 km), die Regionshauptstadt Campobasso (7 km) und zahlreiche kleine Dörfer, die hauptsächlich nordwestlich von Campobasso lagen. Außerdem wanderten wir für einen halben Tag ein Stück auf einem Tratturo.
Auf der Fahrt Richtung Küste besuchten wir zudem das Street-Art-Dorf Civitacampomarano.
Station 3: In Küstennähe
4 Nächte in Montecilfone
Die Dauer dieses Aufenthalts war ebenfalls den dazwischengeschobenen Arbeitstagen geschuldet. Ansonsten wüsste ich, ehrlich gesagt, nicht, was man hier vier Tage lang machen sollte – besonders in der Nebensaison.
Da man sich in Küstennähe befindet, versprüht alles etwas den Charme von Badeorten in der Nebensaison, im Sommer soll (so sagte man uns) deutlich mehr los sein. Anfang Oktober hatten fast alle Lokale geschlossen.
Ich würde hier also eine, höchstens zwei Nächte (wenn man gerne einen ganzen Tag am Meer verbringen mag) empfehlen und würde die auch eher direkt am Meer verbringen – vielleicht auch direkt in Termoli. Dort haben auch in der Nebensaison noch Restaurants geöffnet. In der Hochsaison lohnt es sich dagegen vielleicht aufgrund der Preise und des Trubels, etwas weiter im Landesinneren zu wohnen.
Meine Empfehlung: 1-2 Nächte
Unsere Unterkunft: Luledielli
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Luledielli heißt offenbar Sonnenblume auf arbëreshë, dem mittelalterlichen Albanisch, dass die albanische Minderheit hier in der Gegend spricht.
Das kleine Haus, das wir hier gemietet hatten, war frisch restauriert und verteilte sich mit drei Zimmern über drei Stockwerke mit einem kleinen Balkon. Auch eine Waschmaschine gibt es hier, was uns sehr gelegen kam.
Die Schnelligkeit des Internets genügt zum normalen Surfen, zum Arbeiten wird es aber etwas schwierig.
Die Vermieterin Margherita war sehr freundlich und hilfsbereit und vermittelte ihre Schwägerin, die einen Cateringservice betreibt und uns so aus der Misere half, kein Restaurant zur Feier unseres Jahrestages finden zu können.
Sehenswürdigkeiten in der Nähe
Von hier aus fuhren wir einen Abend nach Guglionesi, das allerdings meiner Meinung nach nicht der spannendste Ort ist. Ebenso besuchten wir von hier aus Termoli an der Küste (20 km) sowie die archäologischen Ausgrabungen in Larino (17 km).
Auf der Fahrt zurück ins Landesinnere besuchten wir dann das Kloster und die Ausgrabungen von Santa Maria di Canneto.
Station 4: Alto Molise (der Hohe Molise)
2 Nächte in Pietrabbondante
Die zwei Nächte in Pietrabbondante im Alto Molise fand ich ausreichend, um die Sehenswürdigkeiten zu besuchen, auch wenn uns sowohl die Landschaft als auch die Herzlichkeit all der Einheimischen in der Bar so zusagten, dass wir sicher auch noch einen Tag länger ausgehalten hätten.
Meine Empfehlung: 2 Nächte
Unsere Unterkunft: La casa di Nonna Dorina
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Die Unterkunft heißt „Das Haus von Oma Dorina“ – und genau das ist es: Das Haus der Oma. Schrankwand aus den 70ern und herrlich psychodelische Badezimmerfliesen inklusive. Was immer sie tun, ich hoffe, diese Fliesen bleiben erhalten…
Man fühlt sich wirklich, wie bei Oma zu Besuch. Die Heizung funktionierte überraschend schnell (immerhin liegt man hier auf über 1000m) und die Lage war sehr praktisch. Allerdings war die Küchenausstattung etwas spärlich: Essig und Öl wären doch schön gewesen.
Sehenswertes in der Nähe
Wir besuchten von hier aus natürlich die Ausgrabungen des samnitischen Heiligtums von Pietrabbondante – eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Molise – machten einen Ausflug zum Borgo Bagnoli del Trigno (17-19 km kurvige Kilometer, je nach gewählter Route), nach Agnone (17 km), Capracotta (21 km direkt, 35 km über Agnone) und zum samnitischen Tempel in Vastogirardi (15,5 km).
Molise Sehenswürdigkeiten und Rundreise FAQ
Anreise in den Molise mit dem Auto
Wir mieteten uns ein Auto am Flughafen von Neapel und nach etwa einer Stunden waren wir im Molise. Das obere Tal des Volturno – unsere erste Station – ist nicht einmal 1,5 Stunden vom Flughafen Neapel entfernt. Von Rom aus braucht man etwa 2 Stunden.
Am anderen Ende der Region – an der Küste bei Termoli – verläuft die Autobahn A14, die Apulien mit Bologna verbindet. Wer mit dem Auto aus Deutschland oder Österreich kommt, kommt wahrscheinlich von dort.
Vom Flughafen in Pescara (Abruzzen) nach Termoli dauert die Fahrt etwa 1.20 Stunden. Vom Flughafen Bari knapp 2 Stunden.
Parken im Molise
Parken im Molise war selten eine Herausforderung. Wenn wir unser Ziel im Navigationsgerät eingaben, steuerten wir meist direkt einen Parkplatz an, den wir vorher auf GoogleMaps oder Open Street Maps nachgeschlagen hatten.
Kniffelig kann es lediglich in Campobasso oder Termoli werden, gerade gegen Abend, wenn viele Menschen zum Ausgehen in die Städte kommen. Allerdings haben wir in beiden Orten in fußläufiger Entfernung zum Zentrum einen Parkplatz bekommen. In Campobasso südlich der Piazza Vittorio Emanuele II, wo es entlang der Straße einige Parkplätze gibt. In Termoli auf dem Parkplatz an der Via Dante.
Straßenverhältnisse im Molise
Es gibt im Molise nur eine Autobahntrasse, die direkt an der Küste entlangführt. Ansonsten gibt es einige Schnellstraßen, die die wichtigsten Städte miteinander verbinden und häufig auf gewagten Stelzkonstruktionen die Täler überspannen. Diese Straßen sind meist recht gut ausgebaut, aber keineswegs immer mehrspurig in jede Richtung. Oft hat nur die bergaufführende Seite zwei Spuren (um LKWs überholen zu können). Zudem sind auch diese Schnellstraßen kurvig, da sie größere Höhenunterschiede überwinden müssen.
Diese Kurven sind allerdings kein Vergleich zu den Kurven, mit denen ihr zwischen den kleinen Orten rechnen müsst. Ähnlich wie auch in der südlichen Toskana, darf man im Molise die Zeit, die man für auch kurze Strecken braucht, nicht unterschätzen: Für 20 km braucht man hier schon mal 30-40 min.
Die Straßen sind dabei in höchst unterschiedlichem Zustand.
Ein kleines, wendiges und vor allem NICHT tiefergelegtes Auto ist auf jeden Fall von Vorteil!
Die beste Reisezeit für eine Rundreise im Molise
Frühling und Herbst sind auch im Molise die besten Reisezeiten für diejenigen, die gerne viel Sightseeing machen.
Man muss bedenken, dass der Molise sehr unterschiedliche Landschaften hat: An der Küste wird es auch hier im Sommer sehr heiß und im Winter bleibt es einigermaßen mild.
In den hohen Lagen der Region ist es auch im Sommer deutlich kühler und im Winter muss man mit Schnee rechnen (man kann hier sogar Skifahren). Wer Badeurlaub in Termoli will, dem empfehlen sich die Monate Juli-September.
Auffällig war, dass es im September im Oberen Tal des Volturno immer um etwa fünf Grad kühler war als etwa in Venafro oder Isernia. Auch im Alto Molise war es deutlich kühler. Hier könnte man es sicher auch im Sommer gut aushalten, um der italienischen Hitze zu entfliehen.
Der September/frühe Oktober war für uns ideal, da es weder in den höheren Lagen zu kalt war (und auch kein Schnee lag!) und wir trotzdem noch einen Sprung in die Adria wagen konnten.
Wieviel Zeit sollte man für die Sehenswürdigkeiten des Molise einplanen?
Wir selbst waren – mit An- und Abreisetagen – insgesamt 16 Tage unterwegs. Darunter ein paar Arbeitstage, an denen wir dann nicht so viel unternommen haben. Wer eine ähnliche Route fahren möchte wie wir sollte 10-14 Tage einplanen.
Wer nur kürzer bleiben möchte, kann sich natürlich auf einen Teil des Molise beschränken: zum Beispiel das Obere Tal des Volturno und den Alto Molise. Oder die Küste und das dahinterliegende Hügelland (obwohl ich persönlich das den am wenigsten spannenden Teil fand). Oder auch das Innere der Region, nordwestlich von Campobasso, mit den vielen Borghi.
Dann würde ich 5-7 Tage einplanen.
Molise Sehenswürdigkeiten: Route unserer Rundreise vom Apennin bis zur Adria
Molise Sehenswürdigkeiten⭐Tipp Nr. 1: Im Oberen Tal des Volturno
Der Molise hätte uns nicht besser begrüßen können, als mit dem wunderschönen Tal des Volturno – genauer gesagt: Dem Oberen Tal des Volturno (Alta Valle del Volturno).
Hier, auf einer fruchtbaren Hochebene, umgeben von den Bergen des Nationalparks Lazio-Abruzzo-Molise, findet man nicht nur herrliche Natur für Spaziergänge und Wanderungen, sondern auch viel Geschichte und zahlreiche der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Molise.
Herzstück der Geschichte der Gegend ist der Klosterkomplex San Vincenzo al Volturno, gegründet 703 von Paldo, Tato und Taso, drei jungen Adligen aus Benevent. Hier an der Quelle des längsten Flusses Süditaliens, entwickelte sich eine der größten und bedeutendsten Abteien der damaligen Zeit, die auch von Karl dem Großen gefördert und mit Privilegien ausgestattet wurde. Durch ihre Lage am Rande zwischen karolingischem, byzantinischem und langobardischem Gebiet, wurde sie regelrecht ein karolingischer Vorposten mit bis zu 350 Mönchen in der Blütezeit.
Das Glück währte nicht allzu lange, denn bereits im Oktober 881 fiel die Pracht Sarazeneneinfällen zum Opfer, nachdem bereits zuvor Erdbeben das Kloster beschädigt hatten. Die überlebenden Mönche flohen und erst 916 kam ein Grüppchen Ordensbrüder zurück und gründete am anderen Ufer des Volturno eine neue Klosteranlage – San Vincenzo Nuovo. Diese wiederum wurde dann im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, denn unweit des beschaulichen Gebiets verlief mit der Linie Gustav eine der am bittersten umkämpften Frontlinien in Italien. Dies hat seine Spuren hinterlassen – nicht nur in den Städten und Dörfern, sondern auch in den Köpfen. Es ist kein Zufall, dass es in der Gegend mehrere Weltkriegs-Museen gibt, z.B. in Rocchetta und in Venafro.
Der nahegelegene Borgo Castel San Vincenzo, von dem aus man einen schönen Blick über den Stausee genießt, geht auf die Befestigung durch die Mönche des Klosters zurück, die hier einen Rückzugsort geschaffen hatten, für den Fall weiterer Sarazeneneinfälle.
Wie durch ein Wunder überlebte ein besonderer Schatz des Klosters all diese Kriegswirren und Naturkatastrophen: Die Krypta von Abt Ephiphanio mit kostbaren Fresken aus dem 9. Jahrhundert! 1832 entdeckte ein Bauer das halbunterirdische Bauwerk bei Feldarbeiten und nur der Tatsache, dass es verschüttet und unbekannt war, verdanken wir seine Rettung.
Der Eintritt in die Ausgrabungsstätte des alten Klosters kostet 8€ und beinhaltet auch den Eintritt in das archäologische Museum in Venafro. Wer nur die Ausgrabungsstätte besuchen möchte, zahlt 5€, 18-25jährige zahlen 2€ und Minderjährige sind gratis.
Er beinhaltet allerdings NICHT den Eintritt in die Krypta des Epiphanio, denn diese Krypta gehört nach wie vor dem Kloster Montecassino. Die Besucherzahlen in die Krypta sind sehr streng reglementiert und deshalb muss man sich vorher unter der Nummer 0039 350 1755 970 per WhatsApp anmelden. Der Eintritt in die Krypta kostet zusätzlich 10€ und beinhaltet eine Führung. Inwieweit diese Führung auch auf Englisch angeboten wird, kann ich leider nicht sagen.
Die Öffnungszeiten der Ausgrabungsstätte:
Di-Sa 8:45-19:15
So 8:30.19:15
Mo geschlossen
Weitere Sehenswürdigkeiten in der direkten Nähe sind die Wasserfälle des Volturno und die wunderschön, einsam gelegene Kirche Santa Maria delle Grotte mit den Fresken aus dem 14. und 15. Jahrhundert.
Verschweigen will ich außerdem nicht, dass wir hier im Alta Valle del Volturno zwei Mal ganz wunderbar essen waren: Einmal im Agriturismo Costantini, wo uns die riesige Auswahl an Käse zum Antipasto begeistert hat (die milchgebenden Kühe liegen derweil direkt vor der Tür!). Und dann, gleich gegenüber von den Cascate del Volturno, im Lokal „Le Janare“ (Link zu GoogleMaps), wo man – nach eigener Aussage – jederzeit etwas zu Essen bekommt. Ein Unikum in einem Land, in dem Speiselokale – abseits tourister Hotspots – selten schon am frühen Abend geöffnet haben.
Die Cascate del Volturno (die Wasserfälle des Volturno) sind nur am Samstag und Sonntag zu besichtigen, da sie sich auf Privatgrund befinden. Der Zugang kostet 2€. Gutes Schuhwerk ist nötig.
Die Kirche Santa Maria delle Grotte ist normalerweise verschlossen. Wer die Fresken (gratis) besichtigen möchte, muss Ugo, den Kustoden unter 0039 338 987 6113 anrufen. Mit ihm muss man dann eine Zeit ausmachen und er kommt dann und lässt euch rein.
Ausflüge nach Venafro und Isernia
Von unserer Basis in Rocchetta aus konnten wir auch recht bequem zwei Ausflüge machen in zwei der größeren Städte des Molise. Es gibt insgesamt nur vier Städte, die mehr als 10.000 Einwohner haben. Zwei davon sind Venafro und die Provinzhauptstadt Isernia. Beide sind ungefähr 30-40 Minuten von Rocchetta entfernt.
Venafro überraschte uns als sehr beschauliche Stadt mit einem wunderbaren Panorama. Bereits zu Samniter- und Römerzeiten lag hier die Stadt Venafrum – verkehrsgünstig gelegen, denn hier gab es einen natürlichen Übergang über das Gebirge, DER Verbindungsweg zwischen Samnium und Campanien. Früher war diese günstige Lage praktisch gewesen sein, heute wird die Stadt aber auch vom Durchgangsverkehr geplagt, der sich durch die Neustadt und knapp daran vorbei wälzt.
Venafro hat zahlreiche Kirchen, leider waren die meisten davon geschlossen, und am höchsten Punkt der Altstadt das Castello Pandone mit dem Nationalmuseum. Hier kann man nicht nur Kunstschätze seit dem Mittelalter bewundern, sondern im Piano Nobile auch lebensgroße Fresken von Pferden, die Conte Enrico Pandone im 16. Jahrhundert hat anbringen lassen. Ganz offensichtlich war er ein ausgesprochener Pferdenarr.
Zudem genießt man aus dem Museum einen wunderbaren Ausblick.
Auch die Römer haben ihre Spuren in Venafro hinterlassen: Im römischen Theater wurde gerade gegraben, deshalb war es leider nicht zugänglich. Tatsächlich stießen wir mehrmals auf abgesperrte Bereiche in archäologischen Komplexen, so auch in San Vincenzo al Volturno und später in Pietrabbondante. Allerdings freut es mich, dass Geld locker gemacht wird, um auch diese unbekannteren Schätze des alten Italien zu untersuchen und zu bewahren. Hoffen wir, dass ein gesunder Tourismus in Zukunft ebenfalls dazu beitragen kann.
Das ehemalige Amphitheater von Venafrum erinnert frappant an die Piazza dell’Anfiteatro in Lucca in der Toskana: Auch hier sind die Grundmauern des Theater mit Häusern überbaut worden. Während es sich in Lucca allerdings um die wichtigste Piazza handelt, stehen hier landwirtschaftliche Gebäude und der Platz ist ziemlich verschlafen und verwunschen. Schade… so eine schöne Piazza könnte man doch sicher auch anders nutzen?
Leider hatten wir in Venafro keine Zeit mehr für das archäologische Museum, in dem auch die Exponate aus San Vincenzo al Volturno zu sehen sind. Das Museum hat leider nur bis 14 Uhr geöffnet. Wir hätten uns das Castello Pandone für den Nachmittag aufheben sollen – es hat nämlich bis zum Abend geöffnet. Ihr wisst jetzt also Bescheid und könnt es besser machen!
Bierfreunde können übrigens anschließend noch einen Abstecher in die kleine Kneipe der Venafro Brewing Company machen. (Link zur Facebook-Seite)
Isernia ist Provinzhauptstadt. Die Region Molise hat nur zwei Provinzen: Campobasso (die größere) und Isernia. Über Isernia haben wir im Vorfeld nicht viel Gutes gehört. Es scheint Leute zu geben, die die Stadt regelrecht hassen. Zudem wurde sie im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört. Wir erwarteten deshalb nicht viel, fanden dann allerdings, dass es sich eigentlich um ein schmuckes Städtchen handelte.
Da gerade Markttag war, war vor den Toren der Altstadt auch wirklich viel los. Die Altstadt selbst wurde im Krieg entweder nicht schwer getroffen oder gut wieder aufgebaut. Im Endeffekt besteht sie aus einer langen Hauptstraße, dem Corso Marcelli, die auf einem Hügelkamm verläuft und von der rechts und links kleine Gässchen – häufig Sackgassen – abzweigen.
In Insernia besuchten wir die Kathedrale, die – natürlich, möchte man fast sagen – auf einem heidnischen Tempel erbaut wurde. Rechts vom Eingang der Kathedrale gibt es die Möglichkeit, hinabzusteigen und mit einer kostenlosen Führung den Untergrund zu erforschen. Hier sieht man die Fundamente des großen Tempels und anderer römischer Gebäude sowie frühchristliche Gräber.
Wir besichtigten ebenfalls das archäologische Museum von Isernia im alten Klosterkomplex Santa Maria delle Monache. Hier finden sich nicht nur Stücke aus dem römischen Isernia, sondern auch die zahlreichen Funde aus dem samnitischen Heiligtum von Pietrabbondante. Es gibt auch hier ein Sammelticket, das eine Woche gültig ist.
Archäologisches Museum Santa Maria delle Monache Isernia
Di-Sa 8:45-14:20
So 8:45-19:15
Tickets 6€, reduziert 2€
Tempel unter dem Dom
Mo, Di, Do, Fr, Sa 10:00–13:00,16:00–18:00
So und Mi geschlossen
Die Führungen werden von „Dedalo – Archeologia e Cultura“ angeboten, die auch in anderen archäologischen Stätten des Molise Führungen anbieten. (Link zu Facebook)
Auf der Fahrt nach Campobasso: Castelpetroso, Sant’Angelo in Grotte, Bojano
So schön es am Volturno auch war, irgendwann musste es dann doch weitergehen. Unsere nächste Station sollte Campobasso sein, die Hauptstadt der Region Molise. Dafür fuhren wir zuerst an Isernia vorbei und folgten dann der schnurgerade verlaufenden Strada Statale 17 (SS17) – mit einigen Abstechern rechts und links, um dort liegende Orte zu besuchen. Auf direktem Weg sind es von Rocchetta a Volturno bis Campobasso etwa 70 km.
Unser erster Weg führte uns tatsächlich zur Craftbier-Brauerei Cantaloop, die direkt an der SS17 liegt und auch einen kleinen Verkauf hat. Der Laden ist von 09:00–13:00 und 15:30–19:30 geöffnet, Sonntag und Montag aber geschlossen. Elide, die mit ihrem Mann die Micro-Brauerei vor über 10 Jahren gegründet hat, hält die Stellung, während er auf einem Bierfest ist. Wir unterhalten uns eine ganze Weile. Sie lebten lange in Florenz, kehrten dann aber zurück in den Molise, weil sie der Meinung waren, dass nicht alle von hier abwandern können, sondern dass man etwas vor Ort tun müsse. Sie gehören zu denen, die „resistono“ – Widerstand leisten, nicht aufgeben wollen.
Meine Heimatstadt Bamberg kennt sie auch – von einer Reise vor etlichen Jahren, noch vor Ausbruch der Pandemie. Sie schwärmt von den Bieren und tatsächlich auch vom Essen. Wie die meisten Italiener, so glaubte auch sie früher, die deutsche Küche bestünde nur aus Würstel, Kraut und Stinco di Maiale (Schweinshaxen) und wurde dann zum Glück eines Besseren belehrt. Beladen mit Dosen und Flaschen ziehen wir weiter und beginnen nun endlich das Sightseeing für den heutigen Tag.
Zuerst fahren wir ein paar Kilometer auf der Strada Statale wieder zurück zum Santuario dell’Addolorata – zur Wallfahrtskirche der Schmerzensreichen Muttergottes. „Wie eine Fata Morgana der Neogotik, inmitten der grünen Wiesen gegen den Hintergrund der Bergkulisse“ (S. 164) erscheint die Kirche, wenn man die SS17 entlangfährt. So drückt sich zumindest mein Reiseführer aus. Und es stimmt tatsächlich: Diese gigantische Kirche wirkt erst einmal völlig deplatziert.
Die Molisani haben versucht, hier ihr eigenes kleines Lourdes zu schaffen, wenn man so will. 1888, 30 Jahre nach den Erscheinungen in Lourdes, erschien hier zwei Hirtinnen die schmerzensreiche Gottesmutter. 1890 beginnt man mit den Arbeiten am neogotischen Prachtbau, der – um ganz ehrlich zu sein – am imposantesten von Weitem wirkt und vollständig durch Spendengelder finanziert wurde. 1975 wurde das Gotteshaus erst vollendet und eingeweiht. Heute ist Maria von Castelpetroso die Patronin des Molise und wird nach wie vor von den Molisani hoch verehrt. Allerdings habe ich keine Hinweise zu den Pilgerzahlen finden können. Die Kirche gehört zu den häufigsten Treffern, die ihr haben werdet, wenn ihr nach „Molise Sehenswürdigkeiten“ googlet.
Hinter der Kirche kann man einen Pfad hinaufsteigen zur Grotte der Erscheinungen. Unweit davon befindet sich auch eine kleine Quelle.
Von der recht jungen Wallfahrtskirche fuhren wir weiter zu einer sehr viel älteren Andachtsstätte in Sant’Angelo in Grotte. In einer Grotte am Ortseingang wird hier der Heilige Michael verehrt. Dem Erzengel wurden häufig Grotten geweiht, da seine wichtigste und älteste Kultstätte in Europa eine Grottenkirche auf dem apulischen Gargano ist (der nicht sehr weit vom Molise entfernt liegt). Die Grottenkirche in Sant’Angelo in Grotte erinnerte mich auch sehr an die Grotte auf dem Gargano: Auch hier ist vor die natürliche Höhle ein Kirchengebäude angebaut.
Die Fresken in der Krypta der Pfarrkirche San Pietro in Vincoli können wir leider nicht besuchen. Dazu hätten wir uns wieder einmal per WhatsApp vorankündigen müssen. Aber das erfuhren wir erst durch einen Aushang an der Kirchentür.
Mo-Sa 9:30-13:00 / 16:00-19:00
Sonn- und Feiertage 12:00-13:30 / 16:00-19:00
Wir verzehrten unsere Brotzeit – guten molisanischen Käse! – an den Picknicktischen vor Sant’Angelo, aber sonst gab es in diesem Dorf nicht viel zu tun. Es war früher Nachmittag und damit das, was wir „die tote Zeit“ nennen, in der selbst in den (nicht-touristischen) Städten alles geschlossen ist. Wir wollten zudem nun auch etwas Strecke machen und fuhren weiter über die SS17 bis nach Bojano, das 25 km vor Campobasso liegt.
Der antike Name der Stadt, Bovianum, leitet sich von Bos ab – dem lateinischen Wort für Stier. Der Gründungssage nach forderte ein Orakel des Gottes Mars, dass die Kinder, die im Frühjahr der Befragung des Orakels geboren worden waren, späterhin den Stamm verlassen und eine neue Heimat finden sollten. Als Führer diente ihnen dabei ein Stier. Der hielt genau im Gebiet vor den Matese-Bergen an, wo sich die 7000 Sabiner niedergelassen haben sollen und ihrer Hauptstadt den Namen Bovianum gaben.
Bojanos Geschichte ist eine sehr typische Geschichte für viele Orte in Süditalien, auch im Molise: Der Ort hat also vorrömische (samnitische) Ursprünge, wurde dann schließlich von den Römern erobert und romanisiert. Dieser alte Ort lag fast immer in den Ebenen, erst im Mittelalter – v.a. zur Zeit der Sarazenen-Einfälle – flohen die Bewohner aus den Dörfern der Ebene und verschanzten sich in befestigten Dörfern auf den Hügelkuppen, den Borghi. Auch Bojano hat einen solchen Borgo, genannt Cività Superiore.
Cività Superiore ist heute fast ein Geisterdorf. Wie schon in Sant’Angelo in Grotte, finden wir auch hier ein Denkmal für diejenigen Bewohner, die nach Amerika ausgewandert sind. Die aufgelisteten Namen sind zahlreich. Die Häuser stehen leer und verfallen. Allerdings scheint sich etwas zu tun und in einigen Gebäuden wird gebaut und restauriert. Vom Kirchplatz eröffnet sich ein weites Panorama über die Ebene.
Am Ende des Borgo stehen die Ruinen eines langobardisch-normannischen Kastells, das von Kaiser Friedrich II. zerstört wurde. Inzwischen hat man hier einige sehr neue Liegebänke aufgestellt, auf denen man die Beine hochlegen und den Blick über den Borgo genießen kann.
Nach der Zerstörung durch Friedrich II. kehrten die Bewohner Bojanos ins Tal zurück und errichteten auf den antiken Resten das neue Bojano, das immer wieder durch Erdbeben zerstört wurde. Irgendwo unter all den Häusern müssen heute noch die Reste der samnitisch-römischen Stadt sein. Hinter dem Rathaus liegen einige Zeugen der römischen Vergangenheit offen herum.
Später errichteten die Faschisten hier ein Konzentrationslager, in dem v.a. „Zingari“, also Roma und Sinti interniert waren. Das KZ war in solch schlechtem Zustand, das es aufgelöst und nach Agnone verlegt wurde.
Nach dem Besuch von Bojano fahren wir dann endgültig weiter zur zweiten Station, ein Agriturismo wenige Kilometer von Campobasso entfernt.
Molise Sehenswürdigkeiten⭐Tipp Nr. 2: Saepinum-Altilia
Nach Attilia (dem alten Sapinium) müsste eigentlich jeder der Italien bereist hingehen, so vollständig erhalten wie in dieser Stadt ist selten ein alter Ort.
Die ganze Stadt ist nach erhalten, alle Thore, eines noch mit dem Bogen. (…)
Das Theater in Attilia ist wohlerholten, die Hauptstraße mit den breiten Pflastersteinen noch vorhanden, eine Menge Ruinen von Tempeln und Gebäuden erkennbar und was mag noch unter der Erde liegen!Inschriften und alte Trümmer liegen überall herum und der gleichen stehen die Meßsteine unter den prächtigsten Eichbäumen, umgestürzte Säulen quer gelegt bilden die Haken.
Es ist ein einziger Ort!
- Theodor Mommsen in einem Brief vom 14. Mai 1846
Am Fuße des Matesegebirges, das hier den Molise von Kampanien trennt, liegt die alte Stadt Saepinum, eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Region Molise. In der Ebene verlief seit langer Zeit ein wichtiger Tratturo, auf dem die Hirten mit ihren Herden entlangzogen. Dieser durchquerte wichtige Siedlungszentren wie Aesernia (Isernia), Bovianum (Bojano) und eben auch Saepinum – wobei letzteres bei den Samniten Sáipins hieß. In der Ebene der wichtige Handelsplatz, weiter oben – in besser geschützter Lage – eine weitere Siedlung. 293 v. Chr. wurde Sáipins von den Römern erobert unter massiven Verlusten für die Samniten.
Die höhergelegene Siedlung blieb bestehen und ist heute verfallen. Die tiefergelegene Stadt wurde von den Römern übernommen und ausgebaut. Der Tratturo, der die Siedlung übrigens bis heute durchquert, wurde zum Decumanus, einer der Hauptstraßen Saepinums.
Saepinum blieb weiterhin besiedelt und wurde im Mittelalter Altília genannt. Hirten und Bauern lebten hier und bauten ihre Häuser auf und mit den Ruinen der alten Römer.
Als Mitte des 20. Jahrhunderts mit der systematischen Grabung und Erforschung der alten Samniter- und Römerstadt begonnen wurde, ließ man die Landhäuser, die darauf standen, stehen. Heute werden sie zum Teil museal genutzt. Das gibt dem Ausgrabungsgelände ein eingenes besonderes Flair – eine Mischung aus archäologischer Stätte und bäuerlichem Dorf. Direkt neben dem Mausoleum des Caius Ennius Marsus weiden noch heute die Schafe. Bei unserem Besuch waren sie dort eingezäunt, aber es ist wohl noch nicht allzu lange her, dass sie frei grasend durch die Ruinen zogen.
Im Mittelalter zogen auch in Sepino (so der italienische Name) die Bewohner aufgrund der Sarazeneneinfälle aus der Ebene in höhere Lagen und gründeten dort den neuen Borgo Sepino, den wir allerdings nicht mehr besuchten.
täglich geöffnet 8:15-19:15
Ticket 10€, reduziert 2€
Es gibt auch ein Kombiticket für Saepinum und das Samnitische Museum in Campobasso
Campobasso: Die Hauptstadt der Region Molise
Am Nachmittag, nach unserem Besuch in Saepinum, fahren wir nach Campobasso, der Hauptstadt der Region Molise. Mit 47.500 Einwohnern ist Campobasso die größte Stadt der Region. Es geht im Großen und Ganzen also eher kleinstädtisch-gemächlich zu.
Als wir am frühen Nachmittag ankommen, sind wir mitten in der „toten Zeit“. So ziemlich alles ist geschlossen, die Straßen sind wie leergefegt und es entpuppt sich als ganz schöne Herausforderung, zu so einer Unzeit wie 14 Uhr etwas zu Essen aufzutreiben. Wir werden schließlich fündig bei Fa.Bù – Fashion Burger. Typisch molisanisch ist das nicht wirklich, aber immerhin legt man viel Wert darauf, dass die Zutaten für die Burger alle aus der Region stammen. Und schmecken tuts auch.
Danach durchstreifen wir die Stadt. Das Centro Storico liegt am Hang gebaut und über zahlreiche Treppenwege arbeitet man sich auf etwa 780 m hoch, wo sich das Castello Monforte und das Santuario Santa Maria del Monte einträchtig miteinander das Hochplateau teilen.
Von hier oben hat man einen weiten Blick über Campobasso und ins Umland. Die neueren Teile der Stadt bestehen zum großen Teil aus Wohnblöcken und bieten nicht unbedingt einen sehr malerischen Anblick. Über den Wohnblöcken thront in der Ferne der Borgo Ferrazzano auf einem Hügel.
Wir besichtigen außerdem das Samnitische Museum von Campobasso, wo auch die Funde aus Saepinum-Altília gezeigt werden.
Wie so oft, spielt sich das eigentliche Leben nicht in den Gassen der Altstadt, sondern direkt vor deren Toren in den angrenzenden Gebieten der Neustadt ab. Als wir am frühen Abend wieder hinabsteigen, sind die Straßen rund um die neoklassizistische Kathedrale der Allerheiligsten Dreifaltigkeit (Santissima Trinità) plötzlich voller Menschen. Wir gönnen uns einen Aperitivo und beobachten das Treiben auf der Straße und ziehen dann zur Craftbier-Kneipe Hops Up weiter. Wer gerne Craftbiere von unbekannteren kleinen Brauereien – nicht nur aus dem Molise – probieren möchte, ist hier richtig. Sie haben auch eine eigene Brauerei, brauen aber nicht vor Ort. Zum Essen gibt es Tagliere.
Wandern auf dem Tratturo Castel del Sangro-Lucera
Einen ganzen Tag widmen wir der Rundfahrt durch die Landschaft des inneren Molise.
Die Organisation der Borghi più belli d’Italia (die schönsten Dörfer Italiens) hat nur vier Borghi aus dem Molise mit einer Aufnahme in die Liste beehrt: Fornelli, Frosolone, Sepino und Oratino. Von diesen vier Borghi più belli besuchten wir nur Oratino – und ich verstehe ganz ehrlich nicht, warum einige der Borghi, die wir auf dieser Rundreise besuchten, nicht in die Liste aufgenommen wurden.
Unsere Borghi-Rundfahrt führt uns zuerst nach Castropignano. Weniger aufgrund des Borgos und des Castello D’Evoli, das am Nordrand über der Landschaft thront, sondern weil wir hier ein Stück auf einem Tratturo wandern wollen.
Transhumanz (ital. Transumanza) nennt sich das Phänomen der Wanderweidewirtschaft. Man kann sich das Ganze vorstellen wie eine Art „Almabtrieb auf Distanz“: Im Winter zeihen die Hirten mit ihren Schaf-, Ziegen- oder Kuhherden in die tiefergelegenen, milderen Ebenen. Im Sommer ziehen sie zurück in die wasserreichen, kühlen Bergregionen.
Die Transhumanz ist in Italien schon seit Jahrtausenden nachweisbar und wurde bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein gepflegt. Heute gibt es nur noch wenige Hirten, die ihre Herden auf diese Art von Weidegrund zu Weidegrund treiben – dazu gehört die Familie Calantuono aus dem Molise. Von der UNESCO wurde die Transhumanz zum immateriellen Welterbe erklärt.
Die Tratturi (Sg. Tratturo) wiederum sind die Wiesenpfade, über die seit jeher die Herden getrieben werden. Etwa 450 km Tratturo ziehen sich durch den Molise und verbinden so die Berge der Abruzzen mit den Tiefebenen Apuliens.
Die Tratturi werden nach wie vor genutzt, wenn auch nicht mehr mit dieser Regelmäßigkeit auf ihrer ganzen Länge, so doch in Teilen. Auf und in der unmittelbaren Nähe der Tratturi stößt man nach wie vor auf Schäfer und auch der Tratturo, den wir wanderten, zeigte ganz deutlich die Spuren einer größeren Herde, die erst kürzlich hier entlang gezogen sein musste.
Obendrein werden die Wege heute als Wanderwege genutzt und sind häufig markiert.
Weiterführende Links zu den Tratturi:
- Sehr ausführliche Webseite „Tratturi del Molise„
- „An ancient practice at peril“ – Englischsprachiges Radiofeature und Artikel zur Transhumanz, auch im Molise
- Patrimonio culturale: Transumanza – Webseite des Ministeriums für Kulturgüter und Tourismus (auf italienisch)
- Beitrag der UNESCO zur Transhumanz (auf englisch)
Wir wandern also hinter Castropignani auf dem Tratturo, der von Castel del Sangro in den Abruzzen bis nach Lucera in Apulien führt. Wir gehen insgesamt nur wenige Kilometer, denn natürlich ist es kein Rundweg und wir müssen die gleiche Strecke wieder zurück zum Auto. Aber wir sind auf diesen paar Kilometern schon total begeistert: Die Landschaft ist herrlich. Der Borgo Torrella del Sannio liegt herrlich auf einen Hügel hingebreitet und wir sehen tatsächlich auch einige Schafe (schleichen aber schnell vorbei, weil wir nicht wissen, ob auch Herdenschutzhunde dabei sind).
Die schönsten Dörfer des Molise (Borghi rund um Campobasso)
Die Borghi im Molise, die wir auf unserer Reise besuchen, haben einiges gemeinsam: Sie thronen oft spektakulär auf den Hügelkuppen und bieten aus der Ferne einen wunderbaren Anblick. Von oben hat man dann wiederum einen herrlichen Ausblick über die Landschaft. In ihren Gassen sehen sie sich häufig sehr ähnlich. Mal sind sie feiner herausgeputzt, mal verlassener und verfallener. Aber bei vielen ist vor allem der Gesamtanblick das Besondere! Wir sehen auf unseren Fahrten so viele, die malerisch über der Straße liegen, können aber längst nicht alle besuchen. Hier kann man sich gut treiben lassen und auch spontan entscheiden, wo man einen Abstecher machen möchte.
Nach Castropignano fahren wir weiter nach Pietracupa – ein Borgo, der es meiner Meinung nach verdient hätte, in der Liste der Borghi più belli aufzuscheinen. Der Name leitet sich von Pietra – Stein, Fels und cupa – lat. für Fass oder Tonne ab. Der Ort ist auf einem riesigen Kalkfelsen (die Morgia) gebaut, in dem man heute noch die Spuren zahlreicher Behausungen aus früheren Zeiten sieht. Im inneren der Morgia ist eine Grottenkirche, die bei unserem Besuch leider verschlossen war. Stufen führen um den Kalkfelsen herum (und führten früher einmal bis auf die Spitze).
Anschließend geht es weiter über Torrella del Sannio – das wir auf unserer Wanderung schon aus der Entfernung gesehen hatten und wo wir uns eine Kaffeepause gönnen – nach Molise. Dem kleinen Dorf wollen wir in erster Linie aufgrund des Namens einen schnellen Besuch abstatten. Einer Theorie zufolge soll die Region den Namen von diesem Ort erhalten haben. Wie genau das von statten gegangen sein soll, ist mir allerdings nicht ganz klar.
Danach fahren wir über Oratino wieder Richtung Campobasso. Vor dem Dorf liegt die Ruine der Rocca di Oratino auf einem Felsgrat in der Landschaft.
Oratino gehört zu den Borghi più belli und es ist wirklich ein schmuckes, aufgeräumtes Örtchen. Der Ort ist sehr schön hergerichtet und wir bummeln etwas durch die Gassen und trinken anschließend in der Nachmittagssonne noch eine Limonade. Dann fahren wir weiter nach Ferrazzano.
Ferrazzano hatten wir am Tag zuvor schon aus Campobasso gesehen – es ist auch wahrlich nicht zu übersehen, da es den höchsten Punkt der Regionshauptstadt um mehr als hundert Meter überragt.
Ferrazzano ist mit Campobasso regelrecht verwachsen und scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, um von der dortigen Panoramaterrasse den Sonnenuntergang zu genießen.
Da es leider noch mehr als eine Stunde dauert, bis die Restaurants in Ferrazzano aufmachen, und wir nach einem Rundgang nicht wirklich wissen, was wir noch eine Stunde lang im Borgo machen sollen, kehren wir nach Campobasso zurück und essen dort in der Pizzeria Da Tony am Rande der Altstadt zu Abend.
Molise Sehenswürdigkeiten⭐Tipp 3: Street-Art-Dorf Civitacampomarano
Es ist wieder Zeit aufzubrechen und zu unserer nächsten Station weiterzufahren. Wir fahren diesmal Richtung Küste (nach Montecilfone, direkt 57 km) und die Landschaft verändert sich immer weiter: Die Hügel, die vor kurzem noch Berge waren, flachen ab und an der Küste ist es wirklich ein schönes, sanftes Hügelland.
Doch zuvor machen wir noch einen Abstecher nach Civitacampomarano.
Hinter diesem langen Namen verbirgt sich ein Borgo, der aus der Ferne aussieht, wie all die anderen Borghi des Molise: Die Häuser kleben am Hang, eine gute Hälfte ist völlig verfallen und dazwischen ragt ein großes Kastell hervor.
Doch Civitacampomarano ist nicht irgendein Borgo – es ist DAS Street-Art-Dorf des Molise.
Seit 2014 lädt das cvtastreetfest jedes Jahr namhafte Street Art-Künstler aus aller Welt in das kleine Dorf in der italienischen Pampa, um dort die Wände mit Murales zu schmücken. Einige Kunstwerke sind klein und versteckt, andere sind riesig und schmücken komplette Hauswände. Wir bummeln einige Stunden durch die Gassen – und als wir am Ende hinausfahren, sehen wir, dass wir dennoch einige verpasst hatten. Es gibt unglaublich viel zu entdecken. Ihr solltet auf jeden Fall Zeit mitbringen.
Eines der meistfotografierten Motive des Molise findet sich übrigens ebenfalls in Civitacampomarano: Das berühmte Graffiti „Il Molise non esiste – Il Molise resiste“. Dass der Molise das italienische Bielefeld ist, habe ich ja bereits in einem anderen Artikel erklärt: Scherzhaft wird immer behauptet, den Molise gäbe es überhaupt nicht: Il Molise non esiste.
Die Molisani sehen das natürlich anders: Il Molise resiste – der Molise widersteht oder leistet Widerstand – ist auch Slogan für die, die versuchen, hier etwas aufzubauen und eben nicht abzuwandern, die hier aushalten und die Region nicht dem Niedergang überlassen wollen. So wie Elide und ihr Mann in der Cantaloop Brauerei oder wie die Leute von cvtastreetfest.
Zum Abschluss aßen wir dann noch sehr gut in der winzigen Trattoria der Agricola Li.Si (Link zu GoogleMaps), gleich gegenüber des Kastells.
An der Adriaküste des Molise: Besuch von Termoli und Larino
Insgesamt halten wir uns vier Nächte in Montecilfone auf, 20 km von Termoli entfernt. Und ich muss ehrlich sagen: Das war viel zu lange, denn viele Sehenswürdigkeiten gibt es hier eigentlich nicht.
Montecilfone ist ein kleines Nest, das pittoresk auf einer Hügelkuppe liegt. Das dominierendste Gebäude ist der Wasserturm. Unweit liegt das etwas größere Guglionesi. Auch hier ist am Abend nicht besonders viel los. Beide Orte haben den Charme einer Mischung aus „abgeranzter Vorort“ und „Badeort in der Nebensaison“. Obwohl wir noch etliche Kilometer vom Meer entfernt sind, ist die saisonale Fokussierung auf den Sommer sehr deutlich: Die Cocktailbar, die noch einen Monat zuvor Lobeshymnen in den Onlinerezensionen einheimste, ist verrammelt, als hätte sie seit Jahren geschlossen.
Das Restaurant, in dem wir versucht hatten, einen Tisch zu reservieren, ist ebenso geschlossen – genau wie fast alle anderen Speiselokale. Margherita, die Vermieterin des Ferienhauses, vermittelt uns schließlich ihre Schwägerin, die einen Catering-Service betreibt und uns aus der Bredouille hilft.
(Erwähnen muss ich allerdings, dass wir sowohl in Guglionesi als auch in Montecilfone sehr unterhaltsame Abende in den lokalen Bars verbrachten!)
Ironischerweise ist dies hier die Gegend des Molise, wo wir andere Touristen treffen. Die Autobahn, die an der Küste entlang führt, ist nicht weit und einige machen Zwischenstopp auf der Reise von oder nach Süden.
Uns tun sie ein bisschen leid: Wenn es das ist, was sie als Estes und Einziges vom Molise zu sehen bekommen, müssen sie denken, die ganze Region sei so trist!
Nun ist es nicht so, als hätte in den Borghi im Landesinneren das Leben getobt, aber sie wirkten nicht ansatzweise so trostlos wie diese tristen „Vororte“ von Termoli. Im Hochsommer scheint es hier aber ganz anders zuzugehen.
Die
Hochverehrt ist noch immer Skanderbeg, ein albanischer Adliger aus dem 15. Jahrhundert, der für seinen Kampf gegen das Osmanische Reich vom Papst mit einem Ehrentitel versehen wurde. Allerdings diente Skanderbeg anfangs den Osmanen. Sein Name leitet sich von Iskander Beg ab, wobei Beg ein osmanischer Titel ist. Später wandte er sich gegen sie, um für die Albanische Unabhängigkeit zu kämpfen. Dann kämpfte er auch für Venedig und schließlich bis zu seinem Tode für das Königreich Neapel.
Bevor wir Termoli, die zweitgrößte Stadt der Region, besuchen, fahren wir nach Larino, um uns dort die archäologischen Ausgrabungen anzusehen.
Römische Reste gibt es eigentlich ausreichend: Ein Amphitheater, die Reste des Forums mit Tempeln und anderen Gebäuden, römische Mosaike… „Das ambitionierte Projekt eines künftigen Archäologie-Parks mit einem Museum in der Villa neben dem Amphitheater steckt noch in der Planungsphase.“ (S. 60) schreibt mein Reiseführer aus dem Jahr 1994. In vielen Fällen, in denen im Reiseführer von Schwierigkeiten beim Zutritt oder Vernachlässigung der Kunstwerke die Rede ist, hat sich in den letzten 30 Jahren Vieles zum Besseren gewandelt. In Larino leider nicht. Von einem Archäologie-Park nach wie vor keine Spur. Die Mosaike verstecken sich zum Teil unter Plastikdächern zwischen Wohngebäuden und das Forum ist offiziell nicht zugänglich (dass neben dem gut verschlossenen Tor ein großer Spalt klafft, der ziemlich offensichtlich regelmäßig als Durchgang genutzt wird, nur nebenbei. Zugangsregelung auf Italienisch?).
Die Altstadt von Larino besuchen wir nicht mehr an diesem etwas trüben Vormittag, denn wir wollen auch noch das ca. 30 km entfernte Termoli besuchen.
Das Amphitheater von Larino und der Bereich der römischen Thermen ist gratis zugänglich.
Di-So 9:00-13:00
Termoli ist eine hübsche Küstenstadt. Sie erinnert mich sehr an die apulischen Küstenstädte, wie Monopoli oder Gallipoli. Die Altstadt ist sehr klein und überschaubar, voll pittoresker, idyllischer Gässchen. Das eigentliche Leben spielt sich davor ab: in der Neustadt. Sauber und ordentlich ist es hier, eine schön gestaltete Flaniermeile lädt zum Bummeln ein. Im Sommer könnte man hier sicher gut einige Tage bleiben und den schönen Stadtstrand genießen. Jetzt ist er wie leergefegt und wir sind die einzigen, die einen Sprung ins Wasser wagen.
Termoli wirkt – verglichen mit dem Rest der Region – regelrecht touristisch. Man merkt, dass es hier zumindest saisonalen (Bade-)Tourismus gibt. Auch jetzt sehen wir hier an einem Nachmittag mehr nicht-italienischsprachige Menschen als in der ganzen restlichen Zeit im Molise.
Doch jetzt in der Nebensaison, ist auch hier deutlich weniger los und einige Lokale bleiben geschlossen.
Insgesamt reißen uns die Küstengegend und ihr Hinterland nicht wirklich vom Hocker und wir sind eigentlich ganz froh, als wir dann endlich wieder ins Landesinnere zurückkehren.
Ab in den Alto Molise über Santa Maria di Canneto und Bagnoli del Trigno
Heute geht es wieder aufwärts, wir werden uns auf über 1000m hocharbeiten – bis Pietrabbondante (direkt 65 km). Dabei folgen wir für weite Teile der Strada Statale 650 (SS 650), die direkt auf der Grenze zwischen Abruzzen und Molise verläuft und diese auch mehrfach überschreitet. Grenzfluss ist übrigens der Trigno, in dessen Tal die SS 650 liegt.
Direkt am Trigno liegt auch die Sehenswürdigkeit, bei der wir an diesem Tag unseren ersten Stopp einlegen: Santa Maria di Canneto.
Schon in römischer Zeit gab es hier eine Villa Rustica, deren Ausgrabungen man heute noch sehen kann. Später erbauten die Mönche von San Vincenzo al Volturno hier ein weiteres Koster, das allerdings nicht überdauert hat. Die Kirche des 12. und 13. Jahrhunderts steht aber noch heute: In den Mauern findet sich auch so mancher römische Stein verbaut. Sie hat zudem ein schönes gotisches Portal und im Inneren fand ich die Kanzel sehr sehenswert.
Neben der alten Kirche findet sich ein großer freier Platz für Gottesdienste. Dazu eine ganze Batterie an Open-Air-Beichtstühlen. Ich habe nicht wirklich herausgefunden, zu welchem Ereignis sich hier offenbar solche Massen an Menschen zusammenfinden, doch der Außenbereich ist ganz eindeutig für größere Mengen an Gläubigen angelegt.
Heute leben hier – wie auch in San Vincenzo – Benediktinerinnen. Eine Schwester, die gerade in der Kirche putzt, spricht uns an. Wir erzählen ihr, dass wir nach Pietrabbondante weiterführen. Da sei es schön, bestätigt sie uns. Als ich antworte, hier sei es aber auch schön, widerspricht sie: Hier, in Santa Maria di Canneto, sei es nicht schön. Sie zwinkert uns zu: Hier sei es sehr schön.
Ich kann mir gut vorstellen, dass die idyllische Lage im Flusstal jemandem, der sich zum monastischen Leben hingezogen fühlt, sehr entgegen kommt – trotz der nicht weitentfernt vorbeirauschenden Schnellstraße.
Eine weitere Sehenswürdigkeit auf der Strecke nach Pietrabbondante ist der schöne Borgo Bagnoli del Trigno. „Schön“ ist das falsche Wort, denn das Dorf liegt wirklich spektakulär! Die Häuser sind eingekeilt zwischen mehreren Felsen, auf denen zwei Kirchen und eine Burg liegen. Auch hier frage ich mich wieder einmal, warum dieser Ort die Aufnahme in die Liste der Borghi più belli nicht geschafft hat.
Molise Sehenswürdigkeiten⭐ Tipp Nr. 4: Pietrabbondante und das samnitische Heiligtum
Mit Pietrabbondante beenden wir unsere Molise Rundreise mit einem echten Highlight. Hier steht eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten des Molise: Das Samnitische Heiligtum von Pietrabbondante mit einem sehr gut erhaltenen Theater.
Der archäologische Komplex von Pietrabbondante wird meist als „Samnitisches Theater“ bezeichnet – was an dem sehr gut erhaltenen Theaterhalbrund mit den ergonomischen (und sehr bequemen) Rückenlehnen liegt.
Doch das Theater war nur Teil eines weitaus größeren heiligen Bezirks.
Direkt über dem Theater, in einer Achse mit diesem, lag der eigentliche Tempel, von dem heute nur noch die Basis und die Treppen, die hinaufführen, erhalten sind. Dieser große Tempel wurde an der Wende vom zweiten zum ersten vorchristlichen Jahrhundert nach hellenistischen Vorbildern gebaut. Damit reiht sich der Tempel ein in einen gemeinsamen historischen Kontext mit den Tempeln von Terracina, Tivoli oder auch Palestrina (Im Artikel zu Tivoli findet ihr mehr Infos über die historischen Hintergründe).
Zuvor gab es bereits einen kleineren Tempel (genannt Tempel A), der aus dem frühen 2. Jahrhundert vor Christus stammt, sowie weitere sakrale Gebäude und profane Bauten wie Läden.
Der Bezirk wurde mindestens seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. genutzt und war wohl das Zentralheiligtum der Samniten. Warum es genau an dieser Stelle errichtet wurde und nicht näher an den großen samnitischen Siedlungen am Matese (Bovianum oder Sáipins), dazu gibt es viele Theorien aber keine Klarheit.
217 v. Chr. wurde die Anlage durch Hannibals Armee schwer beschädigt und anschließend wieder aufgebaut. Der große Tempel war wahrscheinlich nur relativ kurz in Gebrauch und wurde nach dem Bundesgenossenkrieg (bei dem die Angehörigen italischer Stämme sich das vollständige römische Bürgerrecht erkämpften) aufgegeben.
Bei unserem Besuch waren nicht alle Teile der großen Anlage zugänglich, da derzeit auch hier Grabungen durchgeführt werden.
Die Funde aus Pietrabbondante kann man im Archäologischen Museum von Isernia bewundern.
Di-So 8:45-19:15
Mo geschlossen
Ticket 6€, Kombiticket mit dem Archäologischen Museum 8€, reduziert 2€.
Minderjährige gratis
Auch Pietrabbondante als Ort könnte man locker den Titel verleihen, eines der schönsten Dörfer des Landes zu sein. Auch hier dominieren große Felsen das Panorama. Und am höchsten Punkt, wo sich heute die Ruinen der Burg befinden, hat man einen wunderschönen weiten Blick über den Alto Molise und das Tal des Trigno.
Ich habe in meinem Artikel über die Gründe, den Molise zu besuchen, bereits von unserem Erlebnis in der Bar von Pietrabbondante erzählt. Und ich kann es hier nur noch einmal betonen: So wie das Alta Valle del Volturno ein wunderbarer Einstieg in den Molise war, war Pietrabbondante mit der Herzlichkeit seiner Bewohner ein wunderbarer Abschied. Ihr solltet unbedingt in der Bar von Di Pinto Giuseppe einkehren. Und wenn ihr ein gutes Abendessen sucht, dann empfehle ich euch „Sannio e Fagioli“ in der Via Roma, wo ihr lokale Küche bekommt.
Ausflüge im Alto Molise: Agnone, Capracotta, Vastogirardi
Den letzten Tag, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen müssen, widmen wir uns den Sehenswürdigkeiten des Alto Molise.
Zuerst ging es nach Agnone, das bekannt für die Glockengießerei „Pontificia Fonderia di Campane Marinelli“ ist. Sie gilt als älteste Gießerei, die auf die Herstellung von Glocken spezialisiert ist, und hält den Rekord für das älteste familiengeführte Handwerksunternehmen der Welt. Die Familie Marinelli gießt hier Glocken in der aktuell 27. Generation. Wer möchte, kann hier auch das Glockenmuseum besuchen.
Offenbar ist Agnone ein beliebtes Ausflugsziel für örtliche Touristengruppen, denn als wir bei Marinelli ankommen, steht eine Horde italienischer Senioren gerade in Positur, um sich vor den Glocken ablichten zu lassen – und probiert im Souvenirshop völlig ausgelassen sämtliche Glocken und Glöckchen aus. Ein herrlicher Spaß, dabei zuzusehen – aber wir suchen dann doch relativ schnell das Weite.
Die Altstadt von Agnone ist ebenfalls schön hergerichtet. Wir bummeln durch die Gassen und schauen uns die Kirche St. Emidio aus dem 13. Jahrhundert an.
St. Emidio gilt als Beschützer gegen Erdbeben – dennoch wurde die Kirche später noch umgebaut, um statisch besser gegen Erdbeben gewappnet zu sein. So ganz vertraute man auf den heiligen Schutz dann wohl doch nicht. Auffallend war der völlig asymmetrische Grundriss der Kirche, den man gar nicht wirklich auf ein Foto bannen konnte.
Wir spazierten durch das Centro Storico bis zum Belvedere am Süd-West-Zipfel der Altstadt und kehrten dann wieder zurück zu unserem Auto, das wir auf dem großen Parkplatz am Stadion geparkt hatten.
Die Fahrt ging weiter nach Capracotta, mit 1421 m die höchstgelegene Gemeinde des Molise. Die umgebenden Berge steigen bis auf über 1700 m und die Schneestangen am Straßenrand verraten, dass es hier im Winter durchaus schneien kann. Capracotta gilt auch als Skigebiet.
Die Landschaft ist hier schon deutlich herbstlicher als in den tieferen Gebieten des Molise und von Capracotta aus blicken wir über Wälder, die sich bereits verfärben, bis in die Abruzzen.
Unser letzter Stopp ist Vastogirardi, wo wir den Tempel besuchen, der nördlich des Ortes liegt. Die Lage ist wirklich märchenhaft: Unweit einer Quelle zwischen Wiesen steht hier die Basis eines samnitischen Tempels. Welche Gottheit hier verehrt wurde, ist nicht bekannt. In christlichen Zeiten hat man dann eine Kirche für den Erzengel Michael darauf gebaut, von der allerdings auch nur noch eine Ruine erhalten ist. Ein wunderschöner, verwunschener Ort.
Und dann heißt es auch schon zurückkehren, packen und am nächsten Morgen – nach einem herzlichen Abschied in der Bar von Pietrabbondante – aufbrechen. Nach etwa 1.40 Stunden sind wir wieder am Flughafen in Neapel. Zurück in einer völlig anderen Welt – einer voller Verkehr, Lärm und viel zu vielen Touristen.
Molise Sehenswürdigkeiten, die wir leider verpasst haben
Wir haben den Molise zwar ziemlich ausführlich bereist, aber natürlich haben auch wir längst nicht alles gesehen, was es zu sehen gäbe. Manches haben wir ausfallen lassen, weil wir erst zu spät davon erfahren haben. Manches war nicht wirklich unser Interessengebiet und anderes wiederum hätte eine weitere halbe Stunde oder Stunde über kurvigste Landsträßchen bedeutet. Und manchmal fehlte einfach die Zeit.
Der Vollständigkeit halber aber hier ein paar kurze Informationen
Weltkriegsmuseen in Rocchetta und Venafro
Museo Internazionale delle Guerre Mondiali, Rocchetta
Santa Maria del Molise
Eine alte Mühle und eine schöne Flusslandschaft. Eigentlich direkt unterhalb von Sant’Angelo in Grotte, aber dazwischen liegt eine sehr kurvenreiche Straße. Wir wollten dann doch lieber weiter nach Bojano.
Castello di Capua in Gambatesa
Renaissance-Schloss unweit der Grenze zu Apulien.
Archäologisches Museum von Venafro
Enthält unter anderem die Funde aus San Vincenzo a Volturno.
La Pineta in Isernia: Paläolithisches Nationalmuseum
In den 1970er Jahren fand man hier bei Isernia eine prähistorische „Müllhalde“. Die Jäger vor 600.000 Jahren entsorgten hier offenbar Knochen und andere Reste, die nicht gebraucht wurden.
Seither wird hier gegraben und man kann den Forschern dabei regelrecht über die Schulter schauen.
Tempel von San Giovanni in Gualdo
Kleineres samnitisches Heiligtum unweit von Campobasso
Maria della Strada
Romanische Kirche zwischen Campobasso und Termoli
Petrella Tifernina
Borgo mit der romanischen Kirche San Giorgio Maggiore, zwischen Campobasso und Termoli, unweit von Santa Maria della Strada.
Frosolone
Einer der Borghi più belli d’Italia.
Altstadt von Larino
Die Altstadt von Larino soll sehr schön sein, mit einer schönen Kirche und dem archäologischen Museum, in dem sich die prachtvolleren Exemplare der römischen Mosaike befinden, die man hier gefunden hat.
Der Molise hat uns wirklich begeistert und ich wünsche dieser kleinen, wunderbaren Region und ihren freundlichen Menschen eine gesunde Menge an Touristen. Damit möglichst viele Molisani „widerstehen“ können und sich nicht gezwungen fühlen, abzuwandern, um anderswo ihr Auskommen zu finden.
Vielleicht konnte ich dem einen oder der anderen Lust machen, den Molise und seine Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Er mag nicht die am einfachsten zu bereisende Region sein, aber er ist das Abenteuer sicherlich wert.
Vielen Dank!
Offenlegung:
Die Reise in den Molise wurde selbständig organisiert und finanziert.
Lediglich der Passaporto del Molise – eine Initiative, die ich gerne unterstütze – wurde mir der Organisation MoLi kostenlos zur Verfügung gestellt, als ich darum bat.
In diesem Beitrag nutze ich sogenannte Affiliatelinks, die mit einem * gekennzeichnet sind. Wenn ihr über einen dieser Links eine Bestellung tätigt, erhalte ich eine kleine Provision.Der erwähnte Reiseführer:
Pokorny, Elfriede: Molise. Entdeckungsreise durch das ländliche Italien zwischen Adria und Apennin, Köln 1994.
Weiterlesen über Italien abseits des Gewohnten
- 12 Gründe für eine Reise in den Molise: Italiens bestgehütetes Geheimnis
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Hach, Italien ist doch wirklich ein schönes Fleckchen Erde! Bisher war ich dreimal dort, habe aber von dem Molise (richtig mit „dem“?) heute zum ersten Mal gehört! Aber weißt du was, du hast mich mit deiner Bilderflut verzaubert! Ist das eine schöne Gegend! Und mir tausendmal lieber als touristische Hochburgen! Da muss ich auch mal hin!
Liebe Grüße
Jana
Der Molise (korrekt!) ist wirklich ein ungehobener Schatz in Italien. Ganz zu Unrecht, wenn du mich fragst. So eine schöne Region!