Comacchio – gebaut auf 13 Inseln – Italien mal anders #6 (Gastbeitrag)

Brücken, Boote, Kanäle. Städte mit Wasserstraßen haben ein besonderes Flair. Vor allem in Italien. Wer aber die überfüllten Gassen von Venedig vermeiden möchte, weicht ein Stückchen weiter südlich nach Comacchio aus. Das Städtchen mitten im Delta des Flusses Po war einst nur per Schiff erreichbar. Die Palazzi wurden verteilt auf 13 Inseln gebaut und mit zahlreichen Brücken verbunden. Heute ist die Stadt ein Teil des Festlandes, weil vor rund 200 Jahren sich der Lauf des Flusses veränderte und damit ein großer Teil des Wasser wich. Trotzdem hat Comacchio seinen verträumten Charakter behalten und noch immer führen Wasserwege durch die Stadt.

Trepponti: Das Wahrzeichen von Comacchio

Das Wahrzeichen der Stadt und Treffpunkt für jeden ist die große Trepponti-Brücke aus dem Jahr 1630, die fünfteilig gebaut ist. Ein echtes Prachtstück – bei Tag und bei Nacht. Unzählige Fotos aus allen möglichen Winkeln hätte ich von dieser Brücke schießen können. Unzählige Mal über die Brücken laufen und von oben hinab auf die Kanäle schauen können. Von hier aus kann man sehr gut einen Rundgang durch die Stadt starten.

Meeresküche in Comacchio

Die salzige Luft der Adria kann ich in den Gassen schnuppern. Oder zumindest bilde ich mir das ein. Nur ein paar Kilometer entfernt liegt das Meer. Deshalb kommt hier in den Restaurants und Osterien der frische Fang des Tages auf den Tisch. Darunter auch Aal und Venusmuscheln. Beides hat in Comacchio lange Tradition. Zwar gibt es längst keine große Fischindustrie mehr, aber nach vor werden Aale und Muscheln draußen in den Valli, wie die Kanäle durch das Po-Delta genannt werden, gefangen. Eine harte und mühsame Arbeit, die kaum noch jemand machen möchte und die für die Familien mehr ein Hobby ist. Zumindest was die Aale anbelangt.

Bei den Venusmuscheln sieht die Sache schon etwas anders aus. Rund 80 Prozent aller italienischen Venusmuscheln kommen aus der Lagune bei Comacchio. Sie sind die drittwichtigste Einnahmequelle in der Provinz, nach Tourismus und Landwirtschaft. Wer ein paar Tage länger in der Gegend bleibt, sollte unbedingt einen Besuch bei den Aalfischern und einen Ausflug mit den Muschelsammlern in der Lagune einplanen. Das ist ein tolles Naturerlebnis und man lernt viel über die alte Tradition der Region. Auch eine Boots- oder Radtour ins Po-Delta zu den Flamingos, hier lebt eine der größten Kolonien Italiens, lohnt sich.

Museen in Comacchio

Wer weniger Zeit hat, läuft in Comacchio schnurstracks in die ehemalige Aalfabrik, die Manufattura di Marinati. Heute sind darin ein tolles Museum und eine kleine Aal-Manufaktur mit Shop untergebracht. Anschaulich wird die Geschichte der Stadt und des Aalfangs erzählt. Inklusive alter Filmvorführungen. In Comacchio wurde eine ganze Reihe an italienischer Filme gedreht, der Bekannteste ist wohl „La donna del fiume“ (1955) mit Sophia Loren. Auch die Räucherfabrik wurde als Kulisse verwendet. Liebhaber von Schwarz-Weiß-Filmen werden begeistert sein. Für die anderen ist es eine lustige Reise in die Vergangenheit.

Ein weiteres Muss in Comacchio ist der Besuch des Museums Delta Antico. Der Name klingt zwar etwas verstaubt, aber das Museum ist es nicht. Erst vor ein paar Jahren wurde es neu gemacht und erzählt multimedial die Geschichte des Po-Deltas und der Fracht eines in den Wasserkanälen versunkenen römischen Handelsschiffes. Die Wurzeln der Stadt reichen weit zurück. So wurden zahlreiche Kunstschätze in der Gegend gefunden, wie zum Beispiel kostbare Gräber der Etrusker. Mir war vor dem Besuch die Bedeutung des Landstriches noch gar nicht bewusst. Ein drittes Museum wird die Kunstfreunde begeistern. Museum Brindisi zeigt heute eine großartige Sammlung zeitgenössischer Kunst – darunter so mancher berühmter Künstler wie Picasso, Dali oder Warhol. Auch das hätte man in dem Städtchen nicht vermutet.

Ein Bummel durch die Gassen der Stadt

Nach dem Museums-Dreierlei bietet sich ein wenig Zeit an der frischen Luft an. In Comacchio kann man herrlich durch die Gassen schlendern und auf den Bänken rund um den Dom das Treiben auf den Kanälen beobachten. Überall finden sich romantische Fotomotive und kleine Bars zum Kaffeetrinken. Auch so manches nette Souvenir habe ich in der Buchhandlung und den kleinen Geschäften gefunden. Bei den Wasserkanälen, die von der Trepponti-Brücke ausgehen, reihen sich Restaurants aneinander. Bei schönem Wetter kann man wunderbar draußen sitzen und gegrillten Aal essen. Wenn es dann dunkel wird, taucht das Licht die Wasserstraßen in ein mystisches Flair. Der perfekte Ort für Romantiker. Vor allem an lauen Sommerabenden.


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In meiner neuen Reihe „Italien mal anders“ stellen Blogger in unregelmäßigen Abständen sehenswerte Orte in Italien vor, die unter dem Radar der meisten Italien-Reisenden fliegen. Hier schrieb Anita auf Reisen über Comacchio.

Anita hat als waschechte Österreicherin ihr Basislager im Dreiländereck von Kärnten, Slowenien und Friaul-Julisch-Venetien aufgeschlagen. Einer der vielen Gründe, warum sie sich mit ihrem Reiseblog Anita auf Reisen auf den Alpen-Adria-Raum fokussiert. Am liebsten mit viel Genuss, Natur und Kultur. Manchmal auch per Rad und SUP-Board.


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2 Gedanken zu “Comacchio – gebaut auf 13 Inseln – Italien mal anders #6 (Gastbeitrag)

  1. Vielen Dank für den Tip. Das werden wir gerne besuchen, klingt vielversprechend.
    Auf diese Ecke wäre ich gar nicht gekommen. Demnächst wollten wir nach Ravenna und eigentlich sehr viel abklappern bis in den Süden. Zeit hätten wir, aber bin gespnnt, was die Zukunft bringt. (08.06.2020)

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