24 Stunden in Trieste – Von München mal kurz über den Brenner nach Italien huschen – aber warum muss es da eigentlich immer Malcesine, Mailand oder Venedig sein? Dachten wir uns auch – und haben uns deshalb eine kleine Gegend von Italien vorgenommen, in die sich nicht besonders viele Urlauber verirren: Friaul-Julisch Venetien. Diesen kleinen Flecken Italien, eingezwängt zwischen Slowenien und Österreich, in dem sich Trieste befindet.
Wer jetzt vielleicht denkt: Ach was, ist das überhaupt schon Italien? Dem sei gesagt: Aber wie! Die Vespas sausen ohne Rücksicht auf Verluste durch die Straßen, alte Autos hupen, was das Zeug hält und der Duft nach Pizza wabert durch die austro-ungarischen Prunkbauten, die ihre besten Zeiten schon hinter sich haben. Obwohl im reichen Norden Italiens gelegen, ist Trieste wohl ein bisschen in Vergessenheit geraten – architektonisch ansehnliche Straßenzüge verfallen, unser Airbnb ist zugig und Läden stehen leer. Das hat natürlich einen Vorteil für uns: Unterkünfte sind erschwinglich und das Essen sowieso. Wo in Italien zahlt man denn noch drei Euro für ein Glas Wein und sieben Euro für eine große Pizza?
Doch nicht nur deshalb ist Trieste eine Reise wert, denn die Stadt erzählt von ihrer aufregenden Vergangenheit: Die Stadt gehört nämlich erst seit 1975 offiziell zu Italien. Davor war sie zerrissen, hin und her geschubst in Streitigkeiten zwischen Italien und Jugoslawien. Viele Jahre lang war Trieste deshalb in Zonen aufgeteilt und von mehreren Mächten verwaltet – viele Triestiner wollten so nicht leben, zogen fort ins Ausland. Die Folgen der Geschichte sieht man in der Stadt: 200.000 Menschen leben inzwischen noch hier, doch ganz so italienisch wie in anderen Teilen des Landes sind sie nicht. Man hört viel Kroatisch und slowenisch auf den Straßen, neben kleine italienische Läden schmiegen sich vor allem österreichische Kaffeehäuser in die engen Gassen.
Eines der bekanntesten liegt am Platz der italienischen Einheit. Das Caffè degli Specchi ist schon seit 1839 ein beliebter Treffpunkt der Triestiner und Wiener Kaffeehaustradition wird hier auch heute noch großgeschrieben. Wir nehmen den Kaffee lieber zum Mitnehmen, setzen uns an den Rand des Brunnens der vier Kontinente und genießen die Sonne und den Trubel.
Die Altstadt von Trieste ist klein, sie lässt sich gut an einem Nachmittag erkunden. Nur ein paar Gehminuten weiter befindet sich der Canal Grande – wer jetzt Venedig-Feeling erwartet, der wird enttäuscht, denn es gibt tatsächlich nur diesen einen Kanal in Trieste. Einen Besuch ist er aber trotzdem wert – schon allein wegen der wunderschönen, historischen Bauten, die ihn umgeben und wegen dem Markt, der auf der Piazza Sant’Antonio Nuovo am Morgen stattfindet.
Zum Sonnenuntergang zieht es uns nach oben – wir suchen einen romantischen Blick aufs Meer. Und finden ihn, zusammen mit zahlreichen Locals, auf den verfallenen Mauern des Castello di San Giusto. Die mittelalterliche Burg ist, wie alles in Trieste, leicht zu Fuß zu erreichen. Wir nehmen uns eine Flasche Wein mit und machen es uns auf sonnenaufgeheizten Steinen gemütlich, während die Sonne im Meer versinkt.
Zum Abschluss des Tages gibt es Pizza und – natürlich, wir sind in Italien! – Aperol Spritz in einem kleinen Restaurant mit karierten Tischdecken, in dem die Sitznachbarn so laut reden und gestikulieren, dass uns spätestens jetzt klar wird: Trieste ist sowas von Italien! Wie genießen eine Pizza mit viel Käse und kugeln glücklich den Berg hinunter in Richtung unseres Airbnbs. Und eins weiß ich: Ich bin ganz froh, dass Trieste keiner so wirklich kennt – sonst hätten wir es ja gar nicht so für uns allein gehabt!
Mehr über Trieste:
In meiner neuen Reihe „Italien mal anders“ stellen Blogger in unregelmäßigen Abständen sehenswerte Orte in Italien vor, die unter dem Radar der meisten Italien-Reisenden fliegen. Den Anfang macht Kathi mit Triest.
Kathi ist nach einigen Jahren im Ausland inzwischen wieder nach Deutschland zurückgezogen. Von München aus erkundet sie Europa und schreibt auf ihrem Blog Kathi Daniela von Kurztrips, Kulturschocks und davon, wie es ist, sich daheim wieder einzuleben, wenn es sich doch eigentlich anfühlt, als wäre man nie weg gewesen.
www.kathi-daniela.com
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Triest, wie schön! Ich habe vor einigen Jahren mal ein paar Monate dort gewohnt, und bei den Bildern packt mich gleich das „Heimweh“, oder wie auch immer man es in dem Fall nennen mag 😉
Wenn man etwas mehr Zeit hat, ist auch das Schloss Miramare unbedingt einen Besuch wert.
Viele Grüße
Corina
Ohh, es gibt doch noch ein paar Leute, die schon in Triest waren ☺️
Ui, ist schön geworden! Ich bin gespannt auf die anderen Beiträge 🙂
Liebe Grüße,
Kathi
Ich danke dir ganz herzlich für den Einstieg! 😊
Triest ist ganz wunderbar 🙂
Spontan 2019 für drei Tage über meinen Geburtstag hingefahren und sofort verliebt.
Dieser Mix aus Österreich-Ungarn und Italien spürt man auf jedem Meter.
Dolce Vita meets Sissi ♥
Die wenigen Kilometer zum Castello di Miramare aber absolute Pflicht. Im übrigen sehr gut und völlig unproblematisch mit dem Bus zu erreichen.
Danke für deinen Kommentar.
Triest fehlt mir ja noch immer… ich muss endlich einmal dorthin!