Wanderung durch die Vie Cave bei Pitigliano: Ein Rundgang zu Fuß durch die etruskischen Hohlwege der Maremma.
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Seit langem schon wollte ich die Maremma im Süden der Toskana besuchen. Die Maremma selbst ist eine Landschaft, die sich über die Regionengrenze bis ins nördliche Latium erstreckt – am berühmtesten und beliebtesten bei Touristen ist aber der toskanische Teil rund um Pitigliano, Sovana, Sorano und Saturnia.
Hier, so hatte ich oft gelesen, gab es nicht nur etruskische Grabstätten, sondern v.a. die berühtem Vie Cave – etruskische Hohlwege, die tief in den Tuffstein eingegraben wurden und durch die man heute noch wandern konnte.
Ende Mai war es nun endlich so weit und über meinen Geburtstag verbrachten wir einige Tage in der Gegend um Pitigliano, wo wir auch die Vie Cave bei einer etwa 12 Kilometer langen Wanderung erkundeten.
Inhalt
Was sind die Vie Cave bei Pitigliano?
Eine Via Cava (Plural: Vie Cave) – zum Teil auch Cava Buia genannt – ist ein tief in den Stein (meist Tuffstein) gegrabener Hohlweg.
Man geht allgemein davon aus, dass diese Hohlwege auf die Etrusker zurückgehen, allerdings gibt es auch Theorien, dass diese Straßen bereits älter sind und dann lediglich von den Etruskern und später Römern nachgenutzt wurden.
Besonders viele dieser Vie Cave gibt es im südlichen etruskischen Kernland, also in der südlichen Toskana und im nördlichen Latium, wobei eine Häufung im Bereich um Pitigliano, Sovana und Sorano auftritt.
Grund dafür ist auch die geologische Beschaffenheit des Gebiets: Der relativ weiche Tuffstein ließ sich recht einfach bearbeiten. Nicht zufällig schlugen die Etrusker auch gerade in diesem Gebiet in großer Zahl ganze Totenstädte in den Fels, während in anderen Bereichen des ehemaligen etruskischen Kernlandes die Gräber anders gebaut wurden.
Die Vie Cave sind bis über 20 Meter tief, wobei sie sich über die Jahrhunderte durch die Abnutzung und Nachbearbeitung noch vertieft haben. Oft sieht man noch Grabkammern weiter oben in den Fels geschlagen und kann zum Teil die Höhe des ursprünglichen Straßenverlaufs noch erahnen.
Auch welchem Zweck die Vie Cave bei Pitigliano dienten, ist noch nicht vollständig klar. Sie waren zum einen Verbindungswege zwischen den verschiedenen etruskischen Siedlungen. Zum anderen dienten sie auch Verteidigungszwecken, denn durch so schmale, enge Schluchten konnten Feinde nicht mit voller Kraft angreifen. Und zuletzt hatten sie höchstwahrscheinlich auch sakral-religiöse Funktionen. Häufig befanden sich in oder bei den Vie Cave auch Nekropolen und diese wiederum waren nicht nur Begräbnisplätze, sondern dienten auch dem Totenkult.
Wahrscheinlich dienten die Vie Cave all diesen Zwecken. Sie müssen auf jeden Fall für die Etrusker – oder die früheren Erbauer – eine enorme Bedeutung gehabt haben, sonst hätte man nicht diese unglaubliche Mühe auf sich genommen, um in wirklicher Schwerstarbeit diese tiefen Schuchten von Hand ins Gestein zu schlagen.
Ihr wollt mehr über die Etrusker erfahren? Lest in meinen anderen Artikeln zum Thema:
Unsere Wanderung durch die Vie Cave bei Pitigliano
Weiter unten findet ihr eine Karte der Wanderung durch die Vie Cave bei Pitigliano.
Wir parkten das Auto bei der Wallfahrtskirche Madonna delle Grazie, an einem Aussichtspunkt gegenüber von Pitigliano, wo auch eine Katzenkolonie ist. Die Katzen sind sehr entspannt und zutraulich – passt aber auf, dass ihr keine überfahrt und dass keine unbemerkt in euer Auto klettert.
Hier steht auch eine der Wanderkarten, die wir auf unserer Wanderung durch die Vie Cave häufiger sehen werden. Da es ein Rundwanderweg ist, gab es für uns zwei Möglichkeiten: direkt durch die Via Cava Madonna delle Grazie hinüber nach Pitigliano (das ist nur etwas mehr als ein Kilometer) oder zuerst zur Via Cava Fratenuti. Wir entschließen uns für die zweite Option, weil wir uns so Pitigliano für das Ende der Wanderung aufheben.
Via Cava Fratenuti
Wir folgen also der Straße zurück, an der Wallfahrtskirche vorbei für etwa 370 m, bis wir zu einer großen Kreuzung kommen. Nach der Kreuzung zweigt rechts eine kleine Straße ab, in die wir einbiegen. Es ist eine Autostraße, aber wir begegnen nur einem Auto und sonst nur anderen Spaziergängern. Nach 1,2 Kilometern haben wir die Via Cava Fratenuti erreicht.
Die Via Cava Fratenuti gehört mit 1,4 Kilometern Länge zu den längsten Vie Cave, die wir bei unserer Wanderung bei Pitigliano durchqueren. An einigen Stellen ist sie bis zu 20m tief. Sie geht zurück auf die Etrusker und wurde dann durch die Römer verändert und etwas erweitert, so dass sie eine wichtige Verbindungsstraße zur nahen Via Clodia bildete. Etwa 90 Höhenmeter überwinden wir bei der Durchquerung der Via Cava Fratenuti.
Via Cava di San Giuseppe
Nach der Durchquerung überqueren wir einen kleinen Bach auf einigen Steinen und erreichen die Strada Provinciale 46. Dieser folgen wir – von den Autos getrennt auf einem Fußweg – ein Stück nach links und direkt in der Kurve geht es für uns auch schon wieder links ab (hier kann man auch sein Auto abstellen und in den Wanderweg einsteigen). Nach wenigen Schritten haben wir bereits die nächste Sehenswürdigkeit erreicht: Die Via Cava di San Giuseppe, einstmals Teil der wichtigen Verbindung zwischen Pitigliano und Sovana. Auf etwa halbem Weg zwischen den Orten befindet sich noch heute eine Quelle, die bereits in der Antike hier den Reisenden Erfrischung bot. Wir werden später einen Abstecher zu ihr machen, doch zuerst folgen wir dem etwa 700m langen etruskischen Hohlweg – diesmal geht es ein bisschen aufwärts. Tief eingegraben sind die Spuren all der Reisenden, die in den letzten 2000 Jahren und mehr hier entlang gegangen sind. Teilweise erkennt man auch noch Wasserkanäle, die am Rand des Hohlwegs entlang führen.
Die Via Cava di San Giuseppe hat ihren Namen von einer kleinen Nische im Tuffstein mit einem Bild des Heiligen Josef. Am 19. März, dem Tag des Heiligen Josef, spielt dieser Hohlweg eine wichtige Rolle bei der Torciata di San Giuseppe, einer Prozession, bei der mit Kapuzen verhüllte Männer brennende Reisigbündel tragen. Dabei rufen sie „Evvì, evvì, evviva San Giuseppe“. Ein Video davon könnt ihr auf Youtube sehen.
Fontana dell’Olmo
Nach der Via Cava di San Giuseppe geht unser Wanderweg rechts weiter, wir folgen allerdings der alten Straße nach Sovana, die links weitergeht und kommen nach etwa 10 Minuten zur Fontana dell’Olmo.
Diese Quelle diente seit der Antike den Reisenden als Pausenplatz. Schon damals war hier das Gesicht eines Silen angebracht. Heute hängt hier eine Kopie – das Original ist im Museum in Pitigliano. Auch heute noch ist dies ein idealer Ort für eine Pause. Mehrere Picknickbänke stehen hier im Schatten und wir nutzen die Gelegenheit für unser Mittagessen und hören den Fröschen zu, die in den Wasserbecken der Quelle quaken.
Via Cava dell’Annunziata
Danach kehren wir zurück zur Abzweigung, gehen hier jetzt links weiter und kommen nach wenigen hundert Metern auf die Via San Pietro, wiederum eine Autostraße, aber kaum befahren.
Der Via San Pietro folgen wir für 1,1 Kilometer nach rechts und kommen hier zur Via Cava dell’Annunziata.
In Serpentinen schlängelt sich die nur 300m lange Via Cava hinab und überwindet dabei 60 Höhenmeter. Den Namen erhält der etruskische Hohlweg, der als alternative Verbindung nach Sovana diente, wiederum von der christlichen Nachnutzung: Am oberen Ende des Weges befindet sich ein Heiligenschrein für SS. Annunziata (Mariä Verkündigung). Vom Bild sieht man allerdings nur noch spärliche Reste.
Eine katholische Bruderschaft aus Pitigliano war für Jahrhunderte dafür zuständig, sich um die Via Cava zu kümmern und auch religiöse Zeremonien zum Fest Mariä Verkündigung abzuhalten: Erneut eine Lichterprozession! Im Jahr 1785 wurde die Tradition aber bereits aufgegeben.
Pitigliano
Wir sind nun wieder an der SP 46 angekommen und folgen der Straße für 200m nach links – diesmal müssen wir auf der Straße gehen – dann geht rechts ein Weg ab. Wir steigen weiter abwärts ins Flusstal, überqueren den Wasserlauf, aber nicht ohne vorher einen kurzen Abstecher zur Cascata del Londini zu machen.
Wir arbeiten uns wieder aufwärts auf 295 m und sind damit in Pitigliano angekommen… das heißt: Eigentlich zu Füßen Pitiglianos. Um den Ort herum führt ein Panoramaweg, den man einmal komplett gehen kann, wenn man das möchte. Er ist 1,4 Kilometer lang und verläuft sehr eben. Wir folgen ihm am Nordrand Pitiglianos nur für etwa 300 m und biegen dann in den Ort ein.
Pitigliano ist einer der schönsten Borghi Italiens („borghi più belli d’Italia“) und liegt wahrlich spektakulär. Wer andere italienische mittelalterliche Borghi kennt, dem kommen die Gässchen recht vertraut vor. Das Spektakulärste an Pitigliano ist wahrlich seine Lage – hoch thronend auf einem Tuffsteinplateau, an drei Seiten (Norden, Westen und Süden) von Bächen umflossen – und die kann man am besten von außerhalb des Ortes bewundern. Etwa vom Aussichtspunkt bei Madonna delle Grazie, wo wir unser Auto stehen haben, aber auch von der Via San Michele, direkt östlich der Altstadt (in der Neustadt Pitiglianos gelegen).
Berühmt ist Pitigliano auch als „Piccolo Gerusalemme“, also „Klein Jerusalem“. Für Jahrhunderte lebte hier eine große jüdische Gemeinde. Heute noch kann man das ehemalige Ghetto und die Synagoge besichtigen.
Wir haben Städte etruskischen Ursprungs auf Tuffplateaus erst kürzlich auf unserer Reise zu den Nekropolen im Latium gesehen. Blera und Barbarano Romano sind Pitigliano sehr ähnlich. Auch die abgegangenen Städte von San Giuliano und Norchia hatten eine vergleichbare Lage. Nur ist Pitigliano größer und in seiner Lage noch etwas großartiger – aber auch weitaus touristischer. Als wir für eine kurze Erfrischung in den Gassen sitzen hören wir fast nur deutsch. Deutsche, österreichische und schweizer Rentner sind unterwegs und wir fühlen uns ein bisschen wir in einer deutschsprachigen Rentnerkolonie. Wir wanderten dann nach einem kurzem Bummel und einer kleinen Stärkung schnell weiter – denn in den Vie Cave bei Pitigliano trafen wir nur eine Handvoll Leute.
Via Cava Madonna delle Grazie
Wir verlassen Pitiglianos Altstadt am Ostende und gehen über den Panoramaweg, der am Fuß des Tuffplateaus entlangführt, bis zum Westende. Dort stoßen wir auf die nächsten Vie Cave: Nach rechts folgt der Weg der Via Cava di Poggio Cani, nach links beginnt ein weiteres kurzes Stück einer Via Cava (das laut Karte zur Via Cava Madonna delle Grazie gehört). Beide enden letztendlich an der SP 46, die wir überqueren müssen. Wir gehen links, denn so müssen wir nicht entlang der Straße gehen, sondern sie lediglich einmal überqueren.
Zuerst geht es noch einmal hinab ins Tal des Baches, der auf der Südseite Pitiglianos fließt, bevor wir erneut hinaufsteigen.
Wiederum windet sich der etruskische Hohlweg in atemberaubenden Serpentinen relativ steil den Berg hinauf. Auf knapp 300 Metern überwinden wir 50 Höhenmeter, bis wir wieder oben auf dem Parkplatz mit der Katzenkolonie ankommen.
Karte des Wanderwegs durch die Vie Cave bei Pitigliano [+gpx-track]
Hier kannst du den zugehörigen gpx-Track als zip-Datei herunterladen.
Distanz: 12 km
Höhenprofil:
Einstiegsmöglichkeiten in den Wanderweg: Wir selbst stiegen am Parkplatz bei der Wallfahrtskirche Madonna delle Grazie ein. Weitere Parkmöglichkeiten gibt es an der Kurve der SP 46 (am Einstieg in die Via Cava di San Giuseppe) oder direkt in Pitigliano.
Ausrüstung: Gutes Schuhwerk, Sonnenschutz (auch wenn der Großteil der Wege im Schatten liegt), Mückenmittel, Proviant und Wasser, ggf. auch Wanderstöcke.
Möglichkeiten für Proviant und Wasser nur in Pitigliano.
Varianten: Da die Vie Cave recht nah beieinander liegen, kreuzt der Wanderweg sich mitunter beinahe. Es gibt deshalb an mehreren Stellen, die Möglichkeit, die Wanderung durch die Vie Cave bei Pitigliano abzukürzen.
Schwierigkeitsgrad: Ich habe keine offizielle Klassifizierung des CAI (Club Alpino Italiano) für diese Wanderroute gefunden. Deshalb kann ich den Wanderweg nur beschreiben und ihr müsst selbst entscheiden, ob ihr ihn euch zutraut.
Die Orientierung ist relativ einfach: Zum einen ist der Weg beschildert, zum anderen kann man in einer Via Cava kaum falsch gehen: Man folgt einfach dem Hohlweg.
Die Wege überwinden keine großen Höhenunterschiede, allerdings geht es mehrfach (durchaus auch steil, aber nur kurz) auf und ab. Die Wege sind steinig, uneben und ausgetreten. Wenn es feucht ist, kann es auch sehr rutschig sein. Deshalb solltet ihr auf jeden Fall Trittsicherheit mitbringen und gute Schuhe tragen. Es ist kein Weg, den ihr in Flipflops oder ausgelatschten Turnschuhen gehen solltet.
Anreise und Hotels in Pitigliano
Die Anreise nach Pitigliano ist grundsätzlich auch öffentlich möglich – aber langwierig. Ab Grosseto fährt Bus 41 P, der aber über 4 Stunden braucht, ab Siena einmal täglich der Bus 57 P, der etwa drei Stunden unterwegs ist. Die Fahrpläne findet ihr auf der Webseite von Autolinee Toscane. Wer in der Region mehr sehen möchte als Pitigliano und sie nicht vollständig zu Fuß durchwandern möchte, wird ebenfalls auf recht langwierige Reisezeiten mit dem ÖPNV stoßen: Von Pitigliano ins nur wenige Kilometer entfernte Sovana fährt täglich nur ein Bus am frühen Nachmittag. Für Tagesausflüge um Pitigliano ist der ÖPNV also nicht zu gebrauchen.
Wir nahmen uns deshalb einen Mietwagen und reisten auf diese Art von Florenz aus an. Dabei fuhren wir die ersten 130 km auf der Autobahn A1 (Strada del Sole) und nahmen hier die Abfahrt Chiusi-Chianciano Terme. Die restlichen 70 km ging es über Landstraßen bis Pitigliano.
Wir selbst wohnten auf einem familiengeführten Bio-Agriturismo nur wenige Kilometer südlich von Pitigliano. Da wir allerdings nur so halb zufrieden damit waren, empfehle ich es hier nicht weiter. Wer sich hier für Details interessiert, möge mich direkt anschreiben, ich möchte hier öffentlich keine Negativwerbung machen, v.a. da sich sicher auch nicht jeder an den gleichen Dingen stört.
Die Südtoskana verfügt allerdings über ein sehr gut ausgebaute touristische Infrastruktur. Agriturismi, Bed & Breakfasts und Hotels sind in ausreichender Zahl vorhanden:
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Weitere Sehenswürdigkeiten in der Nähe von Pitigliano
Rund um Pitigliano – und auch in Pitigliano selbst – gibt es natürlich noch weit mehr zu entdecken. Wir waren nur fünf Tage in der Gegend und konnten deshalb nur eine Auswahl dessen sehen, was es hier zu entdecken gäbe.
Hier nur eine kurze Vorstellung der Orte, die wir auf unserer Reise in die Südtoskana noch besichtigt haben:
Cascate del Mulino: die heißen Quellen von Saturnia
Aus einem Vulkankrater sprudelt 37°C heißes Thermalwasser. 800 Liter pro Sekunde, die in einer Thermalanlage seit etruskischer und römischer Zeit genutzt werden.
Nur 1,5 Kilometer unterhalb liegen die berühmten Cascate del Mulino, wo das noch immer heiße Thermalwasser pittoresk über mehrere natürliche Becken einen Hang hinabrauscht. Der Wasserfall ist frei zugänglich und dementsprechend viel ist auch los. Ein riesiger Parkplatz lässt erahnen, wie viele Menschen hier her kommen.
Die Fotos, die ich hier teile, sind zwischen 6 und 7 Uhr früh entstanden.
Weiterlesen:
Mehr Infos zu den Thermen von Saturnia findest du bei Martina von Places of Juma.
Etruskische Gräber und Hohlwege bei Sovana
Wer nach der Wanderung durch die Vie Cave bei Pitigliano noch nicht genug von den Etruskern hat, der sollte das nur etwa 7,5 Kilometer entfernte Sovana besuchen: Der kleine Ort mit nur etwa 122 Einwohnern gehört ebenfalls zu den „borghi più belli d’Italia“ und ist – wie Pitigliano – bereits seit etruskischen Zeiten besiedelt. Historische Bedeutung erlangte Sovana dann noch einmal im Mittelalter als Geburtsort Papst Gregors VII., des Papstes, der während des Investiturstreits beim berühmten „Gang nach Canossa“ dem Kaiser die Absolution erteilte.
Mehr Infos über den Ort Sovana findest du bei Martina von Places of Juma.
Etwas außerhalb des Ortes gibt es einen Parkplatz, von wo aus man zwei verschiedene etrukische Ausgrabungsstätten besuchen kann – eine ist gratis zugänglich, die andere – mit den prächtigeren Gräbern – kostet Eintritt.
Zuerst besuchten wir die kostenlos zugängliche, die ihren Namen von der kleinen Kapelle San Sebastiano erhielt. Hier findet man neben einigen schlichter verzierten Halbwürfelgräbern (nähere Infos zu den verschiedenen etruskischen Grabformen findet ihr in meinem Artikel über etruskische Nekropolen im Latium) auch das sogenannte „Grab der Meerjungfrau“ („Tomba della Sirena„) mit einem reich verzierten Giebel.
Besonders beeindruckend ist die Via Cava San Sebastiano: Sie ist an einigen Stellen sehr eng und bis zu 25 Metern hoch. Der Boden ist so ausgetreten, dass man stellenweise wirklich nur Fuß vor Fuß setzen kann in einer „Gehrinne“. An den Wänden findet man einige Einritzungen und am Ende des Hohlweges kommt man in eine christliche Einsiedelei („Oratorio Rupestre“), wo man einige Kreuze in die Wand geritzt findet.
Gleich beim Parkplatz, wo wir unser Auto stehen haben, befindet sich der kostenpflichtige Teil der Ausgrabungen mit einigen prächtigen etruskischen Gräbern. Zum Beispiel das „Grab der geflügelten Dämonen“ („Tomba dei Demoni Alati„), die Tomba Pola, von der heute nur noch eine Säule steht, und natürich – das prächtigste und berühmteste von allen – die Tomba Ildebranda, das Hildebrandsgrab. Den Namen bekam es zu Ehren des berühmtesten Sohnes des Dorfes: Bruder Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII.
Bilder können eigentlich gar nicht einfangen, wie beeindruckend dieses Grab wirkt. Von den 12 Säulen des Tempelgrabes steht heute nur noch eine, aber mit etwas Fantasie kann man sich vorstellen, wie prächtig es einmal ausgesehen haben muss: Seitlich führen zwei Treppen hinauf auf ein Podium, wo das T-förmige Grab liegt. Unterirdisch liegt eine Grabkammer, die durch einen langen Gang zugänglich ist.
Das Grab war früher zudem farblich bemalt und muss damit aus dem Tal, das es überblickt, einen prächtigen Anblick geboten haben.
Zum Abschluss spazierten wir erst noch durch die Via Cava di Poggio Prisca und dann durch den Cavone – dessen Name deutet es schon an: Eine besonders große Via Cava. Hier können tatsächlich auch Autos durchfahren.
Ein Ausflug ins nördliche Latium: Vulci
Da wir schon in der Nähe waren und obendrein ein Auto gemietet hatten, wollten wir unbedingt auch die Ausgrabungssätten von Vulci besuchen, etwa 40 Kilometer von Pitigliano entfernt im nördlichen Latium.
Vulci gehörte zu den wichtigsten etruskischen Städten, wurde nach der Eroberung 280 vor Christus dann römisch umgeformt und wurde schießlich im 8. Jahrhundert nach Christus gänzlich verlassen. Heute liegt Vulci im absoluten Nirgendwo.
Die archäologischen Überreste der etruskisch-römischen Stadt alleine sind nicht sehr groß (allerdings wird hier laufend weitergegraben und Vieles von dem, was man hier sieht, wurde erst in den letzten 15 Jahren entdeckt). Man hat das Ganze deshalb – sehr gelungen, wie ich fand – eingebettet in einen archäologisch-naturalistischen Park. Mehrere Stunden lang kann man hier durch die herrliche Landschaft der Maremma wandern und dabei die archäologischen Reste bestaunen.
Eine wunderschöne Tour, die ich Wander- und Geschichtefreunden nur empfehlen kann (und wer diesen Artikel liest ist wahrscheinlich beides). Allerdings ist sie sehr sonnig, für sehr heiße Sommertage also vielleicht nicht so empfehlenswert.
Ein Hinweis gleich dazu: Das Ticket (10€ Normalpreis und 6€ reduziert) ist den ganzen Tag gültig. Wir hatten einen Tisch fürs Mittagessen in der Nähe gebucht, fuhren nach der Besichtigung der Ausgrabungen der Stadt Vulci die 10 Minuten zum Restaurant (wunderschön und sehr empfehlenswert, „Il Piccolo Borgo“ – Link zu GoogleMaps) und kehrten dann für die lange Tour zurück. Es gibt aber auch ein Restaurant auf dem Gelände und im ganzen Park viele schattige Picknicktische und Wasserspender.
Weiterlesen:
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Offenlegung:
Die Reise nach Pitigliano wurde von mir selbst organisiert und finanziert.
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Hallo Ilona
Danke für den ausführlichen Bericht. Macht Lust auf mehr. Da will ich auch mal hin.
Mike
Die ganze Ecke ist toll – Südtoskana und Nordlatium. 🙂 Kann ich empfehlen. Im Latium ists halt um einiges untouristischer.